Nach zwei schwierigen Corona-Jahren will das Münchner Filmfest wieder in gewohnter Form begeistern. 2020 fiel es gänzlich aus, 2021 fand es als Mini-Open Air Festival statt, so ist es kein Wunder, dass das diesjährige Motto "Entfesselt" lautet. Das Team des Festivals hofft, dass das Publikum wieder zurück kommt. Und tatsächlich wird es 120 Premieren geben, darunter 35 Welturaufführungen, das ist doch eine Ansage.
Wie bei jedem Filmfest werden eine Reihe von handverlesenen Cannes Filmen nach München geholt, darunter auch der Eröffnungsfilm des diesjährigen Filmfests "Corsage" von Marie Kreutzer oder auch „Broker“ Hirokazu Kore-eda, "Leila`s Brothers" des Iranischen Regisseurs Saeed Roustaee, „Pacifiction“ von .Albert Serra oder „Acht Berge“ von Charlotte Vandermeersch und Felix van Groeningen.
Themenschwerpunkte sind in diesem Jahr unter anderem Olympia ’72 und Body Horror.
Nun also wieder eine echte Ausgabe, ganz so, wie wir es eigentlich gewohnt waren und es werden auch wieder die gewohnten Spielstätten wie Rio, Filmmuseum, Sendlinger, City-Kinos etc. bespielt sowie neu in diesem Jahr, auch das Amerikahaus.
Ein Kinosommer, der es in sich hat. Über diese Buttons könnt Ihr die verschiedenen Themenbereiche zum Filmfest München öffnen und schließen:
Das Programm
Am Tag der Pressekonferenz regnete es, vielleicht kein schlechtes Omen für reichlich Kinobesucher während des Filmfests. Festivalgeschäftsführerin Diana Iljine und der künstlerische Leiter, Christoph Gröner stellten gemeinsam mit den Programmern das vielversprechende Programm des Münchner Filmfests 2022 vor.
Vermutlich weil der Gasteig, wo seit Jahrzehnten das Festivalszentrum war, noch nicht wie eigentlich geplant, umgebaut wird, wurde das Festivalzentrum in diesem Jahr in das Amerikahaus verlegt, mit dem das Festival auch eine Partnerschaft verbindet. Dort finden viele „Filmmakers Live!“-Gespräche und Panels statt.
Sehr klar sichtbar wird eine deutliche Gewichtung: Im Wettbewerb stammen 60% der Filme von Regisseurinnen, und auch in der Reihe Deutsches Kino stammen 9 von 15 Filmen von Regisseurinnen.
Cinemasters (Internationaler Wettbewerb)
ACHT BERGE (LE OTTO MONTAGNE)
von Felix van Groeningen, Charlotte Vandermeersch, Italien, Belgien, Frankreich 2022 mit Luca Marinelli, Alessandro Borghi, Filippo Timi, Elena Lietti
BENEDICTION
von Terence Davies, Vereinigtes Königreich 2021 mit Tom Blyth, Jack Lowden, Kate Phillips, Peter Capaldi, Simon Russell Beale, Jeremy Irvine, Gemma Jones
BROKER
von Hirokazu Kore-eda, Südkorea 2022 mit Song Kang-ho, Gang Dong-won, Doona Bae, Lee Joo-Young, Gang Dong-won
BURNING DAYS (KURAK GÜNLER)
von Emin Alper, Türkei 2022 mit Selahatti̇n Paşali, Eki̇n Koç, Erol Babaoğlu, Erdem Şenocak, Seli̇n Yeni̇nci̇
CORSAGE
von Marie Kreutzer, Österreich, Luxemburg, Deutschland, Frankreich 2022 mit Vicky Krieps, Florian Teichtmeister, Katharina Lorenz, Jeanne Werner, Manuel Rubey
GODLAND (VANSKABTE LAND / VOLAÐA LAND)
von Hlynur Pálmason, Dänemark, Island, Frankreich, Schweden 2022 mit Elliott Crosset Hove, Ingvar Sigurðsson, Vic Carmen Sonne, Jacob Hauberg Lohmann, Ída Mekkín Hlynsdóttir
LEILA’S BROTHERS
von Saeed Roustaee, Iran 2022 mit Taraneh Alidoosti, Payman Maadi, Navid Mohammadzadeh
MEHR DENN JE (PLUS QUE JAMAIS)
von Emily Atef, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Norwegen 2022 mit Vicky Krieps, Gaspard Ulliel, Björn Floberg
PACIFICTION
von Albert Serra, Frankreich, Spanien, Deutschland, Portugal 2022 mit Benoît Magimel, Pahoa Mahagafanau, Sergi López, Matahi Pambrun, Marc Susini
PETITE SOLANGE
von Axelle Ropert, Frankreich 2021 mit Jade Springer, Léa Drucker, Philippe Katerine, Grégoire Montana-Haroche, Chloé Astor
CINEVISION-Wettbewerb
AFTERSUN
von Charlotte Wells, Vereinigtes Königreich, USA 2022 mit Paul Mescal, Frankie Corio, Celia Rowlson-Hall, Kayleigh Coleman, Sally Messham
BUTTERFLY VISION (BACHENNYA METELYKA)
von Maksym Nakonechnyi, Ukraine, Tschechien, Kroatien, Schweden 2022 mit Rita Burkovska, Liubomyr Valivots, Myroslava Vytrykhovska-Makar, Natalka Vorozhbyt
FALCON LAKE
von Charlotte le Bon, Kanada, Frankreich 2022 mit Joseph Engel, Sara Montpetit
IT IS IN US ALL
von Antonia Campbell-Hughes, Irland 2021 mit Cosmo Jarvis, Rhys Mannion, Claes Bang, Antonia Campbell-Hughes, Isaac Heslip
MEDUSA
von Anita Rocha da Silveira, Brasilien 2021 mit Mari Oliveira, Lara Tremouroux, Joana Medeiros, Felipe Frazão, Bruna G
RED POMEGRANATE (QYZYL ANAR)
von Sharipa Urazbayeva, Kasachstan 2021 mit Ainur Bermukhambetova, Bolat Momynzhanov
SPEAK NO EVIL
von Christian Tafdrup, Dänemark, Niederlande 2022 mit Morten Burian, Sidsel Siem Koch, Fedja van Huêt, Karina Smulders, Liva Forsberg, Marius Damslev
THE HUMANS
von Stephen Karam, USA 2021 mit Richard Jenkins, Jayne Houdyshell, Amy Schumer, Beanie Feldstein, Steven Yeun, June Squibb
UNDER THE FIG TREES
von Erige Sehiri, Tunesien, Frankreich, Schweiz, Deutschland, Katar 2022 mit Fide Fdhili, Feten Fdhili, Ameni Fdhili, Samar Sifi, Leila Ouhebi
WAR PONY
von Riley Keough, Gina Gammell, USA 2022 mit Jojo Bapteise Whiting, Ladainian Crazy Thunder, Jesse Schmockel, Wilma Colhoff, Iona Red Bear
Über das vollständige Programm informiert man sich am Besten auf der Homepage des Festivals. Neben den klassichen Reihen gibt es auch eine neue Sektion.
CineRebels
So nennt sich die neue Plattform für Formatsprenger, Filmabenteu(r)er und den cinephilen Filmgeschmack.
A NEW OLD PLAY (JIAO MA TANG HUI)
von Jiongjiong Qiu, Frankreich 2021 mit Sicheng Yi, Nan Guan, Zhimin Qiu, Xuchun Xue, Tao Gu. Hong Kong
COOK F**K KILL
von Mira Fornay, Tschechien 2019 mit Jaroslav Plesl, Petra Fornayová, Regina Rázlová, Jan Alexander, Jazmína Cigánková
EAR FOR EYE
von debbie tucker green, Vereinigtes Königreich 2021 mit Hayden Mclean, Sharlene Whyte, David Gyasi, Lashana Lynch, Carmen Munroe
GIULIA
von Ciro De Caro, Italien 2021 mit Rosa Palasciano, Valerio Di Benedetto, Maurizio Ciavoni
IRRLICHT (FOGO-FÁTUO)
von João Pedro Rodrigues, Portugal, Frankreich 2022 mit Mauro Costa, Andre Cabral, Joel Branco, Oceano Cruz
LA VACA QUE CANTÓ UNA CANCIÓN HACIA EL FUTURO
von Francisca Alegría, Chile, Frankreich, USA, Deutschland 2022 mit Leonor Varela, Mía Maestro, Alfredo Castro, Marcial Tagle, Enzo Ferrada
L’ ENVOL
von Pietro Marcello, Frankreich, Italien, Deutschland 2022 mit Raphaël Thiéry, Juliette Jouan, Louis Garrel, Noémie Lvovsky, Yolande Moreau
PETROV’S FLU (PETROVY V GRIPPE)
von Kirill Serebrennikov, Russland, Schweiz, Frankreich, Deutschland 2021 mit Semyon Serzin, Chulpan Khamatova, Yuri Kolokolnikov, Alexander Ilin, Vladislav Semiletkov
QUANTUM COWBOYS
von Geoff Marslett, USA 2022 mit Kiowa Gordon, Lily Gladstone, John Way, David Arquette, Frank Mosley
THE PENULTIMATE (DEN NÆSTSIDSTE)
von Jonas Kærup Hjort, Dänemark 2021 mit Joen Højerslev, Joen Bille, Malene Melsen, Anne Fletting, Anders Plougman, Niels Plougman
Ukrainische und russische Filmemacher*Innen
In der Reihe Spotlight läuft einer der wichtigsten und erschütterndsten Filme des Jahres: „Mariupolis 2“ des beim russischen Überfall auf die Ukraine getöteten Regisseurs Mantas Kvedaravičius. Nach dessen Tod schmuggelte seine Verlobte Hanna Bilobrova seine Filmaufnahmen über die Grenze. Sie setzt damit nicht nur Kvedaravičius, sondern auch den Menschen in der von russischen Truppen zerbombten und belagerten ukrainischen Großstadt ein Denkmal.
Ebenfalls ein Mahnmal gegen Krieg und Nationalismus: die zweite ukrainische Produktion „Butterfly Vision“ (CineVision, Regie: Maksym Nakonechnyi), das beklemmende Porträt einer Kriegsrückkehrerin. In Kooperation mit der HFF wird das Filmfest München zudem sechs geflüchtete ukrainische Filmstudierende akkreditieren und in das Festival integrieren.
Gleichzeitig präsentiert das Filmfest München auch wichtige aktuelle russische Filme, die sich gegen Gewalt und autoritäre Systeme positionieren. Darunter ist unter anderem der regimekritische russische Regisseur Kirill Serebrennikov mit dem jüngst in Cannes gezeigten „Tchaikovsky’s Wife“. Mit „Petrov’s Flu” feiert Serebrennikov seine Deutschlandpremiere in den neu eingeführten CineRebels.
Spotlight
5 ELEMENTE DER UNENDLICHKEIT (BALANCE OF THE FIVE ELEMENTS)
von Jan Hinrik Drevs, China, Deutschland, Neuseeland 2021
BRIAN AND CHARLES
von Jim Archer, Vereinigtes Königreich 2022 mit David Earl, Chris Hayward, Louise Brealey, Jamie Michie, Nina Sosanya
CHAMPAGNER FÜR DIE AUGEN - GIFT FÜR DEN REST
von Klaus Lemke, Deutschland 2022 mit Klaus Lemke, Sylvie Winter, Rolf Zacher, Cleo Kretschmer, Wolfgang Fierek, Puppa Armbruster
DAS LEBEN EIN TANZ (EN CORPS)
von Cédric Klapisch, Frankreich 2022 mit Marion Barbeau, Hofesh Shechter, Denis Podalydès, Muriel Robin, Pio Marmaï
DAS PFAUENPARADIES (IL PARADISO DEL PAVONE)
von Laura Bispuri, Italien 2021 mit Alba Rohrwacher, Maddalena Crippa, Dominique Sanda, Carlo Cerciello, Fabrizio Ferracane
DER PERFEKTE CHEF (EL BUEN PATRÓN)
von Fernando León de Aranoa, Spanien 2021 mit Javier Bardem, Manolo Solo, Almudena Amor, Óscar de la Fuente, Sonia Almarcha
DUAL
von Riley Stearns, USA, Finnland 2022 mit Karen Gillan, Aaron Paul, Beulah Koale, Theo James
ENNIO MORRICONE - DER MAESTRO (ENNIO)
von Giuseppe Tornatore, Italien, Belgien, Niederlande, Japan 2021 mit Clint Eastwood, Quentin Tarantino, Oliver Stone, Hans Zimmer, John Williams
FREIBAD
von Doris Dörrie, Deutschland 2022 mit Andrea Sawatzki, Maria Happel, Nilam Farooq, Lisa Wagner, Melodie Wakivuamina
HALLELUJAH: LEONARD COHEN, A JOURNEY, A SONG
von Dayna Goldfine, Dan Geller, USA 2021 mit Leonard Cohen, Bob Dylan, Regina Spektor
JAGDSAISON
von Aron Lehmann, Deutschland 2022 mit Rosalie Thomass, Almila Bagriacik, Marie Burchard
JUNIPER
von Matthew J Saville, Neuseeland 2021 mit Charlotte Rampling, Márton Csókaś, George Ferrier, Edith Poor
LES AMANDIERS
von Valeria Bruni-Tedeschi, Frankreich, Italien 2022 mit Nadia Tereszkiewicz, Sofiane Bennacer, Louis Garrel, Micha Lescot
MARIUPOLIS 2
von Mantas Kvedaravičius, Litauen, Deutschland, Frankreich 2021
MÄRZENGRUND
von Adrian Goiginger, Österreich, Deutschland 2021 mit Johannes Krisch, Jakob Mader, Verena Altenberger, Gerti Drassl, Harald Windisch
MINIONS – AUF DER SUCHE NACH DEM MINI-BOSS (MINIONS: THE RISE OF GRU)
von Kyle Balda, USA 2022 mit Oliver Rohrbeck, Thomas Gottschallk, Bastian Baker, Larissa Marolt
NOTRE-DAME IN FLAMMEN (NOTRE-DAME BRÛLE)
von Jean-Jacques Annaud, Frankreich 2021 mit Samuel Labarthe, Jean-Paul Bordes, Mikaël Chirinian, Garlan Le Martelot, Dimitri Storoge
PALOMA
von Marcelo Gomes, Brasilien, Portugal 2022 mit Kika Sena, Ridson Reis, Anita de Souza Macedo
PETITE FLEUR
von Santiago Mitrem, Frankreich, Argentinien, Spanien, Belgien 2021 mit Daniel Hendler, Vimala Pons, Melvil Poupaud, Sergi López, Françoise Lebrun
STRAFE - FERDINAND VON SCHIRACH, BLOCK I (STRAFE – FERDINAND VON SCHIRACH, BLOCK I)
"Die Schöffin" von Mia Spengler, "Ein hellblauer Tag" von David Wnend, "Das Seehaus" von Patrick Vollrath mit Elisabeth Hofmann, Kathrin Angerer (Die Schöffin), Jule Böwe, Patrick Joswig (Ein hellblauer Tag), Olli Dittrich, Neshe Demir (Das Seehaus), Deutschland 2021
STRAFE - FERDINAND VON SCHIRACH, BLOCK II (STRAFE – FERDINAND VON SCHIRACH, BLOCK II)
"Der Dorn" von Hüseyin Tabak, "Der Taucher" von Oliver Hirschbiegel, "Subotnik" von Helene Hegemann mit Hans Löw, Sahin Eryilmaz (Der Dorn), Katharina Hauter, Jan Krauter (Der Taucher), Ebru Ebow Düzgün, Josef Bierbichler (Subotnik), Deutschland 2021
TCHAIKOVSKY’S WIFE
von Kirill Serebrennikov, Schweiz, Frankreich, Russland 2021 mit Alyona Mikhailova, Odin Lund Biron, Miron Fedorov
THE PRINCESS
von Ed Perkins, Vereinigtes Königreich 2021 mit Diana Spencer
THE TAKING
von Alexandre O Philippe, USA 2021 mit Sir Christopher Frayling, Jennifer Nez Denetdale, Liza Black
WATCHER
von Chloe Okuno, USA 2022 mit Maika Monroe, Karl Glusman, Ciubuciu Bogdan Alexandru
Reihe "Trans Identitäten"
Passend zu einer aktuellen Ausstellung des Amerikahauses „TransVision“ widmet das Filmfest dem Thema eine Reihe zu Trans-Identitäten aus filmischer Perspektive. In dieser Reihe wird „Paloma“ von Marcelo Gomes seine Weltpremiere haben.
Reihe "Body Horror"
In diesem Jahr gibt es eine Kooperation des Festivals mit dem Museum Brandhorst. Anlässlich der neuen Ausstellung „Future Bodies from a Recent Past – Skulptur, Technologie, Körper seit den 1950er-Jahren“ zeigt das Festival Filme des Subgenres „Body Horror“. Alle Filme beschäftigen sich mit wandelnden Körperbildern – auch in ihren monströsen Formen. Während der britische Künstler, Kurator und Autor Charlie Fox mit seiner kompakten Filmreihe „Licking My Wounds: Body Horror Inside Out“ – u.a. mit Werken von David Cronenberg, Julia Ducournau und Claire Denis – einen intimen, gespenstischen retrospektiven Blick auf das Genre wirft, spiegeln die unterschiedlichen Reihen des Filmfests aktuelle Perspektiven zu Body Horror.
Die Hommage ist in diesem Jahr Doris Dörrie gewidmet.
Bildmaterial: Standfotos aus Filmen: „Foto: Filmfest München“
Preise
Das Münchner Filmfest hat es nicht nur geschafft, die Vergabe wichtiger Preise aufrecht zu erhalten, es hat sogar weitere Preiskategorien hinzufügen können. Das ist angesichts dieser gänzlich anderen Festival-Präsentation nicht selbstverständlich und für die FilmemacherInnen, denen aktuell so viele Arbeitsmöglichkeiten versperrt sind, eine wertvolle Hilfe.
Der Wettbewerb Neues Deutsches Kino
Hier sind künstlerisch hochwertige Spielfilme der letzten zwölf Monate zu sehen. Eine Jury, besetzt mit herausragenden Persönlichkeiten Films, vergibt die Preise. Die neuesten Kinofilme aus Deutschland. Die Nachwuchstalente in dieser Reihe konkurrieren um den Förderpreis Neues Deutsches Kino für Schauspiel, Regie, Drehbuch und Produktion.
Gewinner*Innen 2022
Sophie Linnenbaum erhielt den Preis für die beste Regie für „The Ordinaries“.
Britta Strampe und Laura Klippel erhielten ebenfalls für „The Ordinaries“ den Preis für die Beste Produzentische Leistung.
Florian Plumeyer und Katharina Woll wurden für das Beste Drehbuch für „Alle wollen geliebt werden“ ausgezeichnet.
Der Preis für die Beste Schauspielerische Leistung ging an Lena Schmidtke für „Wut auf Kuba"
Nominiert für den Förderpreis Neues Deutsches Kino 2022 REGIE waren:
Katharina Woll für „Alle wollen geliebt werden“
Felix Herrmann für „Gott ist ein Käfer“
Carolin Schmitz für „Mutter“
Peter Keller, Stefan Sarazin für „Nicht ganz koscher - Eine göttliche Komödie“
Sophie Linnenbaum für „The Ordinaries“
Oliver Grüttner für „Performer“
Timo Müller für „Der rote Berg“
Pola Beck für „Der Russe ist einer, der Birken liebt“
Christopher Roth für „Servus Papa, See You in Hell“
Marina Hufnagel für „Solastalgia“
Hanna Doose für „Wann kommst du meine Wunden küssen“
Naira Cavero Orihuel für „Wut auf Kuba“
Nominiert für den Förderpreis Neues Deutsches Kino 2022 PRODUKTION sind:
Markus Kaatsch, Nina Poschinski, Michael Grudsky für „Alle wollen geliebt werden“
Eva-Maria Hartmann, Felix Herrmann für „Gott ist ein Käfer“
Britta Strampe, Laura Klippel für „The Ordinaries“
Henning Wagner, Bianca Gleissinger, Luise Hauschild, Mariam Shatberashvili für „Performer“
Jessica Krummacher für „Der rote Berg“
Michael Kalb für „Solastalgia“
Dominik Utz, Martin Schwimmer für „Wann kommst du meine Wunden küssen“
Gregor Kuhlmann, Vincent Schaack, Adrian Nehm, Naira Cavero Orihuel für „Wut auf Kuba“
Nominiert für den Förderpreis Neues Deutsches Kino 2022 DREHBUCH sind:
Florian Plumeyer, Katharina Woll für „Alle wollen geliebt werden“
Felix Herrmann, Seren Sahin, Aylin Kockler für „Gott ist ein Käfer“
Carolin Schmitz für „Mutter“
Stefan Sarazin, Peter Keller für „Nicht ganz koscher - Eine göttliche Komödie“
Sophie Linnenbaum, Michael Fetter Nathansky für „The Ordinaries“
Oliver Grüttner für „Performer“
Timo Müller für „Der rote Berg“
Burkhardt Wunderlich für „Der Russe ist einer, der Birken liebt“
Jeanne Tremsal, Christopher Roth für „Servus Papa, See You in Hell“
Marina Hufnagel für „Solastalgia“
Hanna Doose für „Wann kommst du meine Wunden küssen“
Naira Cavero Orihuel für „Wut auf Kuba“
Nominiert für den Förderpreis Neues Deutsches Kino 2022 SCHAUSPIEL sind:
Lea Drinda für „Alle wollen geliebt werden“
Amelle Schwerk für „Gott ist ein Käfer“
Fine Sendel, Sira Faal, Noah Tinwa, Denise M’Baye für „The Ordinaries“
Tilman Vellguth, Linda Rohrer für „Performer“
Kilian Berger für „Rex Gildo - Der letzte Tanz“
Sohel Altan Gol, Slavko Popadic, Bardo Böhlefeld für „Der Russe ist einer, der Birken liebt“
Leo Altaras, Ina Paule Klink für „Servus Papa, See You in Hell“
Marie Tragousti für „Solastalgia“
Katarina Schröter, Gina Henkel für „Wann kommst du meine Wunden küssen“
Lena Schmidtke, Paula Kober für „Wut auf Kuba“
Wettbewerb CineMasters
Der Wettbewerb um den besten internationalen Film. Zehn internationale Filmwerke konkurrieren um den ARRI Award im Wert von 50 000 Euro.
Gewinnerfilm:
„Broker“ von Hirokazu Kore-eda
lobende Erwähnung: „Leila’s Brothers“ von Saeed Roustaee
CineVision
Der Wettbewerb um den besten internationalen Newcomer-Film. Zehn internationale Regietalente stehen mit ihrem ersten oder zweiten Film im Wettbewerb um den CineVision Award im Wert von 15 000 Euro. Im Wettbewerb CineVision 2022 sind 70 Prozent aller Regiearbeiten von Frauen.
Gewinnerfilm:
„Aftersun“ von Charlotte Wells
lobende Erwähnung: „War Pony“ von Riley Keough und Gina Gammell
Cine Rebels
Diese neue Reihe und zugleich Wettbewerb soll Kreativität, Crossover, Musicalelemente und vieles mehr in den Fokus stellen. Der Preis in Höhe von 10000,- € wird von Audi gestiftet. Zehn Produktionen, radikal oder experimentell, überraschend und gegen den Strich gebürstet, können den neuen CineRebels-Award gewinnen.
Gewinnerfilm:
„Cook F**k Kill“ von Mira Fornay
Der Fernsehfilm-Wettbewerb
Spannend sicher auch der Wettbewerb um den Fernsehpreis, der zusätzlich einen neuen Preis speziell für Serien erhält.
Zu sehen 15 Filme, 8 Spielfilme, 7 Serien.
CineMerit Award
In diesem Jahr wird Alba Rohrwacher ausgezeichnet, ein langjähriger Gast des Festivals. Ihr neuer Film „Das Pfauenparadies“ wird in der Sektion Spotlight zu sehen sein.
FIPRESCI-Preis
„Elfriede Jelinek - Die Sprache von der Leine lassen“ von Claudia Müller
CineKindl Award
„Comedy Queen“ von Sanna Lenken
Bayern 2- und SZ-Publikumspreis
„Wann kommst du meine Wunden küssen“ von Hanna Doose
KINDERFILMFEST-Publikumspreis
„Der Räuber Hotzenplotz“ von Michael Krummenacher
One-Future-Preis
„Nicht ganz koscher – eine göttliche Komödie“ von Stefan Sarazin und Peter Keller
Diskutieren & Lernen
Auch in diesem Jahr wird es eine Reihe von Rahmenveranstaltungen geben. Die meisten finden im Amerikahaus München statt. Manche dienen der Selbst-Präsentation von Verbänden, andere sind ein Bildungs,- oder Informationsangebot.
Dramaturgische Impulse, Montag, 27. Juni 2022, 14.00 – 15.30 Uhr Podiumsveranstaltung; 15.30 – 17.00 Uhr Uhr Get Together „20 Jahre VeDRA“, Karolinensaal + Dachterrasse / Amerikahaus
Anmeldung unter: https://eveeno.com/20jahrevedra
Anmeldung unter: bookmeetsfilm@buchhandel-bayern.de
www.vdmb.de, www.boersenverein-bayern.de/veranstaltungen-termine/book-meets-film/
Filmkritik
Filmkritik "Paloma"
PALOMA
von Marcelo Gomes, Brasilien, Portugal 2022 mit Kika Sena, Ridson Reis, Anita de Souza Macedo
Auf dem Münchner Filmfest hat der neue Film von Marcelo Gomes, "Paloma" in der Reihe "Spotlight" Weltpremiere. Die brasilianische Schauspielerin, Aktivistin und Poetin, Kika Sena, ist als Paloma in der Titelrolle mit ihrem Filmdebüt zu sehen.
Paloma erzählt in einer romantisch tragischen Geschichte über "Jemanden auf der Suche nach Selbstbestimmung". Paloma führt als Transfrau ein einfaches und glückliches Leben. Sie hat eine Tochter und einen Partner und arbeitet auf einer Plantage, auf der Papayas angebaut werden.
Sie hat einen Freundeskreis, darunter auch einige Prostituierte, die sie aus ihrem früheren Leben kennt. Ihr Leben ist stabil und geordnet, wäre da nicht ihr sehnlichster Wunsch, kirchlich getraut zu werden. Der Priester, den sie um die Trauung bittet, lehnt ihr Ansinnen ab, mit der Begründung, die Kirche würde derartige Trauungen nicht erlauben. So beschließt Paloma, selbst Analphabetin, eine ihrer Freundinnen aus einer Bar zu bitten, einen Brief an den Papst zu schreiben um eine Ehe-Erlaubnis zu erwirken.
Der Film erzählt in sensiblen, stimmigen Bildern und mit hervorragenden Darsteller*Innen von Palomas Ringen um diesen Wunsch einer öffentlichen Eheschließung mit all ihren Freund*Innen als Gäste. Zugleich ist es natürlich ein Ringen um gesellschaftliche Anerkennung. Marcelo Gomes und seiner Hauptdarstellerin Kika Sena gelingt es, diesen Weg auf sehr authentische, zugleich poetische Weise zu erzählen. Paloma wird Opfer von Gewalt, Verrat, Vorurteilen und Ungerechtigkeit, aber nichts kann den Glauben und die Entschlossenheit dieser Trans-Frau erschüttern. Für den Zuschauer ist das Transgender-Thema nachrangig, im Mittelpunkt steht ein liebender Mensch mit einem traditionellen Wunsch und eine Gesellschaft die dem entgegensteht.
"Paloma" umschifft auf kluge Weise Klischees, die Hauptdarstellerin macht nie zuviel, stets ist die Tonalität des Filmes stimmig, sind auch die Nebenfiguren hervorragend besetzt. Gomes setzt sehr auf die Kraft der Bildsprache, zeigt häufig in Aufnahmen von geringer Schärfentiefe einfach nur Pamolas Gesicht, geht sparsam mit Dialogen um. Auf der Tonebene gibt es feinsinnig gearbeitetes Sounddesign, um Palomas Innenwelt auch auf der Tonebene zu repräsentieren. Ab und zu zieht sich die akustische Wirklichkeit auch zurück und isoliert Paloma in ihrer eigenen Gefühlswelt, das sind intensive Momente. Hier und da gibt die spärlich eingesetzte Filmmusik etwa durch das Umkippen in Dissonanz eine Vorausahnung auf Geschehnisse, welche die Filmfiguren noch gar nicht ahnen.
Die Sexszenen des Films sind ohne jeden Voyerismus und mit großer Selbstverständlichkeit erzählt. Paloma postuliert das Recht für Jeden, zu träumen. Der Film erzählt zugleich auch von der brasilianischen Gesellschaft, erzählt von den Schwierigkeiten, Bedrohungen und Gefahren, denen Transfrauen nicht nur in Brasilien ausgesetzt sind. Ein starker, sehr überzeugend gemachter Film.
(Fotos: Pressefotos Memento International)
Gesehen von Prof. Mathias Allary
Wir haben mit dem Regisseur Marcelo Gomes und Kika Sena gesprochen, die Interviews findet Ihr demnächst in unserem YouTube Channel.
Filmkritik "Petite Solange"
Regie: Axelle Ropert, Frankreich 2021
Dauer: 86 Minuten, Filmfest München in der Reihe "Cine Masters"
Ein tristes Schulgebäude, Schüler strömen hinein, ein Klassenzimmer, niemand meldet sich freiwillig, aus dem Gedicht vorzulesen, da wird die 13 jährige Solange aufgefordert. Sie zögert, erhebt sich, öffnet das Buch, zögert wieder, setzt sich ohne zu lesen wieder hin. Solange,- stimmt etwas nicht? fragt die Lehrerin.
Ein Zeitsprung. Wir sehen zum ersten Mal die Eltern und das Zuhause von Solange, die Eltern haben Freunde und Familie eingeladen, weil sie seit 20 Jahren verheiratet sind. Solange liebt ihre Eltern, sie sind ihr ein starkes Vorbild. Eine klassische Coming of Age Geschichte könnte das werden, doch dann wird langsam klar, dass die Eltern sich trennen werden. Antoine, Solanges Vater, ein Gitarrenhändler interessiert sich zunehmend für einen Angestellten, Aurelia, ihre Mutter und eine Theaterschauspielerin lebt für ihre Arbeit. Sie vergräbt sich förmlich darin. Doch die Risse in der Beziehung werden immer tiefer. Sogar das gemeinsame Haus soll verkauft werden.
Für Solange stürzen bislang gefestigte Vorstellungen von den Eltern, der Welt und der Liebe in sich zusammen und sie versucht, irgendwie damit zurecht zu kommen. Ihr älterer Bruder Romain ist ihr da keine große Hilfe, er plant, zur Schule nach Madrid zu gehen.
Während sie all das zunächst nur passiv erleidet, versucht sie zunehmend auf die um sie herum geschehenden Prozesse Einfluss zu nehmen. Und sie rebelliert auch. Etwa als sie bei dem Diebstahl eines viel zu großen Büstenhalters erwischt wird und auf einen zutiefst verständnisvollen Ladenbesitzer stößt. Irgendwie sind alle überfordert mit der Situation, die Eltern, aber auch Solange und ihr Bruder.
Regisseurin Axelle Ropert fängt tragische, manchmal unfreiwillig heitere Momente ein und hat mit der Hauptdarstellerin Jade Springer eine sensible und berührende Solange besetzt und inszeniert. Von der Erzählform und visuellen Anmutung erinnert der Film an viele andere französische Kinofilme der Achtziger und Neunziger Jahre, sehr interessant ist der Musikeinsatz, der zwischen Filmmusik und der real im Bild sichtbar entstehenden Musik (Plattenspieler, Radio, Klavier) virtuos hin und herspringt.
Trennungen sind für alle Beteiligten meistens furchtbar und gerade die Kinder und Jugendlichen leiden oft im Stillen. Der Film ist feinsinnig und sehr glaubwürdig authentisch inszeniert und nimmt die Sorgen und Nöte sowohl von Solange als auch ihren Eltern ernst. Petite Solange ist sehr klassisch erzählt, aber vielleicht ist das auch genau das Richtige, um sich intensiv auf das Innenleben von "Petite Solange" zu konzentrieren.
Am Ende des Filmes, sie wird 14, ist sie notgedrungen reifer geworden. So formuliert Solange vor ihrer Familie, was sie will und ein letztes Mal nimmt die Musik es in die Hand, die Überwältigung aller fühlbar werden zu lassen.
Gesehen von Mathias Allary
A Plein Temps
Regie: Eric Gravel, Kamera: Victor Seguin
Frankreich, 2021
Dauer: 85 Minuten
Auf dem Filmfest München 2022, Reihe International Independents
Nein, es ist kein Thriller, in welchem Actionheld*Innen im Wettlauf mit der Zeit Großexplosionen und Weltuntergänge verhindern müssen, fühlt sich aber genauso an. Im Alltag einer allein erziehenden Mutter gibt es manchmal Tage, an denen sie übermenschliches leisten muss. Unter den Anfangstiteln, ruhiges Atmen es herrscht Stille, dann der Weckruf eines Handys, sieht man ganz groß Details eines Gesichtes, Augen, die aus einem Schlaf erwachen. Nachttischlampe an, ein ganz normaler Tag für Julie beginnt. Liebevoll weckt sie ihre beiden Kinder, macht ihnen Frühstück, der Fernsehton berichtet von Verkehrschaos wegen Streiks. Foodprep Box zuklappen und bei Dunkelheit raus mit ihren beiden Kindern. Sie liefert die Kinder bei einer Nachbarin ab, entschuldigt sich, dass es so früh ist. Dann ein Sprint und sie kann den Vorstadtzug gerade noch durch die sich schließenden Türen erwischen.
Von da an wird es hektisch in Julies Tag. Auch im Soundtrack (Irène Drésel), der nicht nur Julie, sondern auch die Zuschauer unter Strom setzt. Der Zug muss vorher halten, Ersatzbusse überbrücken bis zum nächsten Zuganschluss, eingezwängt zwischen Hunderte andere Pendler hetzt sie zu ihrer Arbeitsstelle, unterwegs noch ein Anruf von der Bank, es gibt Probleme mit einem Darlehen. Der Ex-Mann ist unerreichbar.
Sie arbeitet als Zimmermädchen in einem Hotel, die Hotelchefin extrem fordernd. Stress pur, Betten machen im Akkord. Sie soll die Chance bekommen, sich für einen anderen, besseren Job zu bewerben, das wäre ein Lichtblick in ihrem unfassbar stressigen Leben. Doch genau da streiken die Verkehrsbetriebe. In Frankreich ein gar nicht so seltenes Problem. Das nackte Chaos und Julie mittendrin, von allen Seiten unter Druck.
Nie eine Szene, die überflüssig oder die zu lang wäre. Im absoluten Zentrum des Films steht die Hauptdarstellerin Laure Calamy, sie ist es vor allem, die einen durch den Film hindurch trägt. Ihre Darstellung ist sehr vielschichtig, nie ist eine Situation in der sie steckt eindeutig emotional belegt. Im Tragischen liegt auch das Heitere. Manchmal wird die, mehrheitlich die Hektik unterstreichende Tonspur ruhiger, wir sehen nur Julies Gesicht und winzige Momente erzählen alles von der massiven Belastung der jungen Frau. Sie steht ständig unter Strom, schafft es, nahezu jede Misslichkeit aufzufangen, absolut beeindruckend, wieviel Energie diese Frau bewahrt, wo man eigentlich jeden Moment den Zusammenbruch erwarten würde.
85 Minuten lang hält einen der Film in einem Spannungszustand, ganz ohne Zeitzünder, Superbösewichte oder Agenten, einfach nur durch das Beobachten einer Lebensrealität. Ein starkes Sozialdrama, eine Hauptfigur, die immer weiterkämpft und nie zusammenbricht, bei der die soziale Gewalt, die Gewalt der Arbeitswelt und des schlichten Überlebens, aber immer wieder aus dem transparenten, feinsinnigen Gesicht durchschimmert. Ein emotionaler, engagierter Film voller Wahrhaftigkeit, mit einer herausragenden Hauptdarstellerin, der nur wenige Dialoge braucht, um so viel zu erzählen.
Gesehen von Mathias Allary
Foto: Filmfest München
Events des Filmfests München
Eröffnung
Bei bestem Sommerwetter kamen die Filmbranche, Politprominenz und viele Gäste in die Isar-Philharmonie. Wie das Festival es immmer wieder schafft, für die Eröffnungsabend bestes, ja tropisches Sommerwetter zu bekommen, bleibt ein Rätsel, ein wolkenloser Himmel und strahlende Sonne empfingen die Gäste. Genial einfach.
Statt wie sonst, fand die Eröffnung diesmal nicht verteilt auf mehrere Säle des Mathäser Kinopalasts statt, sondern in der recht neuen Isar-Philharmonie, direkt neben der Brudermühl-Brücke am Isarufer. Dass diese eher etwas abgelegen ist, hat dieses Jahr den Vorteil, dass viele Sicherheitsmaßnahmen, welche den G7 Gipfel betreffen, etwa gesperrte Tunnel wegen Sicherheitschecks, weit genug vom Veranstaltungsort entfernt sind. Dafür durften die Busslinien 54 und 30 jede Menge Menschen in Abendgarderobe zur Haltestelle Schäftlarnstraße / Gasteig HP8 schaukeln,- so nennt sich nämlich die neue Halle.
Seit einem Dreivierteljahr ist die Isar-Philharmonie in Betrieb, die Eröffnung des Filmfests findet hier zum ersten Mal statt und in normalen Zeiten wäre der Hauptunterschied zum bisherigen Ort, dass "alle in einen Saal, den größten der Stadt" passen, ein echter Zugewinn, ein Superlativ.
In Coronazeiten allerdings ist das Zusammenführen von Tausendfünfhundert Menschen ohne Masken in einem Saal wohl eher die perfekte Rezeptur für Superspreader Events. Das war auch den Veranstaltern klar, denn sie baten die Gäste im Vorfeld per Mail darum, Masken zu tragen. So lautete die entsprechende Aufforderung der Protokollabteilung:
"Das Coronavirus bestimmt derzeit unseren Alltag und wird es auch weiterhin. Um seine Ausbreitung einzudämmen, bedanken wir uns, wenn Sie weiterhin eine Maske tragen. Somit schützen Sie Ihre Mitmenschen und sich selbst!"
Dass die Schönen und Prominenten auf dem roten Teppich beim Foto-Call keine Maske tragen würden, war nachvollziehbar."Face-Showing" mit Maske funktioniert einfach nicht. Dass aber praktisch sämtliche Gäste (vielleicht trugen acht bis zehn Menschen von ca. 1500 eine Maske) die Veranstaltung ohne Maske besuchten, war angesichts der sich gerade hochschaukelnden Sommerwelle neuer Virusvarianten doch leicht irritierend. Nicht einmal als es dunkel wurde im Saal, sahen sich mehr Gäste dazu in der Lage, ihre Masken anzuziehen.
Doch zunächst einmal musste man in einer Riesenschlange anstehen um durch das Nadelöhr Foyer und Abholung der Tickets und Bändchen für den Empfang. Das ging schon mal entspannter, aber es fehlten natürlich auch die Erfahrungen mit der neuen Location. Drinnen dann das obligatorische Schaulaufen, roter Teppich Fotocall.
Festivalchefin Diana Iljine begrüßte die Gäste, namentlich auch viele aus Politik und Kultur und bedankte sich bei all den staatlichen und privaten Unterstützer*Innen des Festivals, dass sie nach zwei schwierigen Corona Jahren dem Festival die Treue gehalten haben. Darunter natürlich auch wichtige Sponsoren, allen voran Hauptsponsor Audi, welche enorm wichtig sind, ein derartiges Festival überhaupt moglich zu machen. Sie begrüßte auch die Regisseurin (Marie Kreutzer), das Team und die Hauptdarstellerin (Vicky Krieps) des Eröffnungsfilms "Corsage" sowie Doris Dörrie der die diesjährige Hommage gewidmet ist. Außerdem stellte sie die Jurys der verschiedenen Wettbewerbe vor und bedankte sich dafür, dass sie diese zeitaufwändige Arbeit auf sich nehmen werden, all die Filme zu sichten und zu evaluieren. Danach kam der künstlerische Leiter, Christoph Gröner auf die Bühne und wies auf einige Highlights im spannenden Programm des diesjährigen Festivals hin.
Digitalministerin Judith Gerlach sowie Bürgermeisterin Katrin Habenschaden äußerten ihre Freude darüber, dass nach zwei Coronajahren wieder ein echtes Müncher Filmfest stattfinde und sagten auch weiterhin ihre Unterstützung zu. Besonders hervorgehoben wurde der Umstand, dass in diesem Jahr viele Frauen und deren Positionen im Festival Raum fänden, und zwar vor und hinter der Kamera.
Der Eröffnungsfilm, "Corsage" von Marie Kreuzer lief bereits in Cannes und war der Höhepunkt des Abends. Die Regisseurin hat in ihrem Film die legendäre österreichische Kaiserin Elisabeth als Anti-Sissi gezeichnet, ruppig, essgestört, mitten in einer Lebenskrise und gefangen in der Rolle, die ihr auferlegt wurde. Damit bietet sie subtile Einblicke in die Seele und hinter die Fassade der schillernden historischen Figur, ein Generalangriff auf die Sissi-Trilogie aus den 50er Jahren.
Interview mit Marcelo Gomes
"Paloma", der neue Film des Brasilianischen Regisseurs feiert auf dem Münchner Filmfest Weltpremiere. Wir haben mit Marcelo Gomes über seine Regiearbeit gesprochen.
Arte-Empfang im Institut Francais
Traditionell einer der schönsten Empfänge am Rande des Münchner Filmfests, fand der arte Empfang nach zwei Jahren Corona- bedingter Pause, wieder im gewohnt schönen Garten / Innenhof des Institut Francais statt. Entspannte, sommerliche Atmosphäre und gewohnt freundliche Gastgeber*Innen,- die perfekte Rezeptur für Networking und das Wiedersehen mit Kolleg*Innen aus der Branche.
Die neue Leiterin der Hauptabteilung Spielfilm/Fernsehfilm bei Arte (seit 2021), Claudia Tronnier, hieß die Gäste willkommen und nannte einige der Produktionen, die von oder mit arte produziert,- auf dem Münchner Filmfest gezeigt werden. Die Liste war gewohnt lang, arte ist nun mal einer der wichtigsten Sender für qualitätvolles Kino und Fernsehen. Und dass das auch so bleiben wird, das versprach Claudia Tronnier,- arte werde auch in Zukunft zuverlässiger Partner für Kino,- und Fernsehkoproduktionen sein. Dass Andreas Schreitmüller in Pension gegangen ist, sei mangels geeigneter Veranstaltungen wegen Corona, etwas untergegangen. So würdigte und dankte seine Nachfolgerin ihm für seine Leistungen.
Drehbuchautor Tony Grisoni"
Das Münchner Filmfest lockt nicht nur Publikum, sondern auch viele Branchenprofis und Nachwuchsleute an. Das Rahmenprogramm im Amerikahaus bietet täglich interessante Veranstaltungen. "What is Screenwriting? Writing Pictures and Creative Relationships" so lautete das Motto des Vortrages am Vormittag des 29. Juni. Der renommierte Drehbuchautor Tony Grisoni hat bei einem Creative Europe Desk München Event anlässlich des Münchner Filmfests über das Drehbuchschreiben erzählt. Ingeborg Degener, Geschäftsführerin und Ewa Szurogajlo, Förderberaterin vom Creative Europe Desk München, haben eine spannende Drehbuchvorlesung möglich gemacht und Tony Grisoni nach München eingeladen.
Tony Grisoni kennt das Filmemachen in allen Facetten, er hat produziert, hat Regie geführt, vor allem aber ist er als Drehbuchautor bekannt, der mit Regisseuren wie Terry Gilliam ("Tideland", "Angst und Schrecken in Las Vegas", "The Man Who Killed Don Quixote"), Michael Winterbottom ("In This World") oder auch Jon Amiel ("Liebe, Rache, Cappuchino") für Kinoproduktionen zusammengearbeitet hat.
Darüber hinaus hat er zahlreiche Fernsehfilme und Serien geschrieben, darunter "Marlow", "The City & the City", "Electric Dreams", "Der junge Papst", "Southcliffe", "10 Minute Tales" und viele Andere. Grisoni erzählte von den unterschiedlichen Arbeitsweisen mit Regisseuren, etwa dass Terry Gilliam ihm viel Freiheit lasse und gar nicht so tief in die Drehbücher einsteige, während Jemand wie Paolo Sorrentino, mit dem der "Der junge Papst" verwirklichte, sich einfach aus seinem Drehbuch die Teile rausgepickt hätte, die ihm gefielen, sie komplett neu organisiert hat, sodass er sein Buch kaum mehr wiedererkannt hatte.
Seine Beispiele von unterschiedlichen Projekten waren durchweg ehrlich, trugen Heiteres in sich, selbst wenn es schwierige Situationen waren, in denen beispielsweise er und Michael Winterbottom in der Recherche für "In This World" steckten.
Grisoni sieht sich als Drehbuchautor in der Verantwortung, einen Film durchgehend zu begleiten, also von der Recherche im Vorfeld, über das Schreiben, die Dreharbeit, bis hin zu möglichen Fragestellungen in der Schnittphase. Er betont auch, wie wichtig es ist, Verantwortung zu tragen etwa für die authentischen Schicksale und Geschichten, die er bei seinen Recherchen erfährt. Viele Drehbuchautor*Innen seien rücksichtlos und nur an ihren Stories interessiert. Er sehe immer auch die Menschen dahinter und entscheide verantwortlich, was er verwende und auf welche Weise.
Sein Ratschläge an Nachwuchsautor*Innen sind u.a., sich zu vernetzen, sich Skills durch Drehbuch-Workshops zu besorgen, sich auszutauschen mit anderen und sich auf alle Themen intensiv einzulassen. Starke Filme seien immer Teamwork und es seien so viele Menschen daran beteiligt, sie entstehen zu lassen.
Natürlich war die Zeit für Jemand wie ihn, viel zu kurz, doch es war eine äußerst spannende Veranstaltung, die sich auf jeden Fall gelohnt hat.