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Robert Herlth 1 4000

Originalentwürfe von Robert Herlth

 

Als der Film seinen Siegeszug zum Leitmedium des 20. Jahrhunderts begann, bediente man sich bei den zur Jahrhundertwende bekannten Künsten, allen voran beim Theater. Die frühen inszenierten Filme sahen aus wie in einer Einstellung abgefilmte Theaterszenen und die frühen Filmausstatter waren eigentlich Bühnenmaler und Kulissenbauer. Sie sorgten dafür, dass die Zuschauer die Örtlichkeiten, in denen die kurzen Situationen spielten, erkennen konnten. Das bürgerliche Wohnzimmer, das Gefängnis, den herrschaftlichen Salon.

Doch einige von ihnen wollten mehr, dachten nicht an nur die richtige Milieu-Information, an den flüchtigen Eindruck, sondern an das Gesamtkunstwerk. Der wahrscheinlich bekannteste von ihnen war der 1893, also kurz vor dem Geburtsjahr des Films geborene Robert Herlth. 1914 machte er seinen Abschluss in Malerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und wurde später als junger Soldat zum Militär einberufen. Von 1916 bis 1918 konnte der feinsinnige, schlanke junge Mann seinen Militärdienst in Vilnius als Bühnenbildner am dortigen Heerestheater absolvieren, ein Glücksfall, der ihm mitten im ersten Weltkrieg vermutlich das Leben gerettet hat. 1920 dann holte ihn der Szenenbildner Hermann Warm zur Decla-Bioscop, wo er gemeinsam mit Walter Röhrig Kostüme und Dekorationen entwarf.

 

Pionier des künstlerischen Stummfilms

Robert Herlth 4 4000

Originalentwurf von Robert Herlth

 

Bereits in dem frühen Stummfilmmeisterwerk "Der müde Tod" von Fritz Lang hat er zusammen mit Hermann Warm und Walter Röhrig die Ausstattung übernommen, ein Film der ikonografische Qualitäten hatte. Unvergesslich, das Bild mit einem Meer aus Kerzen, die jede für sich ein Menschenleben repräsentiert, welches mit dem Sterben für immer ausgehen wird.

In den Filmen Friedrich Wilhelm Murnaus war es Herlth, der dessen Visionen von einer entfesselten Kamera erst möglich machte. Dabei übersetzte er Gesetzmäßigkeiten der Malerei in Filmkulissen, arbeitete intensiv mit Staffelungen unterschiedlicher Helligkeits,- und Schattenwerte.

Sein Markenzeichen seiner Ausstattung früher Stummfilme war nicht die klare, harte Kontur, sondern eher das malerische, verwunschene, das surreale. Seine Credo war "weniger ist mehr", statt Opulenz suchte er die Reduktion. Seine Filmkulissen orientierten sich auch an möglichen Kamerafahrten, er baute für die Kameras und brachte für die damalige Zeit innovative Techniken mit ein. So war es seine Idee, bei Friedrich Wilhelm Murnaus "Der letzte Mann", für eine Kamerafahrt in einer Szene mit Emil Jannings, eine Kurbelleiter der Feuerwehr zu verwenden. Für eine andere Einstellung, bei der die Kamera vom Ohr des Hauptdarstellers zu einer Trompete, die diesen weckt, schwebt, konstruierte Herlth einen Kamerawagen.

 

Tonfilm als Rückschritt

Robert Herlth 5 4000

Originalentwurf von Robert Herlth

 

Robert Herlth empfand den Tonfilm als Rückschritt für die Entwicklung des Films zu einem Gesamtkunstwerk. Dadurch seien vor allem die Dialogtexte der Schauspieler*Innen in den Vordergrund, die Räume und die Bildästhetik in den Hintergrund getreten. Generell bedauerte er, dass der Gedanke, dass Film eigentlich ein visuelles Gesamtkunstwerk sein müsse, bei dem unterschiedliche Künstler einem Film gemeinsam eine Gestalt geben, von den meisten Produzenten und Regisseuren nicht geteilt werde. In einem Aufsatz aus dem Jahre 1935 über "Film als Kunstwerk", schrieb Herlth "Heute heißen beim Film immer noch nur die Schauspieler "Künstler". Jeder andere Schaffende ist dort Techniker." Es waren seine Szenenbilder, die Jahrzehnte später dazu beitrugen, aus dem Handwerk des Szenenbildners beim Film, eine selbstständige Kunstform werden zu lassen.

 

Gegen die Überzeugung

Robert Herlth Portrait 4000

 

Bis 1937 arbeitete Herlth vornehmlich für die Ufa, dann wechselte er für Veit Harlans "Der Herrscher" zu "Tobis". Herlth war im 3. Reich für die technische Abwicklung der "Olympia"-Filme von Leni Riefenstahl verantwortlich. Das mag seltsam klingen, weil er für die Dokumentarfilme kaum Kulissen bauen musste, doch die Bahnen, Gräben, Kräne für die vielen bewegten Kameras, konzipierte er.

Robert Herlth galt als feinsinniger, kritischer Geist,- wie konnte es dazu kommen, dass er entgegen seiner Überzeugung bei einzelnen Propagandafilmen mitwirkte? Aufschlüsse ergeben einige Geschehnisse zu Beginn der 40 er Jahre, welche ihn und seine Familie existenziell bedrohten. Herlths Frau, Mania, stammte aus Vilnius (Littauen).

Herlths Tochter, Helene Henriette, wurde, laut einem Brief von Herlth, als Halbjüdin insbesondere durch den früheren Adjutanten von Göbbels, den Prinzen Schaumburg-Lippe verfolgt, nachdem dieser vermutlich indirekt über seine Tochter Marie Elisabeth, die mit Herlths Tochter in der gleichen Schulklasse und sogar befreundet war, erfahren hatte, dass diese eine jüdische Mutter hatte. Die beiden Kinder waren völlig überrascht und unglücklich darüber, dass sie sich plötzlich nicht mehr sehen durften.

In seiner Not bat Herlth Heinz Rühmann um Hilfe. Als dieser Anfang der Vierziger Jahre zur Premiere von "Quax der Bruchpilot" nach Stockholm reiste, traf er dort den Schwager von Herlth, um die Ausreise von Herlths Tochter nach Schweden zu planen und stellte den Kontakt zum schwedischen Konsulat her. Doch dazu kam es nicht, weil das Nazi Regime die Ausreise verweigerte.

Herlth wurde mit Ausschluss aus der Reichsfilmkammer bedroht, ein massives Druckmittel, was einem Berufsverbot gleichkam. Es waren Emil Jannings und Leni Riefenstahl, die Goebbels beeinflusst haben und einen gewissen „Schutz“ für die Familie bewirkt haben. Herlths Frau und seine Tochter wurden, so beschreibt es Lotte Eisner in ihren Memoiren, sogar von der Gestapo abgeholt, in einem Büro der Geheimen Staatspolizei wurde ihr Ausweis überprüft. Dann entschuldigte sich die Gestapo-Beamtin,- sie habe nicht gewusst, dass sie "hohe Protektion" besäße. Leni Riefenstahl habe sich für sie eingesetzt. Herlths Frau und Tochter wurden unbeschadet wieder nach Hause gebracht, doch die Angst blieb.

Diese Umstände dürften der Grund für Herlths Mitarbeit auch an Propagandafilmen gewesen sein. Die letzten Jahre bis zum Kriegsende hin waren für ihn und seine Familie geprägt von beständiger Angst.

 

Freiheit

Robert Herlth 2 4000

 

Nach dem Krieg war Herlth zunächst an verschiedenen Berliner Theatern als Bühnenbildner tätig, bevor er dann 1947 mit " Zwischen gestern und morgen" in München wieder für den Film arbeitete.

1948 arbeitete er bei Helmut Käutners "Film ohne Titel", einem frühen Film, der das Filmemachen selbst reflektierte und der in den Studios Geiselgasteig, (eigentlich der Bavaria) gedreht wurde. Damals durfte die Bavaria nicht als eigenständige Produktionsfirma auftreten und lediglich mit Genehmigung der US Armee technische Einrichtungen und Studios an Dritte vermieten.

In seiner Münchner Zeit arbeitete Robert Herlth mit vielen wichtigen Regisseuren und Schauspielgrößen des Nachkriegskinos wie Horst Buchholz, Curd Jürgens, Marianne Hold, Paul Dahlke, Lil Dagover, Hansjörg Felmy, Elisabeth Flickenschildt, Robert Graf, Heidemarie Hatheyer, Ruth Leuwerik, Hanns Lothar, Bruni Löbel, Hildegard Knef, Dieter Borsche, Paul Hubschmid, Lieselotte Pulver, Ellen Schwiers, Grethe Weiser, Wolfgang Völz, Claus Jürgen Wussow, und vielen Anderen zusammen. Roberth Herlth war ungeheuer produktiv und hat den Filmen, an denen er gearbeitet hat, seine ureigene Handschrift mitgegeben. In jenen Jahren in München hat auch der spätere Filmausstatter Rolf Zehetbauer unter anderem bei Robert Herlth sein Handwerk gelernt.

Für sein Szenenbild bei "Buddenbrooks im Jahre 1959, erhielt er den Bundesfilmpreis.

 

Robert Herlth 3 4000

 

Produktionen

(Auswahl)

1921: Die Toteninsel, Regie: Carl Froelich
1921: Der müde Tod, Regie: Fritz Lang
1924: Der letzte Mann, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
1925: Zur Chronik von Grieshuus, Regie: Arthur von Gerlach
1926: Tartüff, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
1926: Faust, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
1928: Vier Teufel, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
1929: Manolescu, Regie: Viktor Tourjansky
1930: Hokuspokus, Regie: Curt Goetz (wurde als Versionenfilm auch mit anderen Schauspieler*Innen auf Englisch gedreht)
1930: Rosenmontag, Regie: Hans Steinhoff
1931: Im Geheimdienst, Regie: Gustav Ucicky
1931: Der Kongreß tanzt, Regie: Erik Charell
1931: Yorck, Regie: Gustav Ucicky
1932: Mensch ohne Namen, Regie: Gustav Ucicky
1933: Morgenrot, Regie: Gustav Ucicky
1933: Flüchtlinge, Regie: Gustav Ucicky (Ein erster Film mit nationaler und nationalsozialistischer Propaganda)
1933: Walzerkrieg, Regie: Ludwig Berger (Von dem Historienfilm rund um den Walzerkönig Johann Strauß wurde auch eine Versionenfilm - französische Version gedreht. Der Regisseur Ludwig Berger hätte den Film wegen seines jüdischen Glaubens und der Verfügung von Göbbels, über den Ausschluss aus der Reichsfilmkammer, eigentlich nicht mehr drehen können, doch wegen eines laufenden Vertrages mit der UFA durfte er ihn noch realisieren.)
1934: Der ewige Traum, Regie: Arnold Fanck
1934: Prinzessin Turandot, Regie: Gerhard Lamprecht, (Auch hier entstand eine französische Version mit französischen Darsteller*Innen „Turandot, princesse de Chine“)
1935: Barcarole, Regie: Gerhard Lamprecht (Auch hier entstand eine französische Version mit französischen Darsteller*Innen. Hauptdarstellerin war die Tschechin Lida Baarová, die seit den Dreharbeiten mit ihrem Filmpartner Gustav Fröhlich leiert war, bis sie Göbbels Geliebte wurde, was beinahe eine Staatskrise zur Folge hatte. )
1935: Das Mädchen Johanna, Regie: Gustav Ucicky (Ein Historienfilm mit Angela Salloker, Gustaf Gründgens und Heinrich George, der die historischen Tatsachen im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda verfälschte)
1935: Amphitryon – Aus den Wolken kommt das Glück, Regie: Reinhold Schünzel
1936: Hans im Glück, Regie & Drehbuch: Robert Herlth
1936: Savoy-Hotel 217, Regie: Gustav Ucicky
1937: Der Herrscher, Regie: Veit Harlan (Die Hauptfigur, der Verleger und Kunstsammler Clausen, wurde in Sinne nationalsozialistischer Propaganda verfälscht und verzerrt)
1937: Der zerbrochene Krug, Regie: Gustav Ucicky
1938: Der Spieler, Regie: Gerhard Lamprecht (Auch von diesem Film wurde eine französische Version mit französischen Darsteller*Innen gedreht. Hauptdarstellerin Lída Baarová musste wegen ihrer Affaire mit Göbbels im Herbst 1938 Deutschland auf Anordnung Hitlers verlassen.)
1940: Kleider machen Leute, Regie: Helmut Käutner
1941: Die schwedische Nachtigall, Regie: Peter Paul Brauer
1944: Melusine, Regie: Hans Steinhoff

 

Robert Herlth Zeichnung 2

Originalentwürfe von Robert Herlth

 


1947: Zwischen gestern und morgen, Regie: Harald Braun
1947: Film ohne Titel, (Trümmerfilm) Regie: Rudolf Jugert
1949: Verspieltes Leben, Regie: Kurt Meisel
1950: Das doppelte Lottchen, (Verfilmung von Erich Kästner) Regie: Josef von Báky
1951: Das weiße Abenteuer, Regie: Arthur Maria Rabenalt
1952: Alraune, (Horrorfilm) Regie: Arthur Maria Rabenalt
1952: Die Försterchristel, Regie: Arthur Maria Rabenalt
1952: Hinter Klostermauern, Regie: Harald Reinl
1953: Das Dorf unterm Himmel, Regie: Richard Häussler
1953: Musik bei Nacht, Regie: Kurt Hoffmann
1953: Die geschiedene Frau, Regie: Georg Jacoby
1953: Der Kaplan von San Lorenzo, Regie: Gustav Ucicky
1954: Hochzeitsglocken, Regie: Georg Wildhagen
1954: Das fliegende Klassenzimmer, (Verfilmung von Erich Kästner) Regie: Kurt Hoffmann
1954: Sauerbruch – Das war mein Leben, Regie: Rolf Hansen
1954: Der letzte Sommer, Regie: Harald Braun
1955: Geliebte Feindin, Regie: Rolf Hansen
1955: Solang’ es hübsche Mädchen gibt, Regie: Arthur Maria Rabenalt
1955: Der letzte Mann, (Remake des Stummfilms von 1924, bei dem Herlth ebenfalls mitgearbeitet hatte) Regie: Harald Braun
1956: Regine, Regie: Harald Braun
1957: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, Regie: Kurt Hoffmann
1959: Das schöne Abenteuer, Regie: Kurt Hoffmann
1959: Buddenbrooks, Regie: Harald Braun
1959: Ein Tag, der nie zu Ende geht, Regie: Franz Peter Wirth
1960: Eine Frau fürs ganze Leben, Regie: Wolfgang Liebeneiner
1960: Auf Engel schießt man nicht, Regie: Rolf Thiele
1960: Gustav Adolfs Page, Regie: Rolf Hansen

Robert Herlth starb am 6. Januar 1962 in München.

 

Vielen Dank an Alexander Luckow für die Hilfe bei der Recherche und die Einwilligung zur Verwendung der Abbildungen

 

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