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Schuhfetischist Paul wird mit Schuhen beworfen

Den armen Schuhfetischisten Paul treffen hunterte von Schuhen. Jacques Breuer in "Liebe, Leben Tod" von Mathias Allary

 

Zeige mir Deine Schuhe und ich sage dir... Ambitionierte Regisseure, Regisseurinnen und Kostümbildner-innen beim Film nutzen das Schuhwerk ihrer Hauptfiguren selbstverständlich mit aller Raffinesse, um darüber Aussagen zu den Figuren zu treffen. Nahezu alle Schuhmodelle sind inzwischen irgendwo in Filmen aufgetaucht und natürlich sagen Slipper etwas anderes aus, als Stiefel. Schöne neue Schuhe sind Symbol für Veränderungen, sie bedeuten Erfolg, alte, abgetragene stehen für Misserfolg.

Wie im richtigen Leben, treffen auch im Film Schuhe erzählerische Aussagen. Darüber, wie Jemand in der Welt steht, wie er/sie sich durch diese hindurch bewegt und sich wohl fühlt. Sie drücken aus, wie geerdet man ist. Sprichwörtlich will es etwas bedeuten, wenn "einen der Schuh drückt" oder man nicht in "Jemandes Schuhe stecken möchte". Auch der Wechsel oder Veränderungen während des Films am Schuhwerk werden benutzt um die Geschichte dramaturgisch stimmig zu erzählen. Wer die richtigen Schuhe trägt, steht "mit beiden Beinen fest auf der Erde".

 

Verborgene Botschaften

Rote Schuhe

Schuhe sollen Botschaften vermitteln...

 

Und natürlich sagt auch alles, was man mit Schuhen so anstellen kann, etwas über die Figuren aus. Das An,- wie das Ausziehen, die Bewegungen, das aus den Schuhen kippen, die drückenden Schuhe, das Putzen der Schuhe, die Erotik, die Farbbedeutung, die Dominanz oder auch die Schwäche, sind Ausdrucksmomente die es ohne Schuhe nicht gäbe

In verschiedenen Religionen ist das Ausziehen der Schuhe beim Eintritt in einen "heiligen" Ort Zeichen von Ehrfurcht. Im asiatischen Kulturkreis etwa ziehen sich Selbstmörder in Filmszenen vor ihrem geplanten Tod die Schuhe aus, unter anderem um sich symbolisch von dem Schmutz der Welt zu lösen und auch sichtbar zu machen, dass sie Selbstmord begangen haben.

Dabei geht es längst nicht immer nur um die stylischen High-Heels ala "Sex and the city", in denen Carrie Bradshaw von Manolo Blahniks Pumps schwärmt, sondern oft genug auch um das Gegenteil, etwa abgewetzte Stiefel, staubiges Schuhwerk oder ausgelatschte Hausschuhe. Will man bestimmte Geschichten glaubhaft erzählen, verbieten sich die neuen, glitzernden Schuhe geradezu und man sucht nach solchen, die bereits eine Geschichte mit erzählen. Allein die Übereinstimmung vom jeweiligen Schuhwerk und dem innerem Zustand der von Audrey Hepburn verkörperten Holy in "Frühstück bei Tiffany" spricht Bände.

 

Schuhfetischist Paul wird mit gestohlenem Schuh erwischt

Schuhfetischist Paul wird beim Stehlen eines Schuhs erwischt. Jacques Breuer und Claus Eberth in "Liebe, Leben Tod" von Mathias Allary

 

Schuhe sagen sehr viel über Menschen aus. Nicht erst seit es Filme gibt. Die oft gefährlich hohen Schuhe der Adligen im Barock mit denen sie sich über das gemeine Volk erheben wollten, finden heute in der Mode selbstverständlich ihre Entsprechung. Dass sich in den dunklen Zeiten der Sklaverei die Unterdrücker in Schuhen und die Sklaven barfuß bewegten, war ein Symbol für die perversen Machtverhältnisse seinerzeit. Und in den Märchen wäre es ohne die Siebenmeilenstiefel, den gestiefelten Kater oder Aschenbrödels gläserne Schuhe um Einiges ärmer.

Man denke nur an die eher spitzen und dadurch deutlich verlängerten Herrenschuhe, mit denen ihre Träger vor allem wegen der phallischen Symbolwirkung gerne Potenz und Macht zum Ausdruck bringen möchten, oder die weichen Moccasins, deren Träger Lässigkeit und Gemütlichkeit vermitteln wollen. Ihre Besitzer tragen diese Schuhe nicht zufällig, sie wollen damit ein Statement abgeben, welches im realen Leben wie im Film, Andere erkennen können.

 

Schuhe verändern das Spiel

Bayerische Haferl Schuhe

Was wollen Schuhe über ihre Träger aussagen?

 

Die Wahl der Schuhe beeinflusst natürlich auch den Gang der Schauspieler-innen. Nicht nur den mehr gestreckten Gang von Frauen auf hohen Absätzen, sondern auch den von Männern. Wenn sie etwa in Turnschuhen gehen, sind ihr Schritte weicher, gefederter, während harte Ledersohlen oder gar schwere Schuhe den Gang noch einmal in eine ganz andere Richtung bewegen. Schauspieler berichten immer wieder, wie etwa die Stiefel von Militäruniformen spürbar das Spiel beeinflusst haben.

Armin Müller Stahl etwa hat bei den Dreharbeiten zu " Music Box - Die ganze Wahrheit" bewusst zunächst Turnschuhe und dann später schwere Schuhe getragen, um in seinen Bewegungsabläufen auch die Veränderungen im Verlauf des Gerichtsverfahrens in dem eine Tochter ihren wegen Kriegsverbrechen angeklagten Vater verteidigt, zum Ausdruck zu bringen.

Oder etwa Tom Hanks, der bei der Dan Brown Verfilmung "Inferno" vom Regisseur bewusst schlechte Schuhe verordnet bekam, mit denen er sehr viel über Steine, Treppen, durch Schlamm etc. laufen musste und entsprechend beansprucht wirkte.

 

Schuhe als Hauptdarsteller

Schuhfetischist Paul mit Schokoladenschuh

Dorothea Fuchs als Pauls Mutter zeigt Schuhfetischist Paul seine einstigen Babyschuhe ( "Liebe, Leben, Tod" von Mathias Allary)

 

Manchmal rücken Schuhe sogar in den Vordergrund, sind also nicht nur Beiwerk, welches die Filmfiguren mit charakterisiert, sondern spielen selbst direkt eine wichtige Rolle in dem Film. Da fällt einem beispielsweise der Schuh von Charly Chaplin ein, den er genussvoll in dem Stummfilm "Goldrush" (1925) aus schierer Hungersnot verspeist. Unvergessen, wie er die Schnürsenkel mit der Gabel aufwickelt, als seien es Spaghetti.

Ob man an die roten Schuhe in "Wizard of Oz" (1939) mit den roten Zauberschuhen denkt oder Michael J. Fox automatisch zuschnürenden (Nike Air Mags) Schuhe in "Zurück in die Zukunft", ob an die Stiefel von Peter Fonda und Dennis Hopper in "Easy Rider", an die ständig umknickenden Pumps von Tony Curtis und Jack Lemmon in "Manche mögen´s heiß", Schuhe haben sich so manches Mal im Kino in den Vordergrund gespielt. In "Liebe, Leben Tod" (1995) etwa, wird der Schuhfetischist Paul ständig von seiner heimlichen Leidenschaft eingeholt.

 

Erotik und Selbstbestätigung

Die erotische Komponente von Schuhen darf an dieser Stellen auch nicht verschwiegen werden. Letzlich sollen sie visuell die Beine ihrer Trägerinnen verlängern. Die hohen Absätze von Pumps, aber auch auffällige Stiefel wie jene von Julia Roberts in "Pretty Woman", senden bewusst Signale aus, die nicht nur die Filmpartner, sondern auch die Zuschauer entsprechend interpretieren. Andererseits gibt es Länder in denen alte Schuhe ein Zeichen von Keuschheit und neue Schuhe eines für eine sexuelle Beziehung waren.

Ganz pragmatisch betrachten einige wenige Schauspielerinnen nicht nur im deutschsprachigen Raum, Schuhe, die ihnen ja eigentlich nur für den Dreh zur Verfügung gestellt werden, als eine Art versteckte Zusatzgage. Es versteht sich von selbst, dass diese Damen nur auf extrem edle und teure Schuhe (2-3000 € pro Paar) bestehen und diese, allein schon aus Gründen der Kontinuität auch gleich mehrfach angeschafft und ihnen von der Produktionsfirma hinterher überlassen werden.

Manchmal haben es Schuhe sogar in den Titel der Filme geschafft, wie in "Die roten Schuhe", "High Heels", "In her Shoes", "Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh" oder "Im Himmel trägt man hohe Schuhe".

Ja und manchmal haben sie es auch in unser kollektives Gedächtnis und in Museen geschafft, wie beispielsweise die roten Schuhe von Judy Garland aus "The WIzard of Oz", welche auf diversen Plattencovern wie beispielsweise dem Album "Eldorado" des Electric Light Orchestras (1974) zitiert wurden und im National Museum of American History eines der am meisten gefragten Exponate sind.

 

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