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Ruth Gassmann

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Ruth Gassmann Liebe Leben Tod 3000

Ruth Gassmann und Jacques Breuer in "Liebe, Leben Tod" (Koproduktion mit dem ZDF, Regie: Mathias Allary)

 

Nein, ich kannte ihren wohl größten Zuschauererfolg gar nicht, "Helga. Vom Werden menschlichen Lebens", das war vor meiner Zeit, war der Beginn einer Reihe von Aufklärungsfilmen und vermutlich der einzige Gehaltvolle unter all den folgenden "Aufklärungsfilm"-Titeln. Ganze 40 Millionen Zuschauer sollen den Film weltweit gesehen haben, ein unglaublicher Zuschauererfolg, der Ruth Gassmann berühmt gemacht hat.

Noch zwei weitere Aufklärungsfilme drehte sie 1968 und 1969, und spielte auch in einer ganzen Reihe von Folgen der US Westernserie "Rauchende Colts". Doch dieser überwältigende Erfolg jenes ersten Aufklärungsfilms war für sie Segen und Fluch zugleich. Sie unternahm unzählige Versuche, sich von diesem Genre zu lösen, andere Rollen zu spielen,- weitgehend vergeblich. Man hatte sie festgelegt auf die Rolle der Helga, der Aufklärerin. Die CasterInnnen, die RegisseurInnen, die RedakteurInnen und die Medien sahen vorzugsweise die "Helga" in ihr.

So suchte sie auch den Kontakt zu jungen Filmemachern und so lernte ich sie kennen, irgendwann während meines Filmstudiums an der HFF in den 80er Jahren. Der erste Film, in dem sie in einer Nebenrolle mitspielte, war ein Kurzfilm, den ich während der damaligen Tschernobyl-Tragödie zum Thema drehte, "Keinerlei Besorgnis". Zehn Jahre später spielte sie in "Liebe, Leben, Tod" die Kundin eines Feinkosthändlers, ja und weitere 20 Jahre später eine Kundin in einem Werbespot.

Ruth war möglicherweise keine Charakterschauspielerin, doch wer weiß, es gab leider nie eine Gelegenheit, das herauszufinden. Wenn man sich all die TV Filme und Serien in Deutschland anschaut, so wären da viele Rollen für Ruth gewesen, die sie genau so und besser als die immergleichen SchauspielerInnen mit Leben erfüllt hätte,- wäre da nicht dieses Fernsehtypische Schubladendenken gewesen.

Wann immer wir uns trafen, meistens am Rande von Filmfestivals, hatte sie Projekte, Ideen, war voller Energie und Begeisterung. Sie hat Chancons gesungen, hatte dauernd Pläne. Ob es die Talkshow war mit dem Fotografen Bernard of Hollywood, der angeblich Marilyn Monroe entdeckte sowie Gunther Philipp, welche ich für sie geschnitten habe, oder ihr Vorhaben, neue Aufklärungsfilme für das 21. Jahrhundert zu drehen, was ich weniger nachvollziehen konnte, stets war sie Feuer und Flamme.

Nie hat sie einen spüren lassen, dass sie vielleicht müde war von den vielen Versuchen, andere Rollen zu spielen, die nicht der Schublade entsprachen, in die man sie hineingesteckt hatte. Immer voller Energie suchte sie nach Herausforderungen. Stets war sie professionell gut gelaunt und nie spürte man ihr tatsächliches Alter. Eines der letzten Male, die wir uns gesehen haben, war beim FFF Empfang anlässlich des Münchner Filmfestes, wo ich kaum glauben konnte, dass sie 80 Jahre alt war. So jugendlich, so voller Energie waren nicht mal halb so alte Besucher des Empfangs.

Nach kurzer, schwerer Krankheit ist sie mit 85 Jahren am 7. August gestorben. Wir werden sie vermissen, diese strahlende Ausnahmeerscheinung.

 

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