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Digitaler Schwindel

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Die Rolle mobiler Geräte in unserem Leben ist zu groß geworden, doch die meisten von uns wissen es entweder nicht, oder sie wollen es einfach nicht wahr haben.

Wer heute noch mit einem Handy herumläuft, mit dem man nichts anderes tun kann, als Telefonieren und Kurznachrichten zu verschicken, ist fast schon wieder cool, angesichts der überwältigenden Mehrheit von Smartphone-Nutzern. Und natürlich fühlt es sich so an, als hätte es Smartphones, Tabletts und andere Computer schon Ewigkeiten gegeben.

Hätte George Orwell, der Autor von "1984", jenem einstmals extrem futuristischem und gesellschaftskritischen SciFi Roman um die Möglichkeiten heutiger "mobiler Endgeräte" gewusst, der Entwurf seines in dem Buch beschriebenen Überwachungsstaates wäre ihm allzu lächerlich vorgekommen. Denn jedes Handy, Tablett, jeder Computer erlaubt den "großen Brüdern" unserer Tage unzählige, weitaus tiefer greifende Einblicke in unser aller Leben.

 

Smartness nur gegen Totalüberwachung

Diese Einblicke erhalten all die Datenbrüder selbstverständlich mit unserer ausdrücklichen Erlaubnis. Gewiss, es gäbe Möglichkeiten, die totale Überwachung zu verhindern. Die Lösung lautet Verzicht.

 

Doch wer will schon auf die praktischen Straßenkarten und Stadtpläne verzichten? Ach,- die kriegt man nur, wenn man der Totalüberwachung zustimmt? Gerne doch.

Die Einkaufszettel-App mit dem praktischen Barcodescanner kann mir die Einkaufslisten-Funktion nur freischalten, wenn ich meinen Standort und die Übermittlung meiner jeweiligen Einkäufe an... (wen eigentlich?) erlaube? Gerne doch.

Der praktische Messager, bei dem die nackten Texte dank Emojis und Fotos viel bunter aussehen, braucht auch meine Standortdaten und den Zugriff auf die Kamera, sonst will er meine Nachrichten gar nicht erst verschicken? Gerne doch.

Die neue lustige Foto-App kann leider nur fotografieren, wenn sie sich auch regelmäßig mit einem externen Server verbinden darf? Doch, klar, Gerne.

Wenn  ich nicht aufpasse, wird das gerade gemachte Foto meiner Frau öffentlich. Die App denkt schließlich, ich habe ein Bild des Hotels gemacht, um es mit Millionen anderen zu teilen. Klar, was auch sonst?

Ob ich einverstanden bin, dass meine jeweiligen Standorte getrackt werden, damit Andere wissen, wo ich jeweils bin?

 

Sollte es irgendwem noch nicht aufgefallen sein,- wir bezahlen die ganzen angeblich kostenlosen Apps mit etwas, was viel teurer und wertvoller ist, als irgendeine Gebühr es wäre,- wir bezahlen mit unserer Privatsphäre, mit unserer Individualität, unseren inneren Werten.

 

Resultierendes Insiderwissen

Was die kleinen, mittleren und ganz großen Brüder, allesamt Datenkraken, dank "Big Data" so alles mit diesen Informationen über uns anstellen, bleibt nicht lange diskret verborgen. Wir wundern uns gar nicht mehr, dass wir auf irgendwelchen Webseiten genau die Produkte per Werbebanner angezeigt bekommen, die wir uns zu einem früheren Zeitpunkt interessehalber angeschaut haben. Und dass uns unser großer Travel-Bruder vorschlägt, wo wir essen gehen sollten, weil dieser weiß, wo wir gerade sind,- na und?

Und der Streamingdienst, der ganz genau zu wissen glaubt, was ich gerne anschauen möchte oder der Versandanbieter, der nichts vergisst, was ich mir je angeschaut habe, sie meinen es doch nur gut. Und die sozialen Medien, in denen "Freunde" viel schneller und viel unanstrengender mit uns verknüpft werden, ersparen einem die Mühe, echte Menschen real zu Sprechen, Schreiben und Treffen. Ein Gefühl des umfassenden Umsorgtseins stellt sich ein, die Welt oder das was wir dafür halten,- irgendwelche Algorithmen die auf irgendwelchen Servern laufen,- nimmt uns wichtig.

Ja vielleicht sind wir sowieso eigentlich nur wirklich wichtig im Web. Dort ist man an uns interessiert, in unserem eigenen Wohnhaus wohl eher weniger. Selbstverständlich geschieht dies alles höflich und zurückhaltend, hat nichts von einem totalitären SciFi-Regime, obwohl es viel umfassender und perfider agiert.

 

Daten-(Miss) Gebrauch?

Plötzlich regt sich die halbe Welt auf darüber, dass Herr Zuckerberg mit seinem Facebook Daten gesammelt hat, die jene bitterböse Firma in Cambridge genutzt hat, um Wahlen erfolgreich zu manipulieren? Woher kommt diese Aufgeregtheit darüber, dass Facebook genau das tut, womit die Firma ihr Geld verdient, nämlich Daten zu sammeln und zu verkaufen?

Ja zugegeben, es ist unschön, wenn Menschen mit rechtem Gedankengut, mit Hetze und Menschenverachtung gezielt und ihrer Persönlichkeit entsprechend manipuliert werden. Unschön auch, dass die amerikanische NRA, die Waffenlobby Amerikas angesichts der Massenproteste von Millionen Schülern ihre Budgets für Social Media Einsätze zur Verteidigung des Waffenwahnsinns in den USA vervierfacht haben. Doch so lange sie pünktlich überweisen und keine neuen Skandale hochkochen, wird das böse Spiel wohl so weiter gehen.

Social Media sind nicht dafür da, den Menschen mehr Kommunikation, mehr Kreativität, mehr Aufrichtigkeit im Umgang miteinander zu ermöglichen. All dies braucht Anderes, als zwei Daumen auf Touch-Displays. Es ist noch nicht zu spät zum selber Denken.

 

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