MC18 NOV17x2

Open menu

Social Media Icons Shop 55

Messer Hand 500 

Wenn wir ins Kino gehen, möchten wir vor allem eines: bewegt werden. Wir wollen mit dem Protagonisten erfahren, wie es ist, von seiner ewigen Liebe verlassen zu werden, wir wollen die Freude fühlen, wenn sie wieder zu ihm zurückkommt. Wir wollen uns aber mit wahrscheinlich ähnlicher Intensität vor dem bleichgesichtigen, kahlköpfigen Frauenmörder fürchten und mit der obligatorischen Gruppe Opfer, mit denen wir uns identifizieren können, um deren Leben rennen. Angst ist, wie Hass oder Liebe, eine gewichtige Emotion, die das menschliche Bewusstsein entscheidend prägt. Und weil Angst eine Emotion ist, die in der realen Welt einen durchaus berechtigten, in der Regel unangenehmen Grund haben kann, genießen wir es, im Kino zu sitzen, um dort in einer anderen Welt gemütlich und folgenfrei Angst haben zu dürfen.

 

Stumme Monster

 

Über die Lust am Angsthaben wurde man sich schon in der Pionierzeit des Mediums Film bewusst. Und zwar in Deutschland. 1920 kam Robert Wienes Stummfilm „Das Kabinett des Dr. Caligari“ in die Kinos und konfrontierte sein Publikum mit Visionen des Verlusts der Kontrolle und des Wahnsinns. Thematik wie Machart des Films stehen ganz im Sinne des Expressionismus, der nun sein künstlerisches Wirkungsfeld auch auf die Kinoleinwand projizierte. Besonders erwähnenswert sind die Bauten Hermann Warms, die perspektivisch verzerrt wesentlich zu der surrealen Stimmung des Films beitragen.

 

Das Genre des Vampirfilms etablierte sich nur zwei Jahre später ebenfalls in Deutschland mit dem Film „Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“ (1922) von F. W. Murnau. Dieser Stummfilm ist eine nicht autorisierte Adaption des Romans "Dracula" von Bram Stoker. Die schauspielerische Präsenz des Hauptdarstellers Max Schreck verstörte das Publikum der Zwanziger Jahre derart, dass es annahm, der Schauspieler sei tatsächlich ein Vampir. Mit diesem Gedanken spielt im Übrigen die gelungene Horrorkomödie „Shadow of the Vampire“ (2000), in der John Malkovich Murnau und Willam Dafoe Max Schreck darstellt.

 

Monster en masse

Weitere Meilensteine des Horrorfilms wurden dann jenseits des großen Teichs in der Goldenen Ära Hollywoods, den Dreißiger Jahren, gesetzt. Den Start machte 1931 Tod Brownings Tonfilm "Dracula" mit Bela Lugosi in der Titelrolle. Allein dessen extrem starker ungarischer Akzent verbreitete Angst und Schrecken in den Kinosälen seiner Zeit. Nach diesem kommerziell sehr erfolgreichen Gruselschocker leckte Universal Pictures Blut und startete eine Serie von Monsterfilmen, wie zum Beispiel „Frankenstein“ (1931) mit Boris Karloff in der Rolle des erweckten Monsters, „The Mummy“, ebenfalls mit Boris Karloff in der Rolle eines weiteren erweckten Monsters, und etwas später „The Wolf Man“ (1941) mit Lon Chaney, Jr. Die Kinoleinwand war bis zum Rand gefüllt mit unsichtbaren Männern, ungelenken Riesenaffen, durchgeknallten Wissenschaftlern und untoten Aristokraten. In den Vierziger Jahren schreckten die Studios nicht einmal davor zurück, Monsterkombinationsfilme wie „Frankenstein Meets The Wolf Man“ (1943) zu produzieren. In „The House of Frankenstein“(1944) und „The House of Dracula“(1945) gesellte sich gar zusätzlich Graf Dracula zu dem konkurrierenden Zweiergespann.

 

Diese klassisch gestrickten Horrorthemen fanden in den späten fünfziger und den sechziger Jahren ihre Fortsetzung in einer aufgepeppten Fassung: Die britische Filmproduktionsfirma HAMMER FILMS landete 1957 mit „The Curse of Frankenstein“ einen Welthit und machte die Schauspieler Peter Cushing (Frankenstein) und Christopher Lee (Die Kreatur) über Nacht zu Stars. In den Folgejahren lief die Produktion von B-Horror-Filmen in den Hammer-Studios auf Hochtouren. Von den Kritikern verachtet und von Publikum geliebt etablierten sich die Hammer Filme als Garant für Schock und Schauer.

 

Was die Hammer-Studios in England waren, repräsentierte Roger Corman zu dieser Zeit in den USA. Auch er produzierte kostengünstig Gruselfilme am laufenden Band, weshalb er verdientermaßen als „King of the Bs“ (König der B-Filme) in die Filmgeschichte eingegangen ist. Nach dem kommerziellen Erfolg von „House of Usher“ (1960) produzierte Corman eine Reihe weiterer Edgar-Allen-Poe-Verfilmungen, durch die z. B. Vincent Price und Jack Nicholson zu Stars wurden.

 

Monster im Kopf

1960 ist für die Geschichte des Horrorfilms ein äußerst wichtiges Datum: Alfred Hitchcocks „Psycho“ erblickte das Licht der Kinoleinwand und alles veränderte sich. War man es davor gewohnt, sich vor klassisch-fantastischen Gestalten wie Vampiren, Werwölfen und Konsorten zu gruseln, wurde auf einmal die menschliche Psyche die Quelle der Angst. Nach und nach verschwanden also die tapsigen Monster und machten Platz für messerschwingende Ideal-Schwiegersöhne. Im gleichen Jahr lief auch Michael Powells „Peeping Tom“ an, in dem die subjektive Kamera dafür sorgt, dass der Zuschauer aus der Sicht eines jungen Serienkillers zum Voyeur wird. Neben Hitchcock verstand es besonders der polnische Regisseur Roman Polanski, sein Publikum mit Filmen wie „Repulsion“ (1965) und „Rosemary's Baby“ (1968) mit dem zu schockieren, was es nicht sieht, sondern sich vorstellen muss.

 

Schlitzende Monster

In den Siebziger Jahren wurde diese filmideologische Formel einfach herumgedreht: Schocken durch möglichst detaillierte Darstellung von Gewalt. Der diesem Credo folgende Film „The Texas Chainsaw Massacre“ schuf 1974 das Genre des Splatterfilms, welches dann 1978 mit John Carpenters „Halloween“ um das Sub-Genre „Teenie-Splatterfilm“ (oder auch „Teenie-Schlitzer“) erweitert wurde. Im Grunde besann man sich hier zurück auf die einfache Formel der frühen Monsterfilme; lediglich die im Nachtwind wehenden Röcke der Opfer wurden kürzer, die Opfer an sich jünger und die Monster Psychopathen. Dieses Gerüst erwies sich als derart ertragreich, dass man in den Achziger Jahren dem Fortsetzungskult bewehrter Konzepte bis ins Unendliche frönte: Neben Fortsetzungsreihen wie „Friday the 13th“ und „Nightmare on Elm Street“ von Wes Craven existieren allein acht Halloween-Filme. Mitte der Neunziger Jahre erlebte der Teenie-Schlitzer mit dem Film „Scream“ (1996) eine Renaissance, indem er seine einfache Struktur entlarvte und somit die ohnehin von vorn herein gegebene unfreiwillige Komik bewusst einsetzte.

 

Ein weiteres wichtiges Element im Horrorfilm ist der Glaube. William Friedkins „The Exorcist“ (1973) lies z. B. den Teufel höchstpersönlich in den Körper eines unschuldigen Mädchens schlüpfen und „The Omen“ (1976) spielte mit dem Gedanken, Luzifer den apokalyptischen Weltuntergang auf wirtschaftlichem Wege erreichen zu lassen. Besonders diese beiden Filme zeigen, dass es in der Welt der Horrorfilme eben doch nichts Böseres gibt, als das Böse an sich.

 

Man sieht also, dass der Horrorfilm eine Geschichte hat, die bis an den Ursprung des Filmemachens zurückreicht. Schon lange ist der Horrorfilm nicht mehr aus den Kinos wegzudenken. Erfolge wie „The Sixth Sense“ (1999) und „The Others“ (2001) oder auch die Persiflagen in der "Scary Movie"-Reihe zeigen, dass das Geschäft mit dem Gruseln nach wie vor bestand hat. Denn im Kino Angst haben macht einfach Spaß.

Daniel Vogelmann

Neu im Shop

Kameraworkshop Banner 8 23 4000

Dokumentarfilm Kurs 4000 small

Weitere neue Artikel

Serien und Reihen funktionieren über das Wiedererkennen von Personen. Doch was, wenn die Schauspieler unterwegs ausgetauscht werden?

Zu den großen Ton-Herausforderungen an Filmsets gehören sich überlappende Dialoge. Wie nimmt man sowas eigentlich auf?

In Zeiten von Remote-Schwenkköpfen werden Aufnahmesituationen mit fernbedienten Kameras immer häufiger. Aber ist das überall möglich und sinnvoll?

Wenn Redakteure, Regisseure, Produzenten sich nach vielversprechenden Gesprächen nie mehr wieder melden...

Wer Location Sound aufnimmt, braucht professionelle Taschen, um sich so etwas wie ein kleines Tonstudio um den Hals hängen zu können...

Vor der Filmmischung müssen Tonspuren fast immer noch optimiert werden, aber das geschieht natürlich nicht mit einem Schwamm...

Noch immer sind sie der Standard an den meisten Filmsets, doch sind sie wirklich immer und überall sinnvoll?

Was muss man bei professionellen Kleinmischpulten beim Pegeln, also dem Einstellen der Regler bedenken? Wo zeigen sich Qualitätsunterschiede?

Ein Klassiker beim Maskenbild, insbesondere bei Fantasy, Märchen oder Grusel, sind Latex oder Silikon Masken und Ergänzungen

Adobe hat sich die Audio-Bearbeitung von Premiere Pro vorgeknöpft und spannende Verbesserungen im Workflow integriert

Welcher Streaming Dienst bietet Filmfans eigentlich die meisten Kinotitel? Eine schnelle Entscheidungshilfe...

Die reale Welt aussehen lassen wie eine Spielzeugwelt? Wie macht man das und was muss man dabei bedenken?