
Überall in Europa aber auch in den USA sterben Kinos, gerade geht ein Aufschrei durch die Filmwelt, weil in Rom so viele Kinos dicht gemacht haben. Auch hierzulande schließen immer mehr Säle, darunter auch einige der ältesten Kinos Europas. Selbst in der Kino-Hauptstadt Zürich verschwinden immer mehr Leinwände. Können die Lounge-Varianten das Kino retten? Vor dem Corona-Pandemie-Jahr 2019 waren es etwa 113 Mio. Besuche in Deutschland. Bis 2023 erholten sich Zahlen auf ca. 80–90 % des Vor-Corona-Niveaus, für viele Kinos ist das schlicht zu wenig. Es ist beängstigend, was da gerade mit der einstmals blühenden Kinolandschaft passiert. Überall machen Kinos dicht und werden im besten Fall umgewandelt in Event-Kinos mit Kippsesseln, Sofas und Liegen auf denen man Essen bestellen und Natchos knuspern kann. Was können die Kino-Lounges und sind sie geeignet, die Zuschauer zurück in die Kinosäle zuholen?
Konzept
Diese aufwändig ausgebauten Kinos setzen auf Zuschauererlebnis & Komfort. Sie wollen, so auch der Name "Lounge" an ein Luxushotel erinnern, man soll, so wie im Foyer eines Hotels gemütlich auf bequemenen Sesseln und Sofas sitzen. In München ist eine Astor-Lounge konsequenterweise sogar in ein Hotel integriert, - den Bayerischen Hof. Dort gibt es nur ganze 38 Sitzplätze in Form von bequemen Lounge-Sofas.
Verstellbare Sessel, Liegesitze, Bedienung am Platz – Lounge-Kinos werden von den Zuschauern als echtes Erlebnis wahrgenommen. Man kann allerlei Getränke bestellen und sogar verschiedene Snacks an den Platz bestellen, wie beispielsweise Gemüse-Sticks mit Dip, Käsevariation (Hart- & Weichkäse mit Brot), Brozeit (Serrano-Schinken, Salami, Oliven & Baguette) oder auch Parmesanhäppchen und Oliven. Dieser Luxus ist allerdings verknüpft mit höheren Eintrittspreisen, über 20,- Euro sprechen eher finanzstarke Zuschauer an. Die Vorführungen sollen Erlebnis-Charakter bieten inklusive Service am Platz, weshalb zwischen den Stuhlreihen und den einzelnen Sitzen auch reichlich Platz vorhanden ist.
Sondernutzung

Zusätzlich zu den Kinovorführungen bieten sich die Lounge-Kinos auch als Event‑Location für Presse‑Vorführungen, private Screenings, Hochzeiten usw. an. Damit werden die Säle auch außerhalb der üblichen Kinospielzeiten genutzt, was zusätzlichen Umsatz generiert. Lounge-Systeme erfordern zudem hohe Investitionen: Komfortable Einrichtung, qualifiziertes Personal, hochwertige technische Ausstattung wie Dolby Atmos und mehr.
In Deutschland hat sich die Astor Film Lounge zu einem Erfolgsmodell im Bereich Premiumkino entwickelt. In Hamburg eröffnete die Astor Film Lounge HafenCity (Hamburg) Ende 2018 mit 3 Sälen und 419 Sitzplätzen und hatte bereits im ersten Jahr über 200.000 Besucher. Nach Hamburg eröffnete Astor weitere Lounges in Städten wie München, Frankfurt, Berlin, Braunschweig und Hannover. Anders als klassische Kinos setzen die Lounge-Kiinos auch auf Events & Konzertübertragungen, was zusätzliche Publikumsschichten anspricht . Grundsätzlich werden die Lounge-Kinos nur in Städten und Lagen eingerichtet, an denen eine finanzkräftige Kundschaft anzutreffen ist. Die Cineplex-Gruppe zu der auch die Astor Film Lounges gehören hat mit ihrem "Ultimate"-Sälen zusätzlich Säle mit besonder hochwertiger Projektion und Bestuhlung im Angebot. Und auch andere Kinoruppen, zum Beispiel Kinopolis, betreiben Lounge-Kinos, wie den Münchner Gloria Palast am Stachus (Karlsplatz).
Filmauswahl

Und wie steht es um die Qualität der Filme, um die Programmauswahl? Nun der Blick in die Programme lässt eines klar werden,- Mainstream regiert, Arthouse kommt praktisch nicht vor. Es sind vor allem Hollywood-Blockbuster, Deutsche Erfolgsfilme, Oscar-Kandidaten und Preisgewinner, so sie denn attraktiv genug sind. Kein Wunder bei den Investitionen und dem finanziellen Erfolgsdruck. Die Filme müssen auch außerhalb der Lounge-Kinos stark beworben und geeignet sein, nebenher Speisen und Getränke zu konsumieren. Oder um es anders zu formulieren,- das Programm ist hochwertig, aber wirtschaftlich kalkuliert kuratiert. Arthouse ist theoretisch willkommen – solange es sich rechnet. Der eigentliche Film wird dabei ein wenig zur Nebensache, die Wohnzimmer-Wohlfühl Atmosphäre soll es richten, was an Filmkultur in Europa gerade den Bach runtergeht. Kann das gut gehen? Gefragt sind also sichere Publikumsfilme, was gleichzeitig bedeutet, dass Experimentelles, Nischenfilme und anspruchsvolle Filmkultur weiterhin dringend auf klassische Programmkinos angewiesen sind. Müssen nicht allmählich bei den Kulturpolitikern alle Alarmglocken läuten, dass Kino genauso gefördert werden muss wie Oper, Ballett oder Schauspiel. Sonst verlieren wir einen der wichtigsten Orte für Filmkultur.
Gegen das Kinosterben können die Lounge-Kinos nur bedingt etwas ausrichten. Was sie vielleicht schaffen, ist,- dass sie ein neues Publikum erschließen und neue Gewohnheiten der Freizeitgestaltung etablieren. Sie erreichen Zielgruppen, die vielleicht nicht mehr ins „normale Kino“ gehen würden und positionieren das Kinoerlebnis als alternative, hochwertige Abendgestaltung, wie ein Restaurantbesuch, ein Konzert oder Ähnliches.

