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Ein Geheimnisvon Claude Miller Kinostart: 18. Dezember
Philippe Grimbert wurde drei Jahre nach dem Zweiten
Weltkrieg in Paris geboren und arbeitet heute als klinischer Psychologe
und Psychoanalytiker. Im Jahr 2004 erschien in Frankreich sein Buch „Un
secret“ („Das Geheimnis“), welches nun von Claude Miller verfilmt
wurde. In der autobiographischen Geschichte geht es um den Autor selbst
sowie, was der Titel verrät, um ein Geheimnis, welches seine Familie
umgibt und das sich dem Jungen erst zu entdecken gibt, als er 15 Jahre alt
ist. 15 Jahre, in denen François (so heißt Philippe im Film -
verkörpert von Valentin Vigourt und Quentin Dubuis) eine Welt
kennenlernt, deren Gestalt und Grenzen in vielen wichtigen Aspekten nicht
älter sind als der Junge selbst. Es ist eine verhüllte Welt, eine Welt,
die ihre Wurzeln und ehemalige Teile ihrer selbst verschweigt, als hätten
sie nie existiert. Der schwächliche, kränkelnde François lebt mit
seinen Eltern zusammen, wobei er besonders gegen die Enttäuschung seines
sportlichen Vaters Maxime (Patrick Bruel) ankämpfen muß, welcher sich,
weniger aus Eitelkeit, sondern aus anderen Gründen heraus, die François
erst später versteht, einen anderen, ihm ähnlicheren Sohn gewünscht
hat. Ab dem Tag, als er auf dem Dachboden einen kleinen Stoffhund findet,
welchen ihm seine Mutter Tania (Cécile De France) jedoch wieder wegnimmt,
beginnt François sich einen älteren Bruder vorzustellen, der körperlich
kräftiger und sportlicher ist als er. Wieviel Wahrheit in dieser
Imagination verborgen ist, ahnt er natürlich nicht. An diesen Augenblick, in dem der Junge gezwungen ist, für sich einen neuen Platz zu finden innerhalb einer Welt, deren Bezugspunkte sich vollkommen verändert haben, kann der Film später nicht mehr anschließen. Die Geschichte wendet sich nun von François ab und kehrt zurück in die Jahre vor und während des Krieges. Sie lüftet den Schleier von jenen Ereignissen um Hannah und Robert, Simon und François` Eltern, lässt den jugendlichen François jedoch außen vor und verleiht Louises Worten eine Nähe, die zwischen den verschiedenen Erzählsträngen des Films keine Unterschiede mehr zulässt. Die Vergangenheit wird weniger als eine Erinnerung behandelt als eine Tatsache, sie folgt eher der neutralen Kamera als der Erzählung Louises oder der einstürzenden und sich neu formenden Welt François`, was sie sich kaum von der anfänglichen Geschichte im dessen Jugend abheben läßt. Sie zerstört hierdurch ein wenig den (traurigen) Zauber, welchen die plötzliche Aufdeckung des Familiengeheimnisses mit sich brachte. Zudem wirken manche Handlungen von nun an, da sie sich in einen größeren Zusammenhang einordnen müssen, jedoch nur einige unter vielen sind und somit nicht mit der Sorgfalt vorbereitet und dargestellt werden können wie François` Kindheit und deren Ende, etwas unverständlich. Hannahs grausame Rache an ihrem Mann, der sich für die Frau ihres Bruders, also für François` spätere Mutter, interessiert, wäre, was Hannah als Person betrifft, ein Film für sich gewesen, und ist ein Ereignis, welches der Erfahrung François` in nichts nachsteht, jedoch bei weitem nicht diese Wirkung entfalten kann. Ähnlich, wenn auch nicht in diesem Maße, verhält es sich mit der frühen Beziehung zwischen Tania und Maxime und deren abruptem Wandel. In dieser zweiten Hälfte widmet sich „Ein Geheimnis“ zu vielen Momenten, für deren angemessene Darstellung jedoch zu wenig Zeit vorhanden ist. Zwar vermag man sich die Handlungen der verschiedenen Charaktere zu erklären, aber die Unmittelbarkeit, die man dem Leben Philippes entgegenbrachte, fehlt nun. „Ein Geheimnis“ wird wieder zu einem gewöhnlichen Film, der durchaus sehenswert und in seinen Rollen teilweise sehr gut besetzt ist und eine schon oft besprochene Zeit des letzten Jahrhunderts auf eine ungewöhnliche Weise und mit einer ungewöhnlichen Geschichte lebendig werden lässt. Ein derartiges Verständnis jedoch, wie der Film fähig war, für den jungen François aufzubauen, wird der Zuschauer für keine andere Figur mehr empfinden. An zu vielen Stellen bemüht sich die Geschichte, zu erklären, wo es womöglich besser gewesen wäre, einige Aspekte (wie die Rache Hannahs) mehr im Vagen zu belassen. Es fehlt letzten Endes ein wenig eben dies, was der Film restlos lüften möchte: Ein Geheimnis.
Gesehen von Paul Mittelsdorf |
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