Es klingt banal, doch man hat einige Entscheidungsmöglichkeiten, wenn man horizontale Trennlinien kadrieren, framen, eben in seinen Bildausschnitt einpassen will. Was ist zu beachten? In den Städten bekommen wir selten weite und vor allem gerade Horizontlinien zu sehen, das findet man eher auf dem flachen Land und natürlich typischerweise am Meer.
Kameraleute haben in der Regel ein intuitives Empfinden dafür, wie sie diese Trennlinien in der Landschaft optimal in Szene setzen. Es gibt nämlich uralte Regeln, wie man ein Bild interessant und für das Auge angenehm gestalten sollte. Und selbst wenn man diese nicht beachten möchte, dann sollte man zumindest sehr genau wissen und idealerweise auch begründen können, was man warum nicht beachten möchte.
Ganz gleich, wo man die Horizontlinie platziert, sie sollte in der Regel möglichst waagerecht sein,- schließlich kennen wir Menschen uns aus der Seherfahrung heraus alle sehr gut damit aus, wie waagerecht Horizonte so aussehen, wenn es nicht gerade Bergkuppen sind. Setzt man die Horizontlinie bewusst schief, so trägt diese möglicherweise die Aussage in sich, dass etwas schräg, dass die Welt aus ihrer Ordnung geraten ist. Oder aber man vermutet, dass da Jemand seine Kamera nicht sauber geführt hat.
Die Horizontlinie genau in die Mitte zu setzen gilt als ungünstig. Einerseits entsteht keine wirkliche Spannung im Bild, andererseits konkurrieren die beiden Bildhälften miteinander, was ebenfalls ungünstig für die Rezeption des Bildes ist. Der Betrachter kann sich nicht entscheiden, wohin er schauen soll. Natürlich gibt es auch Ausnahmen von dieser Regel, etwa wenn man es mit einer Spiegelung im Wasser zu tun hat, dann kann die Symmetrie eine spezielle Rolle in der Bildwirkung spielen und gewünscht sein. Es gibt auch Filmemacher, welche genau diese Symmetrie als Gestaltungsmittel gewählt haben.
Wes Anderson etwa hat in seinem Film "Die Royal Tenenbaums" genau diese Symmetrie zum Gestaltungsprinzip erklärt. Im ersten obigen Bild ist zumindest noch die Person auf die Drittel-Trennlinie des goldenen Schnitts gesetzt, wodurch noch eine gewisse Bildspannung erhalten bleibt. Im zweiten Beispiel ist dann auch noch die Person mittig platziert, also die maximale Langeweilse für das Auge der Zuschauer. Mittige Horizontlinien reduzieren auch oft die räumliche Tiefenwirkung von Bildern.
Im nächsten Bild liegt die Gewichtung deutlich auf dem Sand und dem Meer, während der Himmel unterrepräsentiert ist. Die Horizontlinie liegt extrem hoch. Zu allem Überfluss ist dann auch noch der Headroom, also die Luft über dem Kopf der Person zu knapp bemessen. Man fürchtet fast, dass die Person sich jeden Moment den Kopf am Bildrand stoßen könnte...
Im letzten, dem unteren Beispiel haben wir die Horizontlinien im weitesten Sinne auf den horizontalen Drittel-Linien des Goldenen Schnitts und damit die maximale Aufmerksamkeit für alle drei Elemente,- Erde, Wasser und Luft. Durch die Platzierung der Person auf der linken vertikalen Dritteltrennlinie des goldenen Schnitts ist auch unser Interesse für die Person sicher gestellt.
Es gäbe noch weitere Variationsmöglichkeiten, etwa eine sehr niedrige Horizontlinie. Diese würde dann den Himmel, die Weite betonen, ist aber bei einem wolkenlos blauen Himmel eher uninteressant. Ausnahme,- man möchte eine gewisse Leere vermitteln. Und bei einem schön gemusterten Wolkenhimmel oder einem Sonnenuntergang mit spannenden Verläufen aber kann genau dieses Übergewicht des Himmels beeindruckende Wirkung erzielen und die Offenheit der Landschaft betonen.
Umgekehrt kann eine spannende Landschaft, eine interessante Bodenstruktur betont werden, indem man zwei Drittel der Erde und nur ein Drittel dem Himmel reserviert. Die Wahl des Bildausschnitts bietet also in Bezug auf die Horizontlinie eine große Variationsbreite und man kann darüber durchaus die Wirkung auf die Zuschauer steuern.