Zerhackte Einnahmequellen
Kaum ein Film, den man im Fernsehen so sehen kann, wie er eigentlich dramaturgisch und emotional gedacht war, ständig kommen einem Weichspüler und Schokoriegel dazwischen. Nur ganz wenige Regisseure wie etwa Federico Fellini bei all seinen Filmen oder Steven Spielberg bei "Schindlers Liste" konnten ein generelles Werbeverbot vertraglich durchsetzen.
Grund genug, etwas mehr über die Unterbrecher erfahren zu wollen. Vielleicht reizt es Sie ja schon lange, die Highlights des letzten Urlaubsvideos mal zwischen den nächsten James Bond zu schalten. Wobei die Bonds ohnehin schon voller mehr oder weniger versteckter Placement-Werbung stecken. Hier erfahren Sie alles über die Preise und Spielregeln der Fernsehwerbung.
Was kosten Werbeschaltungen?
Die Zeiten der Hochpreispolitik in der Werbung sind wohl vorüber, die meisten Fernsehsender haben ihre Sätze um über 20 % gesenkt. Ein 30 Sekunden-Spot etwa in der ersten Werbeunterbrechung von "Millionär" kostet 60.000 Euro. Die Kosten für die Schaltungen werden an den Einschaltquoten orientiert, fallen diese, fallen auch die Werbepreise. Interessant ist in diesem Zusammenhang nicht die absolute Einschaltquote, sondern die unter der begehrten, kaufkräftigen Altergruppe zwischen 14 und 49 Jahren. Auf diese Weise bestimmt die Werbung kräftig und gnadenlos bei der Programmgestaltung mit. Werbespots während der Formel-1 Übertragung, der attraktivsten Sendezeit kosten etwa 150.000 Euro.
Deutlich günstiger sind die Werbeschaltungen in den öffentlich-rechtlichen Sendern, die nur vor 20 Uhr Werbung senden dürfen. Die Privatsender versuchen schon lange, den auch durch Rundfunkgebühren finanzierten Sendern der ARD und dem ZDF diese Einnahmequelle zu nehmen, bislang jedoch ohne Erfolg. Man kann in den dritten Programmen im Vorabendprogramm auch schon ab 1500 Euro Spots (30 Sekunden) schalten, beim ZDF liegen die Preise je nach Platzierung zwischen 3600 und 42600 Euro. Die Bandbreite der Möglichkeiten ist also recht groß.
Die Programmstruktur und die möglichen Werbefenster der ARD kann man online betrachten. Auf den MDR Seiten kann man auch die Sekundenpreise für die Werbespots abrufen oder in einem praktischen Online-Formular gleich ausrechnen lassen: Das Erste in Mitteldeutschland.
Für die werbetreibende Wirtschaft ist es wichtig, auch bei ARD und ZDF Werbespots senden zu können, um ein Monopol der Privaten und die damit verbundenen steigenden Preise zu vermeiden. Das Vorhandensein von Alternativen vor 20:00 Uhr sorgt zudem für ein niedrigeres Preisniveau im Vorabendprogramm.
Wer kontrolliert die Inhalte?
Nicht immer treffen Form und Inhalt von Werbespots die gewünschte Zustimmung der Zuschauer. Manchmal verletzen oder belästigen sie diese sogar. Wer schützt die Zuschauer in Zweifelsfällen?
Zunächst einmal die Auftraggeber und die Agenturen. Doch immer wieder werden Spots gesendet, die bei den Zuschauern die Grenzen des Geschmacks überschreiten. Dann wird der Deutsche Werberat eingeschaltet, eine Institution, die vor 30 Jahren von Verbänden der werbenden Firmen, Agenturen und Medien gegründet wurde. Überschreiten Werbespots oder Kampagnen gewisse Grenzen (menschenverachtend, sexistisch etc.) werden die jeweiligen Firmen vom Werberat angeschrieben. Die meisten ziehen daraufhin ihre Kampagne zurück oder ändern diese. Bleibt diese Ermahnung erfolglos, werden die Firmen öffentlich gerügt, doch das bleibt stets das letzte Mittel.
Häufig ist der Grund für Beschwerden gar nicht vorauszusehen: Beim britischen Pendant des Werberates, dem unabhängigen Kontrollgremium ITC haben sich Hunderte Zuschauer etwa über den letzten Toyota- Werbespot beschwert. In diesem steigt ein fünfjähriges Mädchen in einen Toyota und sagt zu der Fahrerin: "Halt die Klappe und fahr los!" Eltern sehen darin die gefährliche Ermutigung für Kinder, zu wildfremden Leuten in Autos zu steigen. Deshalb hat die ITC ein offizielles Prüfverfahren eingeleitet. Nach britischem Recht hat die Kommission sogar das Recht, die Ausstrahlung der Werbung zu untersagen.
Begrenzte Werbezeiten
Strenge Richtlinien gelten auch für die zeitliche Ausstrahlung der Werbespots: Die Eu wirft deutschen Privatsendern immer wieder mal vor, sich nicht an die Werberichtlinien gehalten zu haben. Unter anderem sollen sie mehr als zwölf Werbeminuten pro Stunde, mehr Spielfilm-Werbeeinblendungen als erlaubt, und "missbräuchlich" Kindersendungen mit Werbespots unterbrochen haben.
Spiel- und Fernsehfilme, dürfen nur abhängig von ihrer Länge durch Werbung unterbrochen werden. Sie dürfen einmal unterbrochen werden, wenn die Sendezeit länger als 45 Minuten dauert. Ist die Sendedauer 90 Minuten, dürfen sie zweimal, bei 110 Minuten Dauer dreimal unterbrochen werden. Die Dauer der Werbung darf dabei 20% nicht überschreiten. Kindersendungen, sowie Gottesdienste im Fernsehen dürfen überhaupt nicht durch Werbung unterbrochen werden.
Vorgeschrieben ist auch die klare Trennung von Programm und Werbung, sowie die Kennzeichnung. Die neckischen Intros für die Werbeblöcke werden von den Anbietern nicht aus Vergnügen gesendet, sie müssen dies tun. Diese werden im Fachjargon "Werbetrenner" genannt und werden inzwischen von den Sendern intensiv genutzt, sich selber darzustellen. Marketing und Branding der Sender werden in diesen Pflichtpausen untergebracht.
Alternativ könnten sie auch in Spots den Schriftzug "Werbung" einblenden, doch das gefällt den Werbekunden bestimmt nicht. Selbst bei Dauerwerbesendungen für Teleshopping, die bereits durch ihr niedriges Niveau eigentlich klar als solche erkennbar sind, muss der Schriftzug "Dauerwerbesendung" eingeblendet werden.
Dass die Privatsender an den Längen der Spielfilme je nach Gusto herumschrauben, ist man inzwischen gewohnt. Manchmal lassen sie einen Film langsamer laufen, oder sie senden nach jeder Werbeunterbrechung noch mal 2-3 Minuten vom Ende des vorherigen Filmblocks. Wird die Bruttoprogrammlänge auf diese Weise über eine magische Grenze (90 oder 110 Minuten) gebracht, darf der Sender schließlich einen ganzen Werbeblock mehr einbauen. Und das lohnt sich, vielleicht nicht für die Zuschauer, aber mit Sicherheit für die Programmveranstalter.
Die vollständigen Richtlinien können Sie in der Regel auf den Webseiten der Landesmedienanstalten online abrufen.
Platzierung
Mit den Werbespots ist es ähnlich wie mit Beziehungen. Manche mögen die direkten Nachbarn nicht besonders, möchten mit diesem oder jenem nicht gesehen werden, wollen vor allen anderen an der Reihe sein, oder einfach nur im Mittelpunkt stehen. Die Agenturen oder Vermarkter, welche die Schaltungen von Werbung organisieren (z. B. IP Deutschland, oder Seven One Media), berücksichtigen nach Möglichkeit alle Wünsche ihrer Klienten.
Der erste und der letzte Spot innerhalb eines Werbeblocks bleiben bei den Zuschauern besonders gut in Erinnerung. Deshalb werden die Spots von den Fernsehsendern abwechselnd platziert um allen Werbekunden abwechselnd diese attraktivsten Plätze zur Verfügung zu stellen.
Es gibt Tandem-Spots, also welche, bei denen nach kurzer Unterbrechung noch ein zweiter „Reminder“ folgt. Ungünstig ist, wenn dazwischen vielleicht ein Konkurrenzspot läuft, das kann man vertraglich ausschließen. Ebenso kann man ausschließen, dass der eigene Spot nur einen Tandemspot unterbricht.
Auch so genannte Split-Screen Werbung wird angeboten, bei der parallel zu einer redaktionellen Programminformation auch eine Werbeinformation im Bild zu sehen ist. Also die Tütensuppe ins Bild eingeblendet wird, während der Spielstand der Quizkandidaten grafisch dargestellt wird.
Ein spannendes Thema, da das digitale, interaktive Fernsehen ermöglicht, jeder Zuschauergruppe ihren passenden Werbespot ins Wohnzimmer zu bringen. Flatscreens mit Internet Anschluss senden bereits unkontrolliert jede Menge Daten nicht nur an die Gerätehersteller sondern auch an die "üblichen Verdächtigen".