Presse Figur 4000

 

Am Tag der Pressefreiheit zeigt sich, dass einige Länder, darunter auch Deutschland, spürbar unfreier geworden sind. Das ist zwar Klagen auf hohem Niveau, aber dennoch erstaunlich. Einmal im Jahr veröffentlicht die NGO (Nichtregierungs-Organisation) "Reporter ohne Grenzen" ihre "Rangliste der Pressefreiheit". Dabei wird eine Rangliste nach Ländern veröffentlicht, welche den Grad an journalistischer Freiheit dokumentiert, die in dem jeweiligen Land herrscht. Seit 1994 wird am internationalen Tag der Pressefreiheit auf die Bedeutung freier Berichterstattung hingewiesen. Die Rangliste ist dabei ein wichtiger Indikator dafür, wie es um die Pressefreiheit steht.

Sie erfasst die Vorfälle, die Rahmenbedingungen, die Verhaftungen, die Folter, die Anschläge auf Journalist*Innen weltweit und ist damit ein wichtiger Spiegel der internationalen Medienfreiheit. Im Vorfeld der Entstehung des Tages der Pressefreiheit stand 1991 eine Konferenz in Windhuk, bei der festgehalten wurde, dass " freie, pluralistische und unabhängige Medien ein äußerst wichtiges Merkmal demokratischer Gesellschaften sind."

 

Diktaturen ganz unten

Natürlich spiegeln sich die politischen Entwicklungen im Ranking wieder, so ist es kein Wunder, dass bestimmte Länder ganz unten auf der Rangliste der Pressefreiheit landen, also faktisch gar keine mehr haben. Wenn in China werden Medienvertreter*Innen, die über die Existenz von Corona berichten, eingesperrt werden, in Afghanistan Frauen faktisch von den Medien ausgeschlossen sind, in Myanmar Journalist*Innen Feinde des Staates sind und in Russland alle Medien verboten werden, die unabhängig berichten, ist es um die Freiheit der Berichterstattung schlecht bestellt. Allein in China sind über 120 Journalisten und Blogger wegen ihrer Berichtwerstattung im Gefängnis.In Russland werden vom Kreml unerwünschte mediale Äußerungen mit 15 Jahren Gefängnis geahndet. In der Türkei sind so gut wie alle kritischen Journalist*Innen inhaftiert. Und in Afghanistan sind nur noch religiöse Medien erlaubt, in denen ausschließlich Männer arbeiten dürfen.

Überall in der Welt wurden Journalist*Innen während der Ausübung ihres Berufes ermordet. In Mexiko, in Syrien, in der Ukraine. Doch auch neben diesen Extremen, welche vornehmlich in Diktaturen anzutreffen sind, beleuchtet die Liste auch bedenkliche Entwicklungen in Demokratien. So ist etwas Deutschland gleich um mehrere Plätze nach unten gerutscht. Auf Platz 16 ist Deutschland damit hinter Ländern wie Litauen, Jamaika und den Seychellen gelandet. Ein Teilgrund liegt in der Zusammenlegung von Zeitungen und Medien und der damit verbundenen Reduzierung von Meinungsvielfalt. Doch der Hauptfaktor liegt woanders.

 

Bürger gegen Journalisten

Hauptgrund dafür ist im Gegensatz zu Diktaturen aber nicht staatliche Einflussnahme, sondern das glatte Gegenteil. Immer häufiger werden Journalist*Innen bedroht und angegriffen von selbsternannten Wahrheitsverbreitern (wir scheuen den Begriff "Querdenker," weil der von Edward de Bono 1967 in Zusammenhang mit Kreativtechniken entwickelt wurde, von denen die Protestler aller Richtungen meilenweit entfernt sind). Journalisten, die nicht bereit sind, populistisches Gedankengut zu publizieren, werden vermehrt beschimpft, bespuckt und bedroht. Verschwörungstheorien, selbsternannte Fachleute jenseits wissenschaftlicher Erkenntnis liefern die Matritzen für hundertfache Angriffe auf Journalist*Innen. Besonders schwierig an dieser Situation ist, dass gewaltbereite Rechte damit auch zahlreiche nicht zuletzt durch eine unklare Corona-Politik verunsicherte Menschen instrumentalisieren.

Reporter ohne Grenzen bemängelt konkret: "Medienschaffende wurden bespuckt, getreten, bewusstlos geschlagen. Betroffene klagten häufig über mangelnde Unterstützung durch die Polizei. Zudem wurden zwölf Angriffe der Polizei auf die Presse dokumentiert. "

Der Freiheitsbegriff hat immer auch ganz elementar mit der Freiheit der Presse zu tun. So mancher, der vor noch gar nicht langer Zeit, vermeintlich für seine Freiheit gekämpft hat, wird sich angesichts des Krieges in der Ukraine vielleicht die Frage stellen, wo denn wirklich Freiheit in Gefahr ist, in der Fußgängerzone der eigenen Heimatstadt oder den Trümmerfeldern zerbombter Ukrainischer Städte.

Um die Pressefreiheit ist es 2022,- das belegt die Liste deutlich, nicht allzu gut bestellt. Und das eben nicht nur in Diktaturen, sondern auch in Demokratien.