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WinterreiseKinostart: 23. November 06
Nach "Hierankl" und einigen Dokumentarfilmen hat Hans Steinbichler nun mit "Winterreise" einen neuen Spielfilm verwirklicht. Erstmals als Eröffnungsfilm des Filmfest München 2006 gezeigt,
reagierten die Kritiker gespalten. Dabei polarisierte nicht nur die
Instrumentalisierung der Landschaft als Spiegel der Seele, sondern auch
der schauspielerische Kraftakt Josef Bierbichlers- was die einen schlicht
grandios fanden, stieß den anderen als unangebrachter Egotrip auf. Bierbichler spielt den Wasserburger Kleinunternehmer Brenninger, dessen Unternehmen kurz vor dem Bankrott steht. Brenninger lässt sich auf ein dubioses Geschäft mit einem afrikanischen "Konsul" ein. Dadurch sind auch noch 50000 Euro weg, die eigentlich für die Augenoperation seiner Frau (Hanna Schygulla) gedacht waren. Brenninger macht sich mit der jungen Dolmetscherin Laila (Sibel Kekilli) kurzentschlossen auf den Weg nach Afrika, um sein Geld zurückzuholen. Es wird Brenningers "Winterreise". Steinbichler lässt einem zu Beginn nicht viel Zeit zur Erholung: kurze Einstellungen mit häufigen Schärfewechseln vollziehen nach, wie es Brenninger umtreibt, und verhindern, dass sich der Zuschauer an Details "festsehen" kann. Erst mit der Ankunft in Afrika kommt Ruhe in den Film, die allerdings (und dafür muss Afrika ja meistens herhalten) mythologisch verklärt wirkt. Selbst die Bilder aus den Elendsvierteln fügen sich da ein wie ein Werbespot eines gemeinnützigen Hunger-hilfs-verein. Ganz klar: der Film polarisiert. Kein Wunder also, dass manche Kritiken mit erstaunlich unkritischer Häme über "Winterreise" herzogen. Mit seinen Brüchen und vielfältigen Bedeutungsebenen ist "Winterreise" vor allem aber eins: ein emotional berührender Film, der auch über den Kinobesuch hinaus lange Zeit nachhallt. Und das können nicht viele Filme von sich behaupten. Gesehen von Johannes Prokop |
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