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Dreh Ueberschreitung 4000

 

Kostenkontrolle

Es gehört zu den Horrorszenarien von Produzent*Innen,- wenn die kalkulierten Kosten aus dem Ruder laufen. Tatsächlich haben fast alle Produzent*innen bereits diese Erfahrungen machen müssen, es kommt also gar nicht so selten vor. Natürlich versuchen die Produktionsfirmen durch klare Budgets, also die voraussichtlichen Ausgaben für alle Bereiche der Produktion, im Rahmen zu halten. Man legt Summe fest, die für die Technik, den Stab, die Schauspielergagen, die Ausstattung (Szenenbild, Requisiten, Kulissen) das Kostümbild, für die Postproduktion etc. anfallen dürfent. Diese Budgetierung ist quasi eine Leitlinie, die es einzuhalten gilt. Um diese Leitlinie einhalten zu können, ist eine sorgfältige und geschickte Planung sehr wichtig. Der Drehplan Drehplan und der Produktionsplan werden auf Effektivität hin optimiert. Je klüger man plant, desto geringer können beispielsweise Mietkosten für Equipment, Drehtage für Schauspieler*Innen und Kosten für Drehorte reduziert werden. Im Umkehrschluss muss man aber auch sagen, dass schlechte und vor allem zu kurzfristige Planung Projekte immer teurer macht. Auch bei der Wahl der Drehorte lässt sich eine Menge Geld sparen oder auch verschwenden. Deshalb sucht man natürlich bevorzugt nach preiswerten Motiven, manchmal sogar welche, die steuerliche Vorteile bieten oder sogar von Standortförderungen subventioniert werden. Drehorte, die räumlich dicht beieinander liegen, helfen die Reise- und Transportkosten niedrig zu halten.

Produzent*Innen sind deshalb daran interessiert, einen möglichst aktuellen Kostenstand zu haben. Gehälter, Verpflegung, Fahrzeuge, Gerätemieten, Ausstattungskosten, Kostümkosten, Versicherungen etc. werden möglichst zeitnah dokumentiert um unnötige Ausgaben zu vermeiden und bei Überschreitungen gegenzusteuern. Doch die Produktionsrealität verläuft dann doch meistens anders. Die meisten Departments werden eher teurer, als billiger. Hier nur ein paar Beispiele für mögliche Ursachen von Überschreitungen:

 

Drehpensum

Dabei muss man genauer hinschauen, wo die Ursachen liegen. Wenn man als Produzent*In sein Projekt falsch angeboten und falsch kalkuliert hat, wenn etwa 80 unterschiedliche, zum Teil sehr aufwändige Bilder/Motive in ein 22 Drehtage Porjekt hineingedrückt werden müssen, dann kann man das nicht nur der Regie anlasten, wenn es fast täglich zu Überstunden kommt, die das Projekt extrem verteuern.

Manchmal sind die Produzent*Innen dann recht hilflos, es gibt zwar Klauseln in den Verträgen, doch die schützen nicht, wenn die Regie versucht, das übergroße Drehpensum Drehpensum dennoch durchzubringen. Dann kann es zu seltsamen Szenen kommen, die so eigentlich nicht üblich sind an Filmsets: Da steht dann der Produzent jeden Tag um die Mittagszeit am Set und deutet mit ernstem Gesicht auf die Uhr am Handgelenk oder der Showrunner schaut zum Drehschluss am Set vorbei und packt den Regisseur auch mal am Kragen und signalisiert ihm, er müsse aufhören, das mit den Überstunden gehe einfach nicht mehr so weiter. Wie gesagt, das ist so nicht üblich und auch keine Handlungsempfehlung für andere Produzent*Innen.

 

Scheckbuch-Ausstatter

Wenn die Ausstatter so genannte "Scheckbuch-Ausstatter" sind, können selbst einfachste Beschaffungen extrem teuer werden. Zu den Qualitätsmerkmalen guter Ausstatter*Innen gehört die Fantasie und Fähigkeit, Dinge günstig zu beschaffen. Fehlt diese, dann bekommt man auch gerne selbst für einfache Jobs, wie das Einmontieren eines Schauspielergesichts in ein vorhandenes Foto, die Summe von 1200,- Euro genannt, ein Vorgang, der etwa eine halbe Stunde Arbeit für erfahrene Grafiker bedeutet. Dann werden Requisiten, die man für wenig Geld im Second-Hand Kaufhaus kaufen könnte, für ein Vielfaches bei einem Fundus ausgeliehen. Schwierig auch, dass viele Austatter*Innen sich durch aufwändige Bauten selbst verwirklichen wollen. Das neu konzipierte Kommissariat, selbst entworfen und für viel Budget umgesetzt, macht sich auf der eigenen Homepage der Ausstatter natürlich ganz hervorragend. Dass es aber ein riesgies Loch ins Produktionsbudget reißt und überhaupt nicht notwendig gewesen wäre, weil das alte Kommissariat genauso gut weiter für die Reihe getaugt hätte, wird da nicht wirklich berücksichtigt. Auch neigen manche Ausstatter*Innen dazu, ihr Team künstlich aufzublähen. Auch das hat oft mit dem Ego zu tun. Je mehr Personen im eignen Department arbeiten, desto mehr kann man delegieren, statt es selbst zu tun und umso mehr fühlt man sich durch die Produktionsfirma gewertschätzt.

 

Kostümbild-Versäumnisse

Es gibt Kostümbildner*Innen, die wählen gerne aus dem echten Kleiderschrank der Schauspieler*Innen,- dann erhalten die eine Abnutzungspauschale, andere wählen auch durchaus Second-Hand Kleidung aus und wieder andere müssen alles neu kaufen, um es danach aufwändig auf "Getragen" zu trimmen. Also die neuen Kleidungsstücke mehrfach zu waschen und mit Patina zu versehen. Auch hier wird machmal das Kostümbild-Budget zum Gradmesser der Wertschätzung.

Ganz schwierig wird es, wenn Kostümbildner*Innen zudem ihre Hausaufgaben nicht machen und den Darsteller*Innen für die zwingend werbefreie Fernseh-Reihe Sweatshirts mit allgemein bekannten Markenlogos zu tragen geben. Wenn dann in der redaktionellen Abnahme der Reihe plötzlich auffällt, dass da ja versteckte Werbung in einer Handvoll Szenen zu sehen ist, muss die Produktionsfirma auf eigene Kosten in fünf Szenen dieses Logo herausretuschieren lassen. Das sind VFX Jobs, die können gerne mal 6-8000 Euro kosten.

 

So kann ich nicht arbeiten...

Eigentlich kommt es in fast allen Departments irgendwann mal vor, dass Dinge eingefordert werden, die viel Geld kosten und überhaupt nicht zwingend sind. Da müssen es dann die teuren anamorphotischen Objektive sein, ohne die man die Story sonst nicht erzählen kann, die neuesten steuerbaren Scheinwerfer, ohne die man nicht leuchten kann oder die teuersten Mikrofone, weil "sonst kann man für nichts garantieren". Auch hier ist Augenmaß gefragt,- es gibt sinnvolle Vorschläge und Forderungen, es gibt aber auch hier Dinge, die eigentlich nur für das Sebstbewusstsein der Betroffenen wichtig sind und die Kosten überproportional ansteigen lassen.

All dies sind natürlich Negativbeispiele und es gibt genau so viele Filmschaffende, die versuchen, die vorhandenen Budgets zu schonen und die es nicht nötig haben, ihr Ego durch unnötige Ausgaben aufzuwerten.

 

Unvorhergesehenes

Ganz schwierig wurde es für manche Produzent*Innen auch durch Corona. Wenn die Finanzierung,- bestehend aus verschiedenen Förderungen und Fernsehgeldern noch vor Corona geschlossen wurde und man den Film oder die Reihe oder Serie nun nach den schwierigen Corona-Jahren mit diesem kalkulierten Budget verwirklichen möchte, bekommt man plötzlich die Preissteigerungen auf allen Ebenen zu spüren. Alles ist teurer geworden, doch das Budget bleibt genau auf dem Stand von 2019. Die Differenz der Mehrkosten sind dann das, was die Produzent*Innen eigentlich an dem/den Filmen verdient hätten...

Auch wenn man denkt, das man schon alles kennt und alle möglichen Riskien gut einschätzen kann,- jede Produktion ist anders und überall lauern mögliche Risiken, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Deshalb ist der Job der Produktionsleitung, die direkten Kosten im Griff zu haben, keine einfache Aufgabe. Letztlich wissen natürlich auch die Auftraggeber und die Förderungen um diese Unsicherheiten. Deshalb gibt es in den Kalkulationen auch die Position "Überschreitungsreserve", einen Puffer von ca. 7,5% des Gesamtbudgets, der solche Überschreitungen auffangen soll. So lange sich die Kosten nur um 7,5 % erhöhen, ist das ein echter Rettungsring.

 

Mehr zu diesem und anderen Themen im Movie-College Seminar Produktion oder im Workshop Produktion

 

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