Mauer
Frankreich, Israel 2004
Buch und Regie: Simone Bitton, Kamera: Jacques Bouquin, Ton:
Jean-Claude Brisson, Schnitt: Catherine Poitevin-Meyer, Jean Michel
Perez
Eine Dokumentation über die Mauer, die Israel vor palästinensischen
Extremisten schützen soll und die Bewohner doch nur einengt. Ein Film
über die Mauer in den Köpfen der Menschen. Eine filmische Meditation
über Schranken und Mauern auf der Welt, egal zwischen welchen Schichten,
Religionen oder Völkern. Exemplarisch wird an Israel gezeigt, wie
Menschen dazu neigen, sich gegen andere abzugrenzen- und sich damit doch
nur selber die Zukunft zu verbauen.
In langen, ruhigen Einstellungen zeigt Simone Bitton, wie entlang der
Grenze zwischen Israel und Palästina diese unsagbar hässlichen
Betonwände eingelassen werden und ganze Städte und Landstriche aus dem
Blickfeld verschwinden. Als die Crew ein paar Anwohner filmen, die auf
einen günstigen Moment warten, die Trennlinie zu überschreiten, wird die
Angst und Anspannung fast körperlich spürbar- man weiß nicht, ob von
den Grenzposten nicht doch jemand zu schießen beginnt. So reizvoll diese
meditative Art des Dokumentarfilms sein kann (man denke nur an
KOYAANISQATSI mit dem Soundtrack von Philip Glass), so ist es doch schnell
ermüdend, über 90 Minuten Menschen dabei zuzusehen, wie sie sich einen
Weg durch die graue Betonwüste bahnen. Beeindruckend sind die kleinen
Interviews mit betroffenen Anwohnern, einfachen Menschen: wie heißt du?
Und immer: woher kommst du? Als Fremdkörper und vor allem unnötig
erweist sich die Szene, als die Regisseurin via Webcam mit einem
palästinensischen Psychiater Kontakt aufnimmt und pathetisch fragt, ob
sie denn als einzige verrückt sei, da sie sich als Jüdin UND Araberin
sehe. Die Antwort, man ahnt es bereits: nein, du bist die einzige Normale;
die Welt ist verrückt. Überhaupt hat sich in diese Dokumentation ein
etwas übertrieben dramatischer Zug eingeschlichen. So widmet die
Regisseurin ihr Werk "allen Menschen, die diesen Film bewohnen".
Film als grenz- und tabufreie Zone- grundsätzlich eine wünschenswerte
Utopie. Angesichts von Interviewaussagen wie "Filmt mich nicht, die
PLO bringt mich sonst um" wirkt so etwas jedoch grenzenlos naiv- oder
einfach nur überheblich.