Movie-College: Sie haben mit Ihrer Karriere ja sehr früh angefangen. Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Anke Engelke: Das ging bei mir los durch einen Kinderchor in dem ich in der Schule mitgesungen habe. Der hatte Verbindung zu verschiedenen Tonstudios und wir haben da in kleineren Grüppchen als Backgroundchöre gesungen. Da bin ich jemanden aufgefallen, der beim Radio gearbeitet hat. Der hat mir angeboten Kinderradio zu machen, was ich natürlich gerne getan habe. Da war ich noch ganz jung. Dann durfte ich auch mal im Fernsehen moderieren, bin aber dann zurück zum Radio gegangen und habe zwölf Jahre beim Südwestfunk in Baden Baden gearbeitet. Das war meine Schule. Das Fernsehen lief so ein bisschen auf zweiter Ebene nebenbei. Das erste Mal so richtig großes Fernsehen, Comedy vor allem, habe ich mit der Wochenshow gemacht und da war ich ja schon Dreißig, also ein totaler Spätzünder.
Movie-College: Eine Ausbildung haben Sie also nicht. Aber gibt es da etwas in diese Richtung?
Anke Engelke: Eine Comedy-Ausbildung gibt es de facto nicht. Es gibt bestimmt ein paar Schauspielschulen und auch Lehrkräfte, die einem da etwas dazu erzählen können, zum Komischen. Aber es gibt explizit keine Schule auf der man das lernen kann.
Movie-College: Was wäre Anke Engelke ohne Comedy?
Anke Engelke: Also, was das Komödiantische angeht, hab ich das selber gar nicht so gewusst, oder vor allen Dingen nicht forciert. Ich hatte immer ganz großes Glück. Auf mich sind Menschen immer zugekommen und haben mir etwas zugetraut, haben mir etwas angeboten, mich etwas ausprobieren lassen, haben mich gefordert und gefördert. Da hatte ich echt viel Glück. Das kann ich auch nur allen wünschen, die in dieser Richtung etwas machen wollen. Dass da die richtigen Leute, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit sind und einfach helfen und an einen glauben. Was man selber dazu beitragen kann, ist, dass man sich richtig einschätzt. Ich hab tendenziell immer gesagt ‚Das kann ich nicht, das kann ich nicht!' und dann hab ich gemerkt, vielleicht möchte ich es doch mal ausprobieren. Das ist echter Luxus. Da war ich privilegiert, dass ich alles machen durfte, dass ich alles ausprobieren durfte.
Wenn man das jetzt vergleicht mit dem Werdegang klassischer Schauspieler, die das als ihre Berufung sehen, oder als die einzige Möglichkeit, das Leben zu leben, dann muss man das mindestens genauso ernst nehmen. Das ist die andere Möglichkeit. Der Film "Die Spielwütigen", der auf der Berlinale ja auch läuft vom Andreas Veiel, der zeigt das ganz eindrucksvoll. Da gibt es eine Protagonistin, die Stefanie, die einfach sagt, sie kann sich ein Leben ohne das Spielen nicht vorstellen. Das muss sie machen, das ist ihre Berufung und dafür wird sie alles tun. Sie wird sich auf sämtlichen Schauspielschulen bewerben, sie wird Rollen lernen, sie wird studieren. Sie möchte das machen. Das ist ein anderer Werdegang, aber mindestens genauso anstrebenswert. Den respektier ich fast noch mehr als meinen, weil bei mir tatsächlich ganz viel Glück noch mit im Spiel war.
Movie-College: Sie sind ja nicht nur Komikerin, sondern auch Schauspielerin, sie haben mit Ladykracher Ihre eigene Produktionsfirma und sogar in einer Band gesungen. Wie schaffen Sie das alles unter einen Hut zu bringen?
Anke Engelke: Wenn man das selber macht, findet man das gar nicht so außergewöhnlich. Ich habe jetzt nicht mehr Stress oder Arbeit, als eine Mutter oder als eine Hausfrau. Das klingt immer so pathetisch, aber ich finde wirklich, dass das eine Frage der Organisation ist und eine Frage der Einschätzung, wie man das selber sieht, was man da macht. Wenn man das alles nicht so wichtig, aber alles auch wieder ernst nimmt, das ist ja ein bedeutender Unterschied, dann ist das alles machbar.
Movie-College: Was macht Ihnen davon am meisten Spaß?
Anke Engelke: Immer das, was ich gerade mache. Jetzt finde ich das moderieren wieder ganz toll. Das verlerne ich dann das Jahr über wieder. Wenn ich was drehe, finde ich das Schauspielen super. Und wenn ich gar nichts mache, find ich super, dass ich gar nichts mache.
Movie-College: Apropos Schauspielerei. Sie haben u.a. bei Detlev Buck in "Liebesluder" mitgespielt oder in Michael Bully Herbigs "Der Schuh des Manitu". Wird es demnächst wieder einen Film mit Anke Engelke geben?
Anke Engelke: Ja, ich spiele demnächst in einem Film mit und dann mach ich zwischendurch immer bei so kleinen Projekten mit. Es gibt ja ganz viele tolle Leute, die gar nicht das Geld haben teure Schauspieler zu bezahlen und da helfe ich immer gerne aus. Bei Kurzfilmen zum Beispiel.
Movie-College: Wir konnten Sie beobachten, wie sie bei Ihrer Moderation hier bei der Berlinale immer raus und rein gerannt sind, und bestimmt auch teilweise gefroren haben. Was muss man für diesen Beruf noch alles mitbringen, außer Ausdauer und Kälteresistenz?
Anke Engelke: Man muss viel Geduld haben, sowohl wenn man als Moderator arbeitet, als auch als Schauspieler. Man wartet ganz ganz viel und man darf es nicht persönlich nehmen, dass nicht alles nach dem eigenen Geschmack verläuft. Das ist was die Zeit angeht. Und man muss sich gut konzentrieren können und alle Infos, die man so bekommt, sei es nun von einem Regisseur am Set, sei es von einem Autor, der was geschrieben hat, sei es von einem Redakteur, der einem die Sendung vorbereitet. Man muss das alles aufnehmen können.
Ich glaube, dass Schauspieler und Moderatoren das Multi-Tasking ganz gut können, dass sie mehrere Sachen aufnehmen können und sich gleichzeitig vorbereiten auf den nächsten Schritt, auf die nächste Satz, auf die nächste Frage, auf die nächste Position, wenn man spielt. Im Theater ist das ja nicht anders. Man muss alles, was man an Input bekommt, möglichst schnell sortieren im Kopf und dann auch wissen, wo was hingehört.
Movie-College: Abschließend: Haben Sie noch einen Tipp, wie man es in diese Branche schaffen kann?
Anke Engelke: Nein, weil mein Werdegang offenbar eine ziemliche Ausnahme ist. Vielleicht ist es echt eine Frage der Kombination von Disziplin, von dem Willen, sich selber richtig einzuschätzen. Nie beobachten, wie man nicht sein will, sondern eher beobachten, wie man sein will. Ich habe ganz viel von Leuten gelernt, die ich bewundert habe und nach wie vor bewundere. Ich hatte beim Hörfunk einen Chef mit dem ich nicht viel philosophiert oder über meinen Beruf gesprochen habe. Der war so eine Lichtgestalt und so eine Inspiration, da hat man sich einfach daran orientiert. Das kann ich vielleicht als Ratschlag geben.
Und das man auf jeden Fall nicht denken soll, dass Fernsehen toll ist. Beim Fernsehen zu sein, ist nicht toll. Man muss sich fragen, was will ich gerne werden. Gerade bei ganz jungen Leuten, die dann auch ganz schnell ausflippen und denken, jetzt ganz schnell Erfolg haben und ganz schnell Geld verdienen und das eigene Bild irgendwo abgebildet sehen. Das ist ganz gefährlich und da hat man hinterher nur Ärger und Stress, da kommt man sich hinterher nur blöd vor. Lieber sagen, ich lerne irgendwo irgendwas. Das klingt vielleicht omahaft, aber es ist besser erst einmal heraus zu finden, was man überhaupt kann. Man wird so schnell geblendet davon, dass man innerhalb weniger Stunden, oder weniger Tage zum Superstar werden kann. Das kann kein Mensch. Man muss sich die Frage stellen, will ich Schauspieler werden, oder will ich Star werden? Will ich Moderator werden, oder Star? Regisseur, oder Star? Man muss sich gegenüber die Frage sehr sehr ehrlich stellen und auch ehrlich beantworten. Und wer bei Star das Kreuzchen macht, der muss sofort aufhören, weil man da keine Chance hat, weil man dann auch die Freude am Beruf an die zweite Stelle setzt.
Das Interview wurde geführt von Kathrin Metzner
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