Yes I am!
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YES I AM! 104 Min., D 2006 REGIE: Sven Halfar DARSTELLER: D-Flame, Adé Bantu, Mamadee und Xavier Naidoo |
Regie: Sven Halfar
Kinostart: 15. Februar 2007
Als Alberto Adriano in einem Dessauer Park von Jugendlichen erschlagen wird, schließen sich über zwanzig afrodeutsche Musiker zu dem Projekt "Brothers Keepers" zusammen; es folgen die Single "Adriano (Letzte Warnung)" sowie das Album "Lightkultur".
Aus diesem Anlass folgt Sven Halfar drei afrodeutschen Musikern mit der Kamera und fängt ihren ganz persönlichen Umgang mit den Fragen von Herkunft, Zugehörigkeit und Identität ein. Die Musiker könnten unterschiedlicher nicht sein: D-Flame ist der Gangster-Rapper mit Hängejeans und dröhnend-cooler Stimme, Adé ist der sensible Künstler-Musiker und Mamadee - auf die passt vermutlich am ehesten das Label "Berliner Schnauze, Wahlheimat Köln". Gemeinsamkeit bei allen Unterschieden: in mehr oder weniger ausgeprägter Form haben alle drei an ihrem Schicksal "Afrodeutsch" zu beißen. Nicht, weil sie selbst ein Problem mit ihrer Hautfarbe hätten, sondern weil sie schon als Kinder die verwirrende Erfahrung machen mussten, von ihren Mitmenschen als anders, als Ausländer, betrachtet zu werden, obwohl sie selbst in dieser Kultur heimisch sind.
Am deutlichsten wird das bei Adé, der regelmäßig zu den Verwandten nach Afrika fliegt und der, wie seine Mutter feststellt, noch nicht angekommen ist, egal ob hier oder dort. Das merkt natürlich auch Sven Halfar, und so zeigt er hauptsächlich Adés Kampf um Identität, die dieser beeindruckend ehrlich reflektiert. Etwas ratlos steht man dann allerdings da, wenn wieder Mamadees Leben gezeigt wird: da sieht man eine Frau, die ihre Kindheit nicht als besonders bedrückend erlebt hat und sich offensichtlich so wohl in ihrer Haut fühlt, dass sich die Frage stellt: wo liegt das Problem?
Bei D-Flame hingegen liegen die Dinge wieder anders: dort schien vor allem die Mutter ein Problem damit zu haben, wegen eines schwarzen Babys ausgegrenzt zu werden. D-Flames wilde Jugend mit Heim- und Knastaufenthalt erscheint so eher im Licht des Mutter-Sohn-Konflikts. Im Gegensatz zu Adé und seiner Mutter reden diese beiden aber nicht gerade bereitwillig über ihr Problem; so bleibt hier das Interessanteste ungesagt, das Thema wird schon wieder fallengelassen, bevor es unter die Haut gehen könnte. Nachgefragt wird nicht.
Geht es um das Jugendprojekt von "Brothers Keepers", scheint die Dokumentation eher unkritisch: mehr Werbung als Wahrheit. Natürlich finden es die Jugendlichen cool, wenn da Musiker in die Schule kommen. Aber was bleibt, wenn sie wieder weg sind, die Musiker in einer Klasse beteuert haben, wie wenig fremd sie sich fühlen und Xavier Naidoo ein paar Autogramme gegeben hat? Die Musiker möchten etwas bewirken mit ihrer Aktion, allerdings wird in "Yes I am!" durchaus Naivität als Erfolg verkauft.
So bleibt ein Film, der sensibel beobachtet sowie stellvertretend an den drei Musikern spannend und amüsant Brücken baut zu jenen Menschen, die unter und eigentlich mit uns leben und doch vom Großteil der Bevölkerung auf Abstand gehalten werden. Schade nur, dass sich Sven Halfar nicht entscheiden kann, ob er nun den Prozess der Identitätsfindung zeigen will oder die Geschichte eines Musikprojektes. Bei beidem zusammen allerdings bleibt das eigenartige Gefühl, einer Verkaufsveranstaltung aufgesessen zu sein.
Gesehen von Johannes Prokop