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Unkollegiale Schauspieler

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Der Schauspieler links im Bild hat eine schwierige Szene mit seinem verletzten Sohn am Krankenbett zu spielen. Die Kamera zeigt nur den Mann in einer "Nahen". Die Person mit der er hier seinen Dialog spielt, ist aber nicht der Schauspieler, der den "Sohn" verkörpert, sondern ein Praktikant, als so genannter "Stand In". Der eigentliche Schauspieler verweigert sich, dem Kollegen zuzuspielen. Nun müssen Gesicht und Augen des Praktikanten reichen, um Blickrichtung und Emotionen des Schauspielers möglichst berührend zu lenken.

 

Normalerweise sollte es an Filmsets üblich sein, dass insbesondere die Schauspieler sich gegenseitig in ihrer Arbeit unterstützen und für ein gutes Arbeitsklima sorgen. Und so sieht die Zusammenarbeit auch in den allermeisten Fällen aus, aber leider nicht immer. Man möchte es kaum glauben, aber es gibt eine Reihe von Schauspielern, die sich an Filmsets äußerst unkollegial verhalten. Weil das nie publiziert wird, man schwärzt Kollegen nicht öffentlich an,- gelten diese Schauspieler in der Presse und in Talkshows oft sogar als besonders freundlich und sympathisch. Manche von ihnen sind regelrechte Publikumslieblinge, doch die Realität sieht manchmal ganz anders aus. Wir sprechen an dieser Stelle über Ausnahmen, nicht über die Regel in der schauspielerischen Zusammenarbeit.

Diese Schauspieler sind häufig von großem Egosimus, von Allüren oder ganz profaner Faulheit gesteuert, wenn sie darauf Wert legen, dass die Takes, in denen sie im Bild sind, als erstes und hintereinander gedreht werden um dann rasch wieder vom Set zu verschwinden, ohne für die Gegenschüsse auf den jeweiligen Spielpartnern da zu bleiben. Interessanterweise ist dieses Phänomen vor allem bei in der Fernseh,- und Kinolandschaft bekannteren Schauspielern anzutreffen, die für einen einzelnen Drehtag häufig mehr Gage als das Monatsgehalt anderer Berufe verdienen. Durch ihr unkollegiales Verhalten reduziert sich ihre Anwesenheit am Set leicht auf wenige Stunden, statt der acht Stunden, die ein Drehtag normalerweise dauert.

Für die Spielpartner in den Szenen ist das äußerst unerfreulich, weil ihnen damit eigentlich die Grundlage für authentisches Spiel, die Gestik, Mimik und emotionale Betonung ihres Gegenübers vorenthalten wird. Das kann die Qualität eines ganzen Filmes schmälern. Stattdessen steht ihnen dann neben der Kamera ein sogenannter Stand-In für Blickrichtungen etc. oder die Regieassistenz oder Continuety gegenüber und liest die Dialoge vom Drehbuch ab. Das ist wichtig um wenigstens Timing und Reaktionen einigermaßen stimmig zu bekommen. Zudem signalisiert dieses Verhalten auch eine gewisse Respektlosigkeit,- Schauspieler, die sich so verhalten und nicht als Spielpartner im Gegenschuss zur Verfügung stehen, achten die Arbeit ihrer Kollegen nicht in dem Maße, wie es sein sollte. Die Gegenspieler schaffen es trotzdem, irgendwie die Szene durchzuspielen, doch vielleicht nicht mit der Kraft und Qualität, die sie hätten, wenn sie die Szene mit der eigentlichen Person spielen würden.

Manchmal geht dieses Verhalten noch weiter, etwa wenn man selbst für Einstellungen, in denen man nur von Hinten zu sehen wäre, etwa "Over Shoulder" Einstellungen, nicht zur Verfügung steht. Dann werden Stand-ins eingesetzt, die dem Schauspieler in Größe, Körperform und bestenfalls auch in Aussehen ähnlich sind. Weil das Gesicht des Schauspielers für die Kamera nicht sichtbar ist, ersetzt eine Person mit ähnlicher Statur und Frisur den Schauspieler. Nicht selten entscheiden sich Regie und Kamera notgedrungen dafür, die Szene mit engeren Einstellungsgrößen etwa eine Nahen zu drehen, in denen der fehlende Gegenspieler gar nicht erst angeschnitten am Bildrand wäre. Das spart Kosten, weil man keinen Stand-In benötigt. 

 

Gründe und Beispiele

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Erst, wenn er selbst im Bild erkennbar zu sehen ist, weil er sich vom Vater ab,- und der Kamera zuwendet, begiebt sich der tatsächliche Schauspieler in der Rolle des "Sohns" ans Set. Zum Glück sind nur wenige Schauspieler so unkollegial.

 

Viele Stars versuchen, ihre Anwesenheit an Filmsets auf das absolute Minimum zu verkürzen. Von Robert Redford etwa weiß man, dass bei vielen Spielfilmen mit ihm Body Doubles eingesetzt wurden. Diese kommen zum Einsatz, wenn nur Teile des Körpers des Schauspielers im Bild zu sehen sein müssen. Hände, Arme, Beine etc. die dann mit einem Body Double gedreht werden, wodurch der "Star" ein paar Stunden später erst ans Filmset kommen muss. Doch Redford stand für die Gegenschüsse der Spielpartener in der Regel zur Verfügung.

Zu den internationalen Schauspielern, von denen solch unkollegiales Verhalten, Gegenschüsse zu verweigern, bekannt wurde, gehören Bruce Willis, Marlon Brando, Sharon Stone, Steven Seagal, Julia Roberts, Wesley Snipes oder Alec Baldwin. Doch man braucht gar nicht auf die USA zu schauen, auch in Europa, in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es solche Kandidaten. Und zwar nicht nur im Kinobereich sonder häufig auch bei beliebten TV Serien von ARD und ZDF. Da kommt es durchaus vor, dass einzelne Mitglieder von Ermittlerteams, die in den Stories auf Leben und Tod zusammenhalten, auf Schauspielerebene alles andere als kollegial, für die Schuss-Gegenschuss Szenen dann eben nicht zur Verfügung stehen.

Dieses Verhalten zeigt sich umso häufiger, je etablierter eine Serie / Reihe bereits ist. Die Betreffenden fühlen sich dann einfach sehr sicher in ihrem Tun, weil man sie nicht so einfach austauschen kann. Möglicherweise sind sie auch von den oft jahrzehntelang laufenden Reihen so ausgebrannt, so gleichgültig, dass ihnen die Dreharbeiten nur noch als lästiges Übel erscheinen. Natürlich ist es für Schauspieler, die quasi das Gesicht einer Reihe sind schwierig, nebenher auch andere Rollen zu bekommen und glaubwürdig zu verkörpern. Die Zuschauer kennen diesen Schauspieler viel zu gut in seiner Serien,- oder Reihenrolle, etwas Anderes nimmt man ihm meist nicht ab. Es kann sich durchaus wie eine Sackgasse anfühlen, wenn man über Jahrzehnte immer nur der gleiche Ermittler, Retter, Detektiv, Anwalt oder was auch immer ist, ohne Chance auf eine schauspielerischen Weiterentwicklung.

Doch all das entschuldigt das unkollegiale Verhalten nicht, es liefert vielleicht nur eine mögliche Erklärung. Was man bei diesem scheinbaren "Übel" vielleicht nicht ganz übersehen sollte, diese Schauspieler erhalten meist sehr hohe Gagen, sie verdienen mit zwei Folgen einer Reihe, die sie in einem Jahr an weniger als 30-40 Tagen abdrehen, viel Geld. Selbst wenn einen die eigene Reihe langweilt, es ist ein stattliches Schmerzensgeld. Seltsamerweise sind die unkollegialen Schauspieler fast immer männlich.

Je nach Persönlichkeit und Situation kommen oft auch noch andere unangemessene Verhaltensweisen hinzu, wie Unpünktlichkeit, schlechte Vorbereitung auf die Szene (Dialoge schlecht gelernt), schlechte Zusammenarbeit, herablassendes Verhalten, Respektlosigkeit gegenüber dem Team, Alkoholmissbrauch und vieles andere mehr.  Für die Schauspielkollegen, die Regie, das Team und die Produktion sind solche Verhaltensweisen eine große Herausforderung. Zum Glück sind dies eher die Ausnahmen, die meisten Schauspieler verhalten sich an Filmsets fair und kollegial.

 

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