Wildlife Filme sind heutzutage so anspruchsvoll und beeindruckend, dass dagegen die klassischen Tierfilme früherer Zeiten wie aus einer anderen Epoche wirken. Was vor allem beeindruckt, ist die absolute Nähe, aus der die Kameras die eigentlichen Hauptprotagonisten, die Tiere, aufnehmen konnten. Während früher Tarnzelte, Verstecke oder besonders lange Brennweiten die einzigen Mittel waren, um den Zuschauer*Innen die Tierwelt optisch näher zu präsentieren, stehen heute ganz andere Hilfsmittel zur Verfügung. Wie ferngesteuerte Kameras und Animatronics die phantastische Nähe bei Aufnahmen von Wildtieren erst möglich machen.
Intelligente Attrappen
Einer die Pioniere in diesem Bereich ist der britische Tierfilmer John Downer, der anfänglich mit beweglichen, fahrbaren Stein,- und Pflanzenattrappen in denen Kameras versteckt waren, gearbeitet hat. Seine für die BBC öfter auch in Zusammenarbeit mit Sir David Attenborough produzierten und vielfach ausgezeichneten Wildlife Filme zeichneten sich durch eine große Nähe zu den Tieren aus. Nach und nach arbeitete Downer auch immer öfter mit Tierattrappen, die er "Spy Creatures" taufte. Bereits bevor es Flugdrohnen gab, stattete er Modellflugzeuge mit Kameras aus um etwas Geiern im Flug näher zu kommen. Dabei arbeitet Downer vor allem mit dem Animatronic-Designer John Nolan zusammen, einem Meister seines Fachs. Er hat in seine tierischen Modelle teilweise über 30 Stellmotoren eingebaut, die natürliche Bewegungsabläufe und sogar Mimik der Tiere nachempfanden.
Mit Wildtieren auf Augenhöhe, in unmittelbarer Nähe Aufnahmen machen, das ist eine Herausforderung, welche durch Animatronics, ferngelenkte, mechanisch, pneumatisch und elektronisch gesteuerte Tierattrappen mit Kameras besonders gut möglich sind. Der Begriff stammt aus dem Englischen und setzt sich aus "Animation" (künstlicher Bewegung) und "Electronic" Elektronik) zusammen. Die Kameras werden zumeist dort eingebaut, wo sich die Augen echter Tiere befinden und sind in HD, 4K oder 8K Aufllösung. Die für Filmzwecke konzipierten Animatronics haben neben Kameras und Mikrofonen oft auch Lautsprecher, sie imitieren die Bewegungsabläufe der Tiere und geben Tiertypische Lockrufe von sich. Diese Nachbauten irritieren die echten Tiere kaum bis gar nicht, sie werden häufig neugierig untersucht und gar nicht selten als Artgenossen akzeptiert.
Große Bandbreite
Attrappen von Elefanten können etwa den Rüssel und die Ohren bewegen und typische Elefantenrufe aussenden. Nachgebaute Schildkröten können kriechen, laufen und tauchen, Wildschweine, Affen, Tigerbabys, Eisbären, Aligatoren,- die Bandbreite der täuschen echt gefertigten beweglichen Säugetierattrappen ist beeindruckend. Sollen Vögel gefilmt werden, kommen häufig als Vögel kaschierte Flugdrohnen zum Einsatz. Umgestilte Drohnen, die ihren fliegenden Artgenossen gleichen. Mit Federkleid, nachgebautem Kopf und Schnabel sowie Schutzgittern über den Rotoren der Drohne, können SIe sich als Pelikane, Geier, Kolibris, Möven, Pinguine, Flugenten und mehr, unter die echten Vögel mischen, mit ihnen fliegen, aber auch ihre künstlichen Beine ausfahren und an Orten landen, die man als Mensch nicht betreten könnte, ohne dass ganze Vogelschwärme aufgescheucht wegfliegen würden. Dank fortschreitender Miniaturisierung können solche Flugdrohnen-Vögel sehr klein und leicht hergestellt werden. Dabei können Sie natürlich nicht nur die Artgenossen ihrer als Tarnung modellierten Tierart beobachten, sondern auch alle anderen Tiere, die nicht gerade ihre Fressfeinde sind. So können fliegende Animatronics auch fliegende Insekten, Schmetterlinge etc. beobachten.
Für Aufnahmen in der Unterwasserwelt werden alle Arten von Fischen, wie Rochen, Haie oder Delphine nachgebaut. Mit diesen Methoden kommt man der Erlebniswelt von Tieren erstaunlich nahe. Natürlich kann es auch vorkommen, dass vor allem gefährliche Raubtiere die künstlichen Artgenossen als Feinde oder auch als potenzielle Beute wahrnehmen und gegen diese kämpfen. Wer mit Animatronics arbeitet muss den Teil,- oder Totalverlust der Einrichtung stets mit einkalkulieren. Manchmal kommt es auch zu ungewollten Kollisionen mit Vögeln im Flug oder Fischen im Schwarm, es gibt eine Reihe von Unbekannten bei dieser Arbeit. Deshalb sollte man auch stets mehrere solche Modelle mitführen um im Bedarfsfall Ersatz zur Verfügung zu haben. Gar nicht selten verwenden Tierfilmer auch mehrere unterschiedliche Animatronics parallel, um aus der Luft, vom Boden aus und vielleicht sogar unter Wasser verschiedene Kameraperspektiven bei der Beobachtung einer Situation aufnehmen zu können.
Die Animatronics sind nicht billig, die Herstellung kann viel Zeit in Anspruch nehmen,- die sorgfältige Beobachtung arttypischer Bewegungsmuster eingeschlossen,- doch der Aufwand lohnt sich. So nah sind Tierfilmer nie zuvor an ihre tierischen Hauptprotagonist*Innen gekommen und so intensiv konnten Zuschauerinnen noch nie am Leben von Tieren teilhaben. Ob es die Geburt, Aufzucht von Jungtieren, ob es Paarungsrituale oder auch Kämpfe in der Tierwelt sind,- so vieles, wobei Tiere niemals die Nähe des Menschen akzeptieren würden, kann dank Animatronics Technologie hautnah gefilmt werden.