Last Night anya thomasin 3000 

Regie: Edgar Wright

Produktionsjahr: 2021

Dauer: 1h 57m

Verleih: Universal Pictures Germany

 

„Last Night in Soho“ von Edgar Wright handelt von einem Mädchen namens „Ellie“ (Thomasin McKenzie), welches allein mit ihrer Großmutter (Rita Tushingham) in einem Dorf in Großbritannien aufgewachsen ist.

Ellie hat ihren Vater nie kennengelernt und ihre Mutter (Aimee Cassettari) starb als sie erst sieben Jahre alt war. Über den Tod hinweg kann Ellie ihre Mutter sehen, da sie ihr manchmal in Visionen erscheint. Aufgewachsen bei ihrer Großmutter liebt sie die Ästhetik und Atmosphäre der 1960ern Jahre in London. Sie hört gerne alte Musik zu und ihre selbst entworfene Kleidung hat auch einen alten Stil. Ellie’s Traum ist es Modedesignerin zu werden und glückicherweise wird sie von einer tollen Modeschule in London aufgenommen. Ihr Umzug nach London kommt mit Enttäuschungen einher, das Großstadtleben macht ihr zu schaffen. Selbst Zuhause findet sie keine Ruhe, ihre Mitbewohnerin (Synnove Karlsen) mobbt sie. Jedoch findet sie einen Ausweg, weil sie jede Nacht träumt, dass sie ein Mädchen namens „Sandy“ (Anya Taylor-Joy) ist und in den Sechzigern Jahren in London lebt. Sandy ist eine selbstbewusste Sängerin und möchte eine Karriere haben, aber sie wird langsam auch enttäuscht, weil ihre Karriereträume von ausbeuterischen Männern, wie „Jack“ (Matt Smith), und gesellschaftlichen Umständen ruiniert werden. Was am Anfang für Ellie ein wunderbarer Traum ist, wird bald ein Albtraum, von dem sie keinen einfachen Ausweg finden wird, denn die Realität und ihre Träume werden sich vermischen.

Last Night in Soho hat einen starken Anfang. Die erste Hälfte des Films ist wirklich toll, und darüber kann man nichts anderes sagen. Die Schauspielerei der Protagonistin schafft es, viel Empathie von den Zuschauern zu erzeugen, da ihre sympathische und nette Persönlichkeit als wahrhaftig wahrgenommen werden kann. Die Ausstattung von den Sechzigern Jahren Träumen in London unterstützt weiterhin das Eintauchen in den Film, und die geschaffene Atmosphäre ist buchstäblich träumerisch. Darüber hinaus provozieren die ersten gruseligen Szenen ein heute seltenes Gefühl, das nur als unheimlich und unheilvoll beschrieben werden kann. Ich war total gespannt und glücklich zu sehen, dass endlich ein neuer Horrorfilm nicht von billigen „Jump Scares“ geprägt war. Das einzige Problem mit der ersten Hälfte des Films sind die verschiedenen Produktplatzierungen (Beats, Coca-Cola und Jägermeister), die sich leider wie kleine Werbespots anfühlen, und das Eintauchen in den Film bei diesen Stellen schwerer macht. Trotz dieser Tatsache schafft es der Film, die Aufmerksamkeit der Zuschauer sofort zu erringen, und man bereitet sich darauf vor, an einer einzigartigen und spannenden Geschichte teilzunehmen.

Aber leider genauso wie die Träume von Ellie schlechter werden, beginnt auch der Film seinen starken Weg nach und nach zu verlassen. Diese aufregende und unheilvolle Stimmung schwindet, als Ellie beginnt, von zombieartigen Geistern verfolgt zu werden. Anstatt weiter die Anfangstimmung zu vertiefen, die mit sexueller Ausbeutung und dem Zerstören von Träumen und Leben zu tun hat, schaut man plötzlich einen komplett anderen Film. Und es macht es nicht einfacher, dass die Spezialeffekte an manchen Stellen nicht so toll aussehen denn das reißt den Zuschauer aus der Erzählung heraus. Außerdem gibt es viele Wendepunkte, die teilweise eine Stärke des Films sind, aber gleichzeitig führen sie zu Handlungslücken und Verwirrungen, die sogar von der Botschaft des Films ablenken. Es gibt einfach viele Dinge, die unlogisch sind und die Struktur der Geschichte schwächen und den Zuschauer verwirren. Am Ende des Films weiß man nicht mehr, was eigentlich passiert ist, und was nur eine andere Vision von Ellie war, weil der Film gleichzeitig mit paranormalen und psychologischen Elementen spielt. Neben alldem könnte man auch die Botschaft des Films kritisieren, da es irgendwie keine eindeutige Stellungnahme zu den Ergebnissen der Geschichte anbietet, und auch viele Fragen unbeantwortet lässt.

 

Last night anya jack 4000


Letztendlich möchte ich sagen, dass ich trotzdem den Film genossen habe, aber war zugleich sehr enttäuscht, dass die Qualität des Films im Laufe der Zeit immer schlechter wurde. Es ist wirklich so, als ob die Drehbuchautoren nach einer Weile einfallslos geworden sind und einfach das Projekt beenden wollten. Wahrscheinlicher ist es aber, dass die große Konzerne, die zum Teil auch mit Produktplatzierungen den Film finanziert haben, viel zu viel die Planung des Films beeinflusst haben. Es ist üblich, dass heutzutage alle Bereiche der Kunst, von Musik bis zu Videospielen, beeinträchtigt und belastet werden. Und im Endeffekt wird nicht nur ein schlechteres Produkt hergestellt, sondern letztlich auch weniger Geld damit verdient. Wenn die tatsächliche Vision der Künstler ohne Einschränkungen und Vorgaben erlaubt wäre, würden nur alle Seiten davon profitieren, sowohl die Hersteller des Films als auch die Zuschauer.

 

Gesehen von Tancredi Banone