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Schatten der ZeitFilmstart: 12. Mai 2005
Ein paar Jahre hat es gedauert, bis wir nach dem oscarprämierten Kurzfilm "Quiero Ser" (1999) Florian Gallenbergers neues Werk sehen können. "Schatten der Zeit", eine indische Liebesgeschichte in schwierigen Zeiten, ist nun sein erster Langfilm- und die Intensität an Epik, Dramatik und Tränendrüse, die er mit seiner Bildsprache erreicht, sorgt dafür, dass die Liebesfilme der letzten Jahre in der Erinnerung des Betrachters zu einem einzigen Klischeebrei abschmelzen und in den zerebralen Papierkorb verschoben werden können. Zu Beginn steht ein alter Mann in einer leerstehenden Fabrikhalle,
streicht wortlos über verstaubte Gegenstände, beginnt sich zu erinnern
und man ahnt schon: um Liebe wird es gehen, aber um Glück? Als junger Mann kann Ravi endlich die Fabrik verlassen und heuert bei einem erfolglosen Teppichhändler und dessen Tochter Deepa an. Immer bei Vollmond sucht er den Tempel auf, doch ein Missverständnis sorgt dafür, dass Masha denkt, Ravi sei mit Deepa verheiratet. Sie spricht ihn nicht an. Da Ravi keine Spur von Masha findet, heiratet er Deepa und übernimmt den inzwischen florierenden Teppichexporthandel. Masha hat nach der Enttäuschung im Tempel dem Drängen ihres Verehrers Yani nachgegeben. Bei einem Streit um die Zolleinfuhr trifft Ravi Yani, dem er einst
einen Teppich verkauft hat, wieder. Bei einem gemeinsamen Abendessen kommt
es zum Wiedersehen mit Masha. Erst jetzt scheint ihre Liebe so etwas wie
ein glückliches Ende zu finden, sie beginnen eine Affäre. Doch aus
beruflichen Gründen zieht Yani mit Masha ins Ausland. Ravi ist unfähig,
etwas gegen Mashas Abreise zu unternehmen. Bei der Abfahrt erfährt er von
Yani, dass Masha schwanger ist. Nach Jahren steht Yani vor der Tür: er
hat Mash und das Kind verstoßen, nachdem er erfahren hat, dass das Kind
nicht von ihm ist. Gewisse Parallelen zu "Quiero Ser" sind in diesem Film offensichtlich: auch im Kurzfilm ging es um zwei Kinder auf der Schattenseite des Lebens, die in einer skrupellosen Welt um ihre Kindheit gebracht werden. Es ist beinahe schon erschreckend, wie ernst und erwachsen Ravi und Masha als Kinder wirken- umso brutaler der Gedanke, dass auch heute noch Kinderarbeiter in Billiglohnländern schuften müssen. Was Gallenbergers Erstlingsfilm so liebenswert und berührend macht,
ist, dass er wirklich konsequent seiner Geschichte folgt. Es ist einfach
wohltuend zu sehen, dass sein Drehbuch einer inneren Logik folgt und nicht
nach dem Schema eines Skriptgurus angefertigt ist. Er macht es sich und
seinen Protagonisten nie zu leicht und lässt sich nicht auf Klischees
ein- selbst die an die regennasse Scheibe gelegten Hände wirken nicht
seicht, sondern passen in den Rhythmus der Geschichte. Erzählt wird die
Liebesgeschichte (mit einem sehr traurigen, aber absolut unvermeidbaren
Schluss) in atemberaubend schönen Bildern und Einstellungen. Mit diesem Film hat Gallenberger gezeigt, das von ihm noch einiges zu
erwarten sein wird. Es bleibt nur die Hoffnung, dass es diesmal nicht
wieder fünf Jahre dauern wird- so lange können wir nicht warten. Gesehen von Johannes Prokop
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