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Die alte Frage, woher Schauspieler*Innen ihre Emotionen holen sollen, die sie als Filmfiguren überzeugend transportieren möchten, kennt verschiedene Lösungsansätze

 

Viele professionelle Schauspieler haben eine Ausbildung oder sogar ein ganzes Schauspielstudium hinter sich. Im Laufe der Schauspielausbildung werden die Nachwuchsschauspieler in verschiedenen Bereichen ausgebildet, wie zum Beispiel Gesang, Tanz, Improvisation, Film- und Theatergeschichte und vieles mehr.

Zu den wichtigsten Inhalten der Ausbildung gehören die verschiedenen Schauspieltechniken von unterschiedlichen Schauspielern und Regisseuren der Geschichte. Die beliebteste Methode der Hollywoodschauspieler ist das „Method Acting“, dessen Ursprung sich auf Konstantin Stanislawski und Lee Strasberg zurückverfolgen lässt. Bei der Methodik geht es darum, dass der Schauspieler anhand seiner eigenen Erfahrungen und Erlebnisse und den damit verbundenen Emotionen die Rolle in sich selber findet und somit mit der Figur verschmelzen kann. Berühmte Schauspieler, die diese Methode verwendet haben sind zum Beispiel Hilary Swank, Jack Nicholson, Marlon Brando, Christian Bale und Heath Ledger.

Es wird behauptet, dass „Method Acting“ für Schauspieler auch sehr gefährlich werden kann, wenn sie nicht in der Lage dazu sind die Emotionen der Figur von ihren eigenen im täglichen Leben zu unterscheiden. Das könnte zu psychischen Problemen der Schauspieler führen.

Kritisch wird es auch, wenn der Schauspieler kein passendes privates Erlebnis hat, was er mit seiner Vorstellungskraft hervorrufen könnte, um an eine bestimmte Emotion heranzukommen. Wie kann ein Schauspieler eine Emotion fühlen, ohne sie vorher im privaten alltäglichen Leben gespürt zu haben? Mit dieser Frage beschäftigte sich Michael Chekhov und suchte eine Alternative zu der bereits erfundenen Schauspieltechnik.

 

Chekhov Methode

Michael Chekhov war einer der bedeutsamsten Schauspieler, Regisseure und Theaterpädagogen der Theatergeschichte. Er war ein Neffe des russischen Schriftstellers Anton Tschechow, der eine große Rolle für seine künstlerische Entwicklung spielte. Sein schauspielerisches Talent wurde schon in seinen jungen Jahren entdeckt: Er trat als 16-jähriger in die Theaterschule Suworins ein, die er später auch beendete. Eineinhalb Jahre später wurde er von Konstantin Stanislawski in das Moskauer Künstlertheater aufgenommen, was das bedeutsamste Theater Russlands war. Dort traf er auch die wichtigsten Vertreter der russischen Theateravantgarde. Später hatte der Schauspieler und Theaterregisseur Jewgeni Wachtangow einen größeren Einfluss auf Chekhovs persönliche und künstlerische Entwicklung als Stanislawski.

 

Michael Chekhov hat eine Methode entwickelt, welche die Schwächen der "Method" umgehen soll

 

Chekhov war der Meinung, dass es einen anderen Weg geben muss, um seine Emotionen zu rankommen – ohne dabei ein Erlebnis aus seinem privaten Leben zu nehmen. „Method Acting“ anzuwenden kann für Schauspieler eine Sackgasse sein, wenn sie ein Leben führen, in dem es keine Extremen und wenig emotionale Ereignisse gibt. Chekhov meinte, dass wir Menschen eine unendliche Tiefe der Emotionen in uns tragen, die rauskommen, wenn sie von der richtigen Situation getriggert werden. Die Frage ist nun – wie kommt man an sie ran?

Wenn man sich beispielsweise die Trauer und die Freude bei einem Menschen näher anschaut, fällt einem auf, dass sich die Haltung von den beiden Emotionen anders ausdrückt. Chekhov sagte, dass wenn man die passsende Haltung einer bestimmten Emotion einnimmt, kommen die Emotionen von alleine hoch. Also ist die psychologische Geste und eine bestimmte Körperbewegung der Schlüssel zu Emotionen. Dieser Zusammenhang zwischen körperlichen Bewegungen und der emotionalen Prozesse ist auch für die Neurowissenschaftler nachvollziehbar.

Um die Emotion zu verstärken oder mehr zu fühlen, kann man entweder die Haltung übertreiben oder am Besten versuchen, die Emotion mit der bereits eingenommenen Haltung zu verstecken. Dadurch verspürt man einen Drang diese Gefühle rauskommen zu lassen. Wie bereits erwähnt, können nicht nur Haltungen, sondern auch bestimmte Körperbewegungen zu bestimmten Emotionen führen. Dazu ein paar Beispiele von psychologischen Übungen, die verschiedene Emotionen abrufen:

 

• Imaginary center

Das imaginäre Zentrum ist die Quelle der Bewegung und Stimme. Es kann sich am Körper oder außerhalb des Körpers befinden. Das klassische Zentrum ist die Brust: Man stellt sich eine glühende und helle Kugel vor, die sich in der Mitte der Brust befindet. Dadurch fühlt man sich beispielsweise selbstsicher, kraftvoll, unbesiegbar oder auch angstfrei. Von dem Punkt aus verlagert man das Zentrum und verändert die Form. Dadurch kann man folgende Sachen ausprobieren: Holzkugel auf der Stirn, die einem das Gefühl von Unzufriedenheit und Genervtheit gibt. Oder beispielsweise auch spitze Ohren. Diese geben einem das Gefühl, man wäre frech, neugierig oder auch hellhörig.

• The molding character

Man stellt man sich vor, dass Luft ein formbares Material ist, wie zum Beispiel Ton oder Lehm. Zuerst versucht man mit den Fingern Rillen in die Masse reinzumachen. Nach und nach nimmt man andere Körperteile, bis hin zum ganzen Körper mit und versucht mit seiner Vorstellungskraft, sich durch die Masse durchzukämpfen. Je nach dem welches Körperteil man benutzt, löst das bei dem Menschen ein bestimmtes Gefühl aus, wie zum Beispiel: Ellenbogen = Egoismus, Ich-bezogen, Rücken = Hoffnungslosigkeit oder Brust = Zufriedenheit.

• The flying character

Hierbei stellt man sich vor, dass man ein Körperteil wegfliegen lässt. Dabei nimmt man ein bisschen Anlauf und man schaut seinem Körperteil hinterher, wie es wegfliegt. Durch dieses Hinterherschauen und in Frieden loslassen, löst ebenfalls ein Gefühl aus. Das ist je nach Körperteil unterschiedlich.

• Staccato

Das imaginäre Zentrum liegt im Bauch. Diese Kraft wird durch einen Impuls nach außen getragen. Man steht mit festem Kontakt zu Boden mit angespannten Armen am Körper. Dann lässt man sich nach vorne fallen und macht einen Ausfallschritt und die Arme sind mit voller Spannung nach vorne ausgestreckt, genauso wie der Blick nach vorne gerichtet. Danach geht man mit voller Spannung in die Ausgangsposition zurück. Dabei sollte man am Besten auch die Stimme mitnehmen mit einem „vor“ und „zurück“. Diese Übung verleiht einem das Gefühlt von großer innerer Kraft, Energie und vielleicht auch Wut.

 

Zu beachten ist, dass diese Liste von der Chekhov-Technik noch ewig weitergeführt werden kann und beim Ausführen der Übungen können auch andere Gefühle und Emotionen hochkommen. Diese Technik ist nicht jedermanns Sache und jeder Schauspieler muss für sich selbst entscheiden, welche Methode ihm am Besten hilft zu bestimmten Emotionen zu gelangen.

 

 

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