Ein Standard
Der Wunsch, Videos und Tonquellen miteinander synchron zu verkoppeln, Videos oder Ton synchron zu schneiden oder Dokumentarfilme ohne Filmklappe zu drehen, hat zur Entwicklung von Timecode geführt. Bereits in den 60 er Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich die "Society of Motion Picture and Television Engineers (SMPTE)" mit der Entwicklung dieses Standards beschäftigt. Deshalb heißt dieser Timecode auch SMPTE.
Das Thema ist sehr komplex, hier eine Einführung: Die übliche Anzeige bei Timecode- fähigen Geräten kennt Stunden:Minuten:Sekunden:Einzelbilder.
Zeitinformation
TC ist eine Zeitinformation, die auf unterschiedliche Weise auf Video oder Ton aufgezeichnet wird und jedem Bild eine eigene Nummer zuordnet und elektronisch „aufstempelt“. Dabei werden Bilder, Sekunden, Minuten, Stunden sowie Userdaten festgehalten. Um verschiedene Geräte gleichzeitig synchron laufen zu lassen, müssen deren Uhren natürlich absolut übereinstimmen. Dafür gibt es so genannte Mutteruhren, mit denen die anderen Geräte zu Beginn jedes Drehtages abgeglichen werden. Marktführer in diesem Bereich ist die Münchner Firma Ambient Recording mit ihrem Lockit System. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Modi für die Erzeugung des Timecodes: Free und Record Run. Welche davon man wählt, hängt unter anderem von der Art des Projektes ab.
Free Run
Free Run lässt den Timecode einfach durchgehend als Referenz der jeweiligen Uhrzeit laufen. Damit kann man später immer erkennen, zu welchem Zeitpunkt eine Aufnahme gemacht wurde. Deshalb ist diese Art Timecode besonder für Dokumentationen, Konzertaufnahmen, Konferenzen etc. zu empfehlen. Später kann man immer nachvollziehen, zu welchem Zeitpunkt eines Konzerts oder sonstigen Ereignisses eine bestimmte Aufnahme entstand. Selbst wenn die einzelnen Kameras und Tongeräte nicht zum gleichen Zeitpunkt ein,- und ausgeschaltet werden, kann man trotzdem immer alles synchron anlegen. Vorausgesetzt, alle beteiligten Aufnahmegeräte wurden zu Beginn des Drehtages mit einer Mutteruhr einheitlich eingestellt.
Record-Run
In diesem Modus wird immer nur dann ein Timecode generiert, wenn die Kamera oder der Tonrecorder läuft. Damit ist es leicht, abzulesen, wie viel man bereits gedreht hat. Record Run ist vor allem im Spielfilmbereich verbreitet bei Aufnahmen mit einer einzigen Kamera und einem einzigen Soundrecorder. Bei komplexeren Drehs mit mehreren Kameras ist auch beim Spielfilm Free Run zu empfehlen.
Bildfrequenzen
Ganz gleich, für welchen Modus man sich entscheidet, wichtig ist, dem jeweiligen Timecodegenrator mitzuteilen, mit welcher Bildfrequenz aufgenommen wird. Danach richtet sich nämlich die letzte Stelle im Timecode. So unterscheidet man beispielsweise:
für das Kino: 24 Bilder/Sekunde,
für TV in Europa,Uruguay, Argentinien, Australien 25 Bilder/Sekunde,
für TV in den USA, Kanada, Mexiko, Kolumbien u.a. 29.97 Bilder /Sekunde
für digitales Fernsehen (ATSC) 30 Bilder/Sekunde
Drop Frame
Dieser äußerst seltsam krumme Wert von 29,97 Bildern in der Sekunde bei amerikanischen Fernsehen geht übrigens auf die Unfähigkeit der Ingenieure zurück, bei der Einführung des Farbfernsehens in den USA die Kompatibilität mit dem Schwarzweißfernsehen auf andere Weise zu lösen. Und so muss die ganze Welt, obwohl das amerikanische Stromnetz 60 Herz hat und daraus eigentlich 60 Halbbilder oder 30 Vollbilder hätten werden müssen, mit dieser krummen Zahl hantieren. Das schafft jede Menge Probleme beim Timecode, denn schließlich kann dieser nur ganze Bilder zählen, aber keine 0,3 Bilder. Außerdem schert sich die reale Uhrzeit nicht um technische Unzulänglichkeiten irgendwelcher überholten Fernsehsysteme. Auf jeden Fall würde der Timecode jede Stunde um 108 Bilder abweichen, das sind 3,6 Sekunden.
Um trotzdem diesen seltsamen Wert korrekt zu berücksichtigen, müssen pro Minute zwei Bilder nicht gezählt werden und um es noch komplizierter zu machen, jede Zehnte Minute aber nicht. Dieser sogenannte Drop Frame (DF-) Timecode wird also immer dann eingesetzt, wenn man für das Fernsehen mit 29,97 Bildern pro Sekunde oder 59,94i (59,94 Interlaced) aufzeichnet.
Es gibt übrigens noch einen anderen Drop-Frame Wert, der für Verwirrung sorgen kann. Immer wenn Kinofilme, die mit 24 Bildern in der Sekunde aufgenommen werden, für das US-Fernsehen bereitgestellt bzw. bearbeitet werden, müssen diese 24 Bilder in 23,976 Bilder / Sekunde umgerechnet werden.
Bevor File-Basiert und digital aufgenommen wurde, zeichnete man den Timecode als VITC oder LTC auf. Was muss man sich darunter vorstellen?
Analoge und digitale Bandgeräte
Es gab für die Aufzeichnung des Timecodes verschiedene Verfahren. Grundsätzlich arbeiteten professionelle Videokameras größtenteils mit VITC (Vertical Interval Timecode), einem in das Videosignal integrierten Timecode. Dieser wurde bei analoger Aufzeichnung in der Austastlücke untergebracht. Häufig wurde der Timecode auch oder zusätzlich auf einer eigenen Spur aufgezeichnet. Der im Profilager am meisten verbreitete Timecode ist der SMPTE.
Neben der Zeitinformation kann man bei professionellen Systemen auch Bandnummer oder beim Film Kassettennummer mit in den Code aufnehmen. Dies kann zum Beispiel so geschehen, dass man innerhalb des 24-Stunden-Systems des Timecodes jeder Kassette eine andere Stunde als Start zuordnet. Wenn zum Beispiel der Timecode auf 01:00:00:00 gesetzt wird, weiß man, es handelt sich um das erste Band. Beim Wechsel auf die nächste Videokassette oder die nächste Filmrolle wird der Timecode Beginn auf 02:00:00:00 gesetzt, usw.
Speziell bei DV-Videocamcordern gab es viele Modelle, bei denen der Timecode nicht eingestellt werden konnte, sondern automatisch von der eingebauten Quarzuhr erzeugt wurde. Da war keine Nummerierung der Kassetten möglich. Es gab aber einen Trick: Man stellte bei jedem Kassettenwechsel die Systemuhr des Camcorders neu. Bei professionellen Harddisk-, Flash, DAT-Rekordern oder analogen Timecode Bandgeräten wird ebenfalls Timecode aufgezeichnet.
Analoge Geräte verwendeten dazu LTC (Longitudinal Timecode). Dieser wurde auf einer zusätzlichen Tonspur aufgenommen und hört sich ziemlich schrill an.Eine Stereomaschine mit Timecode hatte also drei Spuren, zwei für Audio und dazwischen in der Mitte eine LTC-Spur. Wenn Magnetfilm (Perfoband) mit TC versehen wurde, zeichnete man diesen auf der Kennspur, direkt am äußeren Rand auf. Wichtigster Nachteil gegenüber VITC war, dass LTC erst ab einer bestimmten Bandgeschwindigkeit gelesen werden konnte. Daher ließ sich der Timecode nur im Lauf und nicht Bild für Bild lesen. Bei DAT wurde der Timecode in die Informationen über Zeitposition und IDs integriert.
Es gibt übrigens die Möglichkeit in der Postproduktion mit LTC Convert aus den Videotools oder der Software Tentakel-Synchron-Studio oder auch direkt in DaVinci eine LTC-Audiospur in echte Timecode Metadaten zu wandeln.
Zeitinfos übertragen
Alle professionellen Ton,- und Film/Video-Aufnahmegeräte verfügen über einen Timecode Ein,- und Ausgang (In-Out-Port). Darüber kann man beispielsweise eine Hauptkamera, deren Timecode im Free Run Modus läuft, mit einer weiteren Kamera über Kabel (häufig BNC) verbinden und so auch die zweite und weitere Kameras mit dem gleichen Zeitsignal versorgen. Trennt man allerdings die Kabel zwischen den Kameras wieder, kann es sein, dass sie wieder auseinander laufen. Man spricht dann davon, dass sie auseinander driften. In Studios, wo die Kameras naturgemäß nicht weit voneinander entfernt sind, kann man das Problem über Gen-Lock oder Sync-Lock lösen.
Optischer Timecode
Bei Filmkameras mit Timecode gibt es zwei unterschiedliche Verfahren. Die deutsche Variante belichtet die Zeitcodes zwischen den Perforationslöchern als Binärcode (Lichtpunkte für H/L) auf. Bei vier möglichen Lichtpunkten zwischen zwei Perfolöchern lassen sich alle nötigen Zahlen darstellen. Leuchten alle vier, bedeutet das 15, leuchtet keine, bedeutet es 0. Um binären Timecode lesen zu können, ist ein Lesekopf am Schneidetisch oder am Filmabtaster (für Computer-Schnittplatz) erforderlich. Die französische Lösung belichtet den Timecode in Klarschrift auf den Film, er ist also im Schneideraum ohne Zusatzgerät lesbar.
Für Kameras, die nicht mit entsprechenden Timecode-LEDs ausgerüstet sind, gibt es Timecode-Klappen, auf denen beim Schlagen der Klappe gleichzeitig der Timecode, welcher auch auf das Tongerät aufgenommen wird, zu sehen ist. Damit befindet sich am Anfang der Einstellung ein Timecode zum Anlegen. Da alle modernen Kameras quarzgenau laufen, genügt das völlig.
Script / Negativberichte
Für Script, Tonberichte oder Aufzeichnungen des Kameraassistenten können Notizen etwa über die Klappennummer, Qualität, Anmerkungen etc. zum Timecode geschrieben werden.
03:01:07:21 _ 19-3-1 Störgeräusche von Tonangel
03:01:15:03 _ 19-3-2 Kopieren
03:01:20:11 _ 19-3-3 Bester Take!
Postproduktion
Während der Timecode bei der Aufnahme bestenfalls helfen kann, etwa im Dokumentar-Bereich ohne störendes Klappeschlagen synchron drehen zu können, ist der Timecode für die Nachbearbeitung, die Postproduktion, unter Umständen absolut zwingend. Etwa wenn man auf Video dreht und schneiden möchte. Die Schnittcomputer lesen und synchronisieren die Videogeräte anhand von Timecodes. Auch die nicht-linearen Schnittplätze digitalisieren das Material mit Timecode ein. Hat das Script beim Drehen bereits eine Protokolldatei erzeugt, kann etwa ein Avid die Takes automatisch eindigitalisieren. Die Datei enthält alle wichtigen Infos.
Fehlerquellen
Ein häufiger Fehler bei Aufnahmen in Zusammenhang mit Timecodes auf Videokassetten war, zu wenig Vorlauf zu lassen. Um nämlich später beim Videoschnitt oder Tonüberspielen mit Synchronizer arbeiten zu können, war ein längerer Vorlauf (ca. 5 bis 6 Sekunden) des Tons oder Videos vor dem Beginn der gewünschten Einstellung nötig. So lange benötigen die Systeme, um sich auf den Timecode zu synchronisieren. Wenn also eine Szene gedreht wird, den Ton oder die Videokamera frühzeitig laufen lassen, damit das Band bis die Klappe geschlagen wird, schon mindestens 6 Sekunden lang gelaufen ist. Wenn man das vergisst, kann es sein, dass man die Einstellung nicht von Anfang an verwenden kann! Derartige Fehler zu korrigieren und das Material doch noch von Anfang an verwendbar zu machen, ist aufwändig und meist auch teuer.