Ein neues, medienübergreifendes Genre schickt sich an, nicht nur die Literatur und die Mode, sondern auch das Kino zu erobern. Was steckt dahinter? Das neue Genre ist eigentlich gar nicht so neu, doch es hat in den sozialen Medien, allen voran TikTok, eine gewisse Renaissance erlebt und vor allem auch einen Überbegriff erhalten. Ausgangspunkt für dieses Genre ist eine romantische Bewunderung für die Mode- und Einrichtung an englischen Eliteuniversitäten sowie deren Pendents an US-Neuengland-Bundesstaaten. Damit einher geht ein sehr bürgerlicher Kleidungsstil, Schuluniformen, karierte oder dunkel unifarbene Kleider, Röcke, klassische Anzüge und Schuhe sowie Tweedjacken. Gerne verwendet werden auch eigentlich überholte Gegenstände wie Füller, Tintenfass, Schreibmaschinen, Schachbrett, getrocknete Blumensträuße, oder bei Briefen und Schriftstücken Wachssiegel.
Entsprechend werden als Drehorte gerne alte Privatschulen und Internate, als Filmausstattung alte Bibliotheken mit dunklen neugotischen Möbeln mit reichlich Patina bevorzugt. Hier können die Requisitenbauer sich austoben. Schummriges Licht ja idealerweise auch Kerzenschein werden bevorzugt, passend zu alten Ledersesseln und ganzen Regalwänden voller alter Bücher. Bei Außenaufnahmen darf es ruhig auch mal ein wenig Nebel sein. Vor allem die Bekleidung der 1930er- und 1940er-Jahre der Studenten von altehrwürdigen Universitäten wie Oxford, Camebridge oder Yale dient hier als Vorbild und Inspirationsquelle. Dazu passend ist die Farbpalette eher dunkel abgestimmt. Mahagonibraun, Schwarz und dunkles Grün bilden die Basis, die gerne mit kleinen Farbakzenten wie einem dunklen Rot oder Blau akzentuiert werden. Hemden, Blazer, Röcke und Hosen aus Wolle und Tweed getragen mit Krawatten unterstützen das gloomy Gefühl. Dr. Martens Schuhe oder klassische Oxford-Schuhe werden bevorzugt. Und auch die Tugenden der früheren Zeiten, wie Wissensdurst, Fleiß, ein neues Interesse für Kunst, Poesie und Literatur gehören zu den neuen Werten der Dark Akademia-Fans.
In der Literatur gibt es Geschichten, die an englischen Colleges oder noch besser, an englischen Internaten spielen, mit Titeln oder Reihen wie „Dark Elite“, „Echtzeitalter“, „Alex Stern“ oder „Sandover Prep“ schon länger. Im Kino setzt sich dieser Trend mit leichter Verspätung durch. Längst haben die Hollywood-Entscheider bemerkt, dass da ein Trend in den sozialen Netzwerken gedeiht, der potentielle Zuschauerströme generieren könnte. Auch die LGBTQ Community fühlt sich nicht zuletzt wegen der weitgehend geschlechtsneutralen Kleidung von diesen Filmen angesprochen.
Sicherlich haben hier auch die Harry Potter Verfilmungen eine gewisse Hinwendung zum klassischen England aufgebaut, welche die jungen Erwachsenen, die damals Harry Potter schauten, nun in anderen, teilweise düsteren Geschichten fortschreiben. Millionen von Kindern hofften insgeheim, an ihrem 11. Geburtstag einen Brief Brief aus Hogwarts zu erhalten. Sie wollten auch auf Besenstielen durch historische englische Internate fliegen, Schuluniformen tragen und dicke Bücher wälzen. All diese Kinder sind inzwischen Erwachsene die nach neuen, anderen Geschichten Ausschau halten. Vielleicht gibt es dort ja auch wieder die eine oder andere Geheimtür?
Filme
- "Picknick am Valentinstag" (Peter Weir, 1975)
- "Maurice" (James Ivory, 1987)
- "Der Club der toten Dichter" (1989)
- "Die geheime Geschichte" (1992)
- "Cruel Intentions" (Roger Kumble, 1999)
- "The Skulls" (Rob Cohen, 2000)
- "Harry Potter" Filme (Chris Columbus, Alfonso Cuarón, Mike Newell, und David Yates, 2001 - 2011)
- "Brideshead Revisited" (2006)
- "Die History Boys – Fürs Leben lernen" (Nicholas Hytner, GB 2006)
- "Dorian Gray" (Oliver Parker , 2009)
- "Kill Your Darlings – Junge Wilde" (2013)
- "The Magicians" (Sera Gamble and John McNamara, 2015 - 2020)
- "Sex Education" (GB 2019)
- "Chilling Adventures of Sabrina' (Roberto Aguirre-Sacasa, 2018 - 2020)
- "A Discovery of Witches" (2018 - 2022)
- "Tolkien" (Dome Karukoski, 2019)
- "The Goldfinch" (2019)
- "Wednesday" (Alfred Gough and Miles Millar, 2022 - )
- The Holdovers (Alexander Payne 2023)
- Miller`s Girl (Jade Halley Bartlett, 2023)
- "Saltburn" (Emerald Fennell, 2023)
Sicherlich schwingt bei all dem auch eine Menge Nostalgie mit. Das wiedererstarken der Klassik als Revival und die Oxford-Schuhe, die Intensität vonTeenager-Emotionen und Pheromonen, alles, was einem als jungem Menschen passiert, ist nahezu übernatürlich wichtig, jede Freundschaft, die gelingt oder auch zerstört wird ist lebensbestimmend. All das und noch viel mehr ist der Stoff aus dem die Dark Academy Filme gestrickt sind. Noch ist die Zahl der Filme überschaubar, doch eine größere Anzahl ist offenbar in der Entwicklung oder auch schon in Produktion. Und die Schar der Fans wird immer größer...