Internationale Filmfestivals und Kinostarts leiden massiv unter den SAG (US-Schauspieler-Gewerkschaft) und WGA (US-Drehbuchautoren-Gewerkschaft) Streiks. Die Streiks gehören zu den Längsten in der Geschichte der Kreativ-Gewerkschaften in den USA und haben inzwischen gravierende Auswirkungen nicht nur auf geplante Produktionen, sondern auch auf die großen internationalen Filmfestivals und Kinostarts.
Die allermeisten US-Schauspieler*Innen und Autor*Innen verweigern Promo-Auftritte zu Filmen, in denen sie die Hauptrolle gespielt oder für die sie die Drehbücher geschrieben haben. Das ist ein massives Opfer, schließlich schaden sie damit den Produkten, auf deren erfolgreiche Veröffentlichung oder Festivalpräsentation sie sich vermutlich lange gefreut haben.
Ruhige Festivals
Die großen A und B Filmfestivals leben von dem Kontakt der Zuschauer*Innen zu den Stars. Ohne oder nur mit einem verwaisten roten Teppich, ohne Präsentationen, Diskussionen und Presseinterviews mit US-Promis sind diese Filmfestivals ziemlich blutleer und nur halb so attraktiv für manche Zuschauer*Innen. Der Kontakt zu den Stars ist ein wichtiger Lockstoff für die Festivals. Große internationale Filmfestivals wie Locarno, Venedig, Telluride, oder Toronto fallen was die Berichterstattung und Promotion angeht, viel dürftiger aus, weil die US-Stars wegbleiben.
In Europa zeigt sich das Problem weniger dramatisch, weil die europäischen Filmschauspieler*Innen natürlich nicht in Streik getreten sind, doch auch dort leiden die Filmfestivals darunter, dass die ganz großen (und zumeist amerikanischen) Stars ausbleiben. Schauspielerlose Festivals locken auch weniger lokale Zuschauer an und auch die Strahlkraft, welche glamouröse Festival-Uraufführungen auf die anschließenden Kinostarts haben, geht fast vollständig verloren.
Dürftige Kinostarts
Nicht anders sieht es mit Filmpremieren aus. Ohne roten Teppich, ohne Foto-Call und Promotion mit den Stars, verlieren auch die Kinostarts an Attraktivität. Die großen US-Filmverleiher sprechen inzwischen von 15-20 % an Umsatzeinbußen bei Starts, die unter dem Boykott leiden. Zwar konnten in der Regel die Regisseur*Innen der Filme bei den Premieren anwesend sein, doch die wirkliche Sogwirkung, einen Film unbedingt im Kino anschauen zu wollen, geht nunmal von den Schauspieler*Innen aus. Was sollen die Medien Medien über Premieren ohne Gruppenfoto mit Stars berichten?
Wie sollen Zuschauer*Innen zum Kinobesuch motiviert werden, wenn die Stars nicht in Magazinsendungen, Nachrichtensendungen und nächtlichen Talkshows über ihre Arbeit berichten?
Arthouse Filme besonders betroffen
Wie so oft, wird das weniger finanzstarke, anspruchsvolle Kino besonders von diesem Streik getroffen. Es geht den Arthouse-Kinos und Filmen nicht wirklich gut, seit Corona viele Zuschauer*Innen aus den Kinosälen ferngehalten hat. Viele sind nicht mehr zurückgekommen. Während die mit viel Budget ausgetatteten Filme versuchen können, das PR Defizit durch mehr und längere Werbemaßnahmen auszugleichen, sind die Auftritte der Kreativen der wichtigste Motor für Arthouse Filme. Es wird befürchtet, dass die Arthouse Filme den größten Schaden nehmen werden, während bei den Mainstream-Filmen lediglich Umsatzeinbußen zu verschmerzen sein werden. Insbesondere für Arthouse Filme, die ohnehin unterfinanziert und kaum beworben sind, sollten unbedingt Ausnahmeregelungen getroffen werden, denn das Arthouse Kino zu verlieren, wäre wohl das übelste Eigentor, was sich die Streikenden einhandeln könnten.