Der Begriff ist fast schon überholt,- längst nutzen wir drei, vier Displays parallel,- was er meint allerdings nicht. Wir benutzen immer mehr Bildschirme durch Handy, Tablet, PC und Flatscreen und die berechtigte Angst geht um, unsere Aufmerksamkeit könnte zu sehr verteilt werden. Der Kampf um die Aufmerksamkeit ist voll im Gange...
Dass Menschen Wartezeiten, Fahrtzeiten etc. gerne durch e-book reader, Handy oder Tablet überbrücken, kann jeder in den öffentlichen Verkehrsmitteln beobachten. Etwas schwieriger zu beobachten ist allerdings, was sich so in den Wohnungen der Menschen tut. Man kann annehmen, dass Menschen, die selbst im Restaurant das Handy neben sich liegen haben und in kurzen Abständen nachschauen müssen, was andere gepostet, gemailt, gewhatsappt, getwittert oder was auch immer haben, dies auch Zuhause nicht lassen können.
Das Handy ist damit für bestimmte, vor allem jüngere Zuschauergruppen zur stärksten Konkurrenz zum klassischen Fernsehen geworden. Um sie dort wieder einzufangen, bieten diverse Apps den Fernsehempfang auch auf Handys an, mit mäßigem Erfolg. Wer will schon miniaturisierte HD Bilder sehen, außer man versäumt sonst wichtige Sportereignisse und hat kein großes Display in der Nähe.
Auch der transmediale Ansatz, man müsse nur genügend zusätzliche Infos zu Filmen und Serien im Internet parken, um das verlorene Publikum zurück zu gewinnen, zeigt bisher nur geringe Erfolge. Fans, die auch vorher schon Fanseitenbetrieben, tummeln sich auf den zusätzlichen Angeboten, die begleitend zu Erfolgsserien ins Netz gestellt werden. Manch einer schaut bestenfalls in Suchmaschinen nach Infos zu Schauspieler-inne-n oder sonstigen Details.
Und es gibt da noch ein anderes Phänomen, was Forscher beobachtet haben. Menschen ordnen nach Gewohnheit Aufgaben bestimmten Geräten zu. Sind sie es gewöhnt, ihre Mails auf einem bestimmten Gerät und beispielsweise Filme auf einem anderen Gerät anzuschauen, dann bleibt diese Aufteilung bestehen, selbst wenn beide Geräte das Gleiche könnten. Die meisten modernen Fernseher haben Internetzugriff,- aber wer checkt schon seine Mails am Flatscreen?
Weniger ist mehr
Doch die überwältigende Mehrheit von Usern nutzt die Handys und Tablets parallel zum Fernsehen um andere Inhalte parallel abzurufen oder um,- die neue Volkskrankheit- einfach nur ständig erreichbar zu sein. Diverse Apps stillen nur vordergründig unser Bedürfnis nach Anerkennung und sozialen Kontakten. Man bildet sich ein, beliebter zu sein, wenn ein Text oder Foto viele "Likes" erhält. Es sind inhaltsleere Belohnsysteme, welche die Apps so beliebt machen. Sie lösen in Menschen scheinbare Glücksgefühle aus, ähnlich wie Essen oder Sex. Zumindest solange der Akku hält.
Inzwischen haben Mediziner und Forscher nahezu einhellig festgestellt, dass die dauernde Smartphone-Nutzung unproduktiv und weniger zufrieden macht. Man lernt, arbeitet,- ja lebt weniger, wenn das Handy oder Tablet permanent in greifbarer Nähe ist. Auch der Mythos, Menschen seien multitaskingfähig, ist längst begraben. Viele "Tasks" gleichzeitig, bedeuten viele Ablenkungen gleichzeitig. Nicht weniger als das Glück von Menschen ist in Gefahr. Auch Medien sollten achtsam genutzt werden.
Diverse Kliniken bewerben inzwischen Entzugsprogramme für Medienabhängige,- Aufenthalte in von Internetzugängen abgeschirmten Klostern, erfreuen sich großer Beliebtheit. Digital Detox ist das Zauberwort. Nicht wenige Menschen erklären ihre Schlaf,- und Wohnzimmer aus Selbstschutz zu handyfreien Rückzugszonen und können wieder entspannen und besser schlafen. Wird das Löschen einer sozialen App das neue "Aufhören mit Rauchen"?
Aufholjagd der Programmanbieter
Es stellt sich die Frage, ob Programmanbieter die Zerissenheit der Intensivnutzer mobiler Geräte noch befördern sollen, indem sie Inhalte die eigentlich den Filmen und Serien zugehörig sind, wie bei einer Schnitzeljagd transmedial auf verschiedene Plattformen verteilen. Ob sie damit nicht sogar noch mehr dazu beitragen, ihren ursprünglichen Medienprodukten den eigentliche Reiz, eine Geschichte emotional packend erzählt zu bekommen, entreißen?
Was Menschen, die Geschichten visuell hochwertig erzählt bekommen möchten, wirklich erwarten, wird sich vermutlich nicht auf mehreren, sondern nur auf einem Display abspielen. Nur dort, wo man ohnehin nicht allzu aufmerksam die mehr oder weniger beliebigen Inhalte verfolgt, wo man nichts verpasst, wenn man zwischendurch zum Kühlschrank oder auf Toilette geht, macht es auch nichts aus, wenn man parallel verwandte oder gänzlich andere Inhalte auf dem Handy abruft.