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Darstellung der Welt...

Bei der Auflösung von Szenen in Abfolgen von Einstellungen gibt es ganz klare Festlegungen der Einstellungsgrößen. Interessanterweise orientieren sich fast alle Einstellungsgrößen am Menschen, bzw. daran, was vom Menschen im jeweiligen Bildausschnitt alles zu sehen ist.

 

     

Extrem Groß

(Katharina Thalbach in "Liebe, Leben, Tod")

 

Großaufnahme 

(Jacques Breuer in "Liebe, Leben, Tod")

     

Nahaufnahme   

(Jacques Breuer in "Liebe, Leben, Tod")

 

Halbnahe  

(Jan Kurbjuweit in "Franta")

     

Amerikanische 

(Ben Hecker in "Franta")

 

Halbtotale  

(Susanna Simon und Jacques Breuer in "Liebe, Leben, Tod")

     

Totale  

(Jan Kurbjuweit in "Franta")

 

Extreme Totale /Panorama

(Emmental, Schweiz)

 

Die Klassiker...

Obwohl es in der Filmgeschichte unendlich viele Versuche gegeben hat, die Einstellungsgrößen zu variieren, landen doch so gut wie alle Filme im Wesentlichen immer wieder bei den „klassischen“ Größen.

Dies hat sicherlich mit unserer Wahrnehmung, unserem Gesichtskreis, unseren Seherfahrungen zu tun. Denn auch vor der Erfindung der Fotografie oder des Filmes wurden tausende von Jahren in der bildenden Kunst ähnliche Größen bei der Darstellung der Welt und ihrer Lebewesen verwendet.

Überhaupt ist es erstaunlich, wie viel wir von der Tableaumalerei vor allem der vergangenen 500 Jahre in Sachen Bildgestaltung lernen können.

 

Größen in Folge...

Was aber den Film in dieser Hinsicht von allen anderen Kunstformen unterscheidet, ist die direkte Verbindung verschiedenster Größen in Folge, d. h. im Fluss der erzählten Handlung.

Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Größen aufeinander und ihre Wechselwirkungen verstärken die jeder Einstellungsgröße innewohnende Bedeutung.

Für die Auflösung einer jeden Szene sollte man sehr genau wissen, welche Wertigkeit die Einstellungsgrößen haben und wie man sie möglichst optimal einsetzt, um die Stimmung, Dramaturgie und Folgerichtigkeit optimal zu treffen.

 

Wertigkeiten

Natürlich kommt es, was die Aufgabe jeder Einstellung angeht, auf deren Platzierung innerhalb der Szene und natürlich den Bildinhalt an. Dennoch gibt es ein paar grundlegende Aufgaben, die für die verschiedenen Einstellungsgrößen in den meisten Fällen zutreffen. Es sind allgemeingültige Bewertungen, die zwar nicht zwingend, jedoch naheliegend sind.

 

Extreme Totale (Long Shots)

Sie zeigt Menschen oder Landschaften aus großem Abstand. 

 

Totale (Wide Shot)

Sie führt die Örtlichkeit und / oder die Handlung ein. Wie man sich als Mensch einer Örtlichkeit nähert und sie erst einmal aus einer gewissen Distanz sieht, so zeigt auch die Totale den Ort des Geschehens aus einem gewissen Abstand. Man "etabliert" die Örtlichkeit. In den meisten Filmen geschieht dies zu Anfang eines Filmes bzw. einer Szene. Bei Ortswechseln wird ein neuer Ort den man zum ersten Mal im Film sieht, durch eine Totale eingeführt.

 

Halbtotale (Full Shot)

Sie zeigt einen Menschen von Kopf bis Fuß oder ein Objekt vollständig. Dass man den Menschen ganz zeigt, resultiert in der englischen Bezeichnung "Full shot". Sie kann eine Person einführen oder sie begleiten, erzählt aber zugleich auch mehr über die räumliche Situation. Man kann die Kleidung der Person und ihre Körperhaltung in Gänze sehen und auch ein wenig die Mimik erkennen. Man kann also Aussagen über den körperlichen Zustand einer Person treffen. Sie kann in gewisser Weise eine Fortführung der Totalen sein. Man kann Größenverhältnisse etablieren und kann ganze Abläufe abbilden. Halbtotalen oder auch noch engere Einstellungsgrößen wir die Amerikanische, werden gerne als Master-Shots einer Szene verwendet. Die Größe ist so weit, dass man alle wichtigen Abläufe / Handlungen einer Szene in ihr zeigen kann. Alle wichtigen Personen der Szene und ihr räumliches Verhältnis zueinander werden gezeigt. Wer befindet sich wo?

 

Die Amerikanische (Three Quarter Shot / Medium Full Shot)

Sie zeigt den Menschen vom Knie an aufwärts und verdankt ihren deutschen Namen der häufigen Verwendung bei Duell-Szenen in Western-Filmen. Filmheld, Halfter, Colt und die "ziehende" Hand konnten nur in dieser Einstellung vernünftig ins Bild gesetzt werden. Aber natürlich ist sie nicht nur eine "Cowboy-Einstellungsgröße".

 

Die Halbnahe (Medium Shot)

Sie zeigt den Menschen von der Hüfte an aufwärts. Sie zeigt uns mehr von der Handlung und lenkt unser Interesse auf eine Person und erlaubt auch, mehr von der Mimik zu erkennen. Vermutlich ist es die am häufigsten verwendete Einstellungsgröße in Filmen. Das liegt auch daran, dass der Abstand, den man als Zuschauer von den handelnden Personen hat, ähnlich ist, als befände man sich mit ihnen im gleichen Raum oder am gleichen Ort. Sie ist nicht zu nah und nicht zu weit, also relativ neutral und man hat noch immer eine visuelle Verbindung zur Umgebung.

 

Die Nahe (Medium Close Shot / Head & Shoulder)

Sie ist die am häufigsten für Dialoge oder in Interviews verwendete Größe. Wir stellen damit mehr Nähe zur Filmfigur her, können ihr Verhalten, ihre Aktionen und Reaktionen zeigen. Wir isolieren die Personen zugleich vom Umfeld, es ist also eine deutlich auf die Person konzentrierende Einstellungsgröße. Ablenkungen durch das Umfeld, durch Details im Bildhintergrund werden reduziert. Oft ist dies auch mit einer geringeren Schärfentiefe verbunden, welche den Hintergrund leicht unscharf werden lässt. Wir können wie mit einer Lupe die Emotionen, den Charakter einer Person zeigen.

 

Kopf (Close-Up)

Sie zeigt den Kopf oberhalb der Schultern und erlaubt eine noch größere Annäherung an die Filmfigur. Irgendwie ein Mittelding zwischen der Nahen und der Großen. Eine früher eher im Videobereich verwendete Größe, heute aber durchaus auch im Spielfilm üblich. Puristen meinen, es sei keine optimale Einstellungsgröße, weil es den Kopf der Protagonisten symbolisch abschneidet, doch zahllose Beispiele aus dem Kino belegen, dass die Größe gut funktionieren kann. Man kann noch intensiver in die Seele der Protagonisten hineinschauen, kann Stimmungswechsel, Gedanken, Angst oder Glück und entscheidende Momente visuell unterstreichen.

 

Großaufnahme (Extreme Close-Up)

Kinn und Stirn sind angeschnitten. Keine belanglose Größe, sondern eine besonders dichte, die man mit Bedacht einsetzen sollte. Sie kann innere Zustände und Emotionen besonders intensiv, vielleicht fast zu formatfüllend abbilden. Damit kann außer dem Gesicht auch ein Detail eines Gesichts gemeint sein, ein Auge, die Augenpartie, der Mund etc. Wird nur die Augenpartie gezeigt, spricht man auch manchmal von einem "Italian Shot", angelehnt an die Italien-Western bei denen sich die Duell-Gegner bedrohlich in die Augen schauten.

 

Detail

Handelt es sich um Aufnahmen von Objekten, ohne Gesicht, sprechen wir von Detail oder einem "Insert"-Shot. Damit wird häufig ein wichtiges Detail, was für die Handlung von Bedeutung ist, gezeigt. Eine Waffe, eine Handschrift, ein Zeitungsausschnitt, ein Schlüssel, ein Ehering, eine Spritze, eine Zigarette etc.

 

Die Filme, aus denen unsere Bildbeispiele stammen, "Franta" und "Liebe, Leben, Tod" gibt es übrigens im Movie-College Shop. Hier die DVD "Liebe, Leben Tod" und hier die DVD "Franta"

 

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