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Ballon wird fotografiert

 

So mancher von uns kennt sie noch, diese als Familienzusammenhalt getarnten Selbstbestätigungsabende der Väter, welche das Investment in die Spiegelreflexausrüstung, die Schlepperei auf höchste Berggipfel oder in heißeste Wüstenebenen, das Schneiden der Filmstreifen und Einrahmen wenigstens ab und an durch ungeteilte Aufmerksamkeit belohnt wissen wollten. Da wurden dann Rollleinwand und Diaprojektor in Stellung gebracht, Fenster verhängt und riesige Stapel mit Diamagazinen, die Munition quasi, auf dem Projektionstisch gestapelt. Ja es stimmt, es gab auch Ausnahmen, jene kurzweiligen, durch radikale Selektion und dramaturgische Lenkung kurzweiligen Abende, doch zu 90 % hatten Diaabende eher den Charakter asiatischer Folterkammern.

Die allgegenwärtige Verfügbarkeit von tageslichtfähigen Bildschirmen ließ die verdunkelte Diashow nahezu aussterben, vor allem sind Betrachter nicht mehr zwingend dem Umschaltrhythmus des Vorführenden ausgeliefert, ja sie können sogar per Thumbnail oft selbst eine Auswahl treffen, was sie anschauen möchten. Irgendwie fühlt sich das nach Befreiung an, wären da nicht schon längst würdige Nachfolger der Diashow nachgerückt.

Es sind nicht mehr die schweren Kameraausrüstungen, sondern kleine, leichte Kameras, die auf Brust, Fahrradlenker oder Helm gespannt, in der Hand, an Selfie-Sticks oder sonstwo platziert, dank großer Speicherkarten neben manchmal Interessantem auch gerne stundenlang gefilmte Inhaltsleere aufzeichnen. Was für ein Triumpf über das Dia-Magazin, man drückt nur noch auf Record und schon kann man ohne lästige Auswahlarbeit, ohne Einrahmen oder Sortieren, bedeutende Ereignisse des eigenen Lebens festhalten.

Wie etwa die letzte Mountainbike-Tour (Mountain-Biking Videos), den letzten Skateboard-Nachmittag (Skateboard Selfies) das morgendliche Zähneputzen (Morning routine Videos), den Einkaufsbummel (Shopping-Selfies), die abendliche Rückkehr nach Hause (Evening Routine Videos) seinen Mitmenschen aufs Auge drücken. Der überwältigende Anteil der unzähligen Uploads bei den einschlägigen Plattformen fristet wegen des völligen Fehlens an Inhalt, Fantasie und Aufbau verständlicherweise eher ein Schattendasein.

Viele Videos werden definitiv nur von ihren Machern hin und wieder angeklickt. Gestaltung wäre hier sicher die adäquate Lösung, doch die muss man erstmal lernen und sie macht Arbeit. Wird man von Selfie-Begeisterten dazu angehalten, sich mit ihnen gemeinsam diese medialen Erzeugnisse anzuschauen, wird es schwer, sich zu entziehen. (Kennwort: Diaabend) Der verschickte Link zum Online-Video macht es da schon leichter, sich mit sanfter Ignoranz zu schützen.

Bis die Nachfrage kommt: Und wie fandest Du es? Dann hilft alles nichts, man muss ran und schauen. Und wer beim Anschauen dann einschläft, sollte keinesfalls vergessen, auf Record zu drücken, um den großen Moment festzuhalten (Sleeping-Selfies).

 

Weitere Filmgedanken:

 

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