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Autocrash 4000

 

Im Film geht es, wenn man gängigen Dramaturgien glaubt, darum, Protagonisten Hindernisse in den Weg zu legen, ja manchmal sogar in extreme Krisensituationen zu bringen. Autounfälle werden da nicht selten zum Auslöser oder auch zum Schlusspunkt eines Dramas.

Nächtliche Fahrten, übermüdete Fahrer, heftiger Streit mit den Beifahrern, drängelnde, dicht auffahrende Psychopathen im Rückspiegel, enge Kurven, mörderisches Tempo, abgedrängt werden, Abgründe, Schluchten, sich überschlagene, brennende Fahrzeuge... oder auch dieser eine kurze Moment der Unaufmerksamkeit, der ein oder mehrere Leben zerstören kann. All dies und mehr ist der Stoff aus dem dramatische Entwicklungen gewebt werden.

Was den Autounfall für viele Filmerzähler so attraktiv macht ist die Tatsache, dass man da keine großen Begründungen, Entwicklungen etc. braucht, der Unfall kann ganz einfach von einem auf den anderen Moment passieren. Plötzlich vom Himmel fallen quasi. Das ist so ein wenig wie der Flaschengeist der plötzlich aus der Flasche freigelassen ist. Einerseits praktisch für die Drehbuchautor*Innen, andererseits aber auch abhängig von der Erzählkraft der Geschichte. Die Gefahr, dass einem vorgeworfen wird, dass man den Unfall nur als billiges Mittel der Dramatisierung oder weil einem schlicht nichts besseres eingefallen ist, verwendet hat, ist groß.

Und die Folgen können innerhalb einer riesigen Bandbreite variieren. Menschen können sich durch winzige Schrammen an ihren Autos kennelernen und verlieben, sich zerstreiten, können sich bei einem Unfall schuldig machen, ja sogar zum Mörder werden, können ihr eigenes Leben oder dass ihrer Liebsten verlieren. Ein Autocrash kann Leben von einem auf den anderen Moment massiv verändern.

Und weil so viele Menschen in ihrem realen Leben Auto fahren, Unfälle beobachtet oder selbst erlebt haben, ist den meisten von uns bewusst, wie existenziell so etwas sein kann. Entsprechend empathisch sind Zuschauer auch bei derartigen Szenen.

 

Unfall als Erzählelement

Autocrash 4000

 

So kommt es, dass Autounfälle in vielen Filmen eine zentrale Rolle einnehmen, gar nicht selten sogar als Schlüsselmoment für die Handlung dienen. Bereits die Nouvelle Vague in Frankreich setzte Autounfälle intensiv dramaturgisch ein und auch in zahlreichen James Bond Filmen wurde viel Karosserieblech zerstört. Und auch das aktuellere Kino hat immer wieder mit dem Autounfall als Erzählelement gearbeitet.

Man denke nur an "Crash" (Regie: Paul Haggis, USA 2004) in welchem mehrere der Hauptprotagonisten Unfälle miterleben oder verursachen. Oder "Death Proof" (Regie: Quentin Tarantino, 2007) über einen psychopathischen Stuntfahrer, der Frauen in gefährliche Autounfälle verwickelt. Oder an "Drive" (Regie: Nicolas Winding Refn, USA 2011) über einen Fluchtwagenfahrer, der in Dinge verwickelt wird, die er nicht absehen konnte und Autounfälle und Verfolgungsjagden erlebt. 

Eine zentrale Bedeutung hat ein Autounfall in In "Amores Perros" (Regie: Alejandro González Iñárritu,, USA 2000), bei dem drei miteinander verknüpfte Geschichten letztlich durch diesen Autounfall zusammengeführt werden.

Einige Regisseure lassen in ihren Filmen regelmäßig Autounfälle geschehen, Christian Petzold etwa hat schon diverse Autounfälle in seinen Filmen geschehen lassen. So beispielsweise in "Jerichow" (2008) sowie in "Wolfsburg" (2003).

Es versteht sich von selbst, dass Autocrashs sehr anspruchsvoll für die filmische Umsetzung sind und natürlich auf hohe Kosten verursachen. Einzelne Szenen mit Fahrzeugen die sich überschlagen und tiefe Klippen herabstürzen um in Flammen aufzugehen, können schnell mal das Budget eines Low Budget Films übersteigen.

 

Filmliste

  • "Un homme et une femme" (Regie: Claude Lelouch, F 1966) Der Ehemann der Protagonistin stirbt bei einem Autounfall
  • „Accident“ (1967, Regie: Joseph Losey, Drehbuch: Harold Pinter) Ein Professor wird in  einen Unfall verwickelt bei dem ein Student stirbt.
  • "Le Boucher" (Regie: Claude Chabrol, F 1970), In dem Film verursacht der Protagonist, ein Dorflehrer, einen Autounfall
  • "Les choses de la vie" (Regie: Claude Sautet, F 1970) – Der Protagonist stirbt bei einem Autounfall und lässt sein Leben noch einmal Revue passieren.
  • "Das Biest muss sterben" (Regie: Claude Chabrol, F 1972) Ein Junge wird tödlich überfahren und der Vater des Kindes findet heraus, wer Beifahrerin im Fahrzeug war, baut eine Beziehung zu ihr auf und schleicht sich in die Famile des Täters ein.
  • "Pulp Fiction" (Regie: Quentin Tarrantino, USA 1994) Hauptfigur fährt Jemand an
  • "Short Cuts" (Regie: Robert Altman, USA 1994) Serviererin fährt versehentlich Kind an, welches aus eigener Kraft nach Hause geht
  • "The Sweet Hereafter" (Regie: Atom Egoyan, 1997) Tragischer Schulbusunfall in einer Kleinstadt
  • "Amores Perros" (Regie: Alejandro González Iñárritu,, USA 2000) nach einem Hundekampf sticht eine der Hauptfiguren einen Betrüger nieder und verursacht auf der Flucht einen Autounfall. 
  • "Die innere Sicherheit" (Christian Petzold, 2000) Zum Ende des Films kommt es zu einem tragischen Autounfall
  • "Final Destination 2" (Regie: David R. Ellis USA 2003) Mit einer Massenkrambolage
  • "Wolfsburg" (Regie: Christian Petzold, D 2003) Ein Mann überfährt einen Jungen und baut aus schlechtem Gewissen eine Beziehung zu der Mutter des Kindes auf.
  • "Crash" (Regie: Paul Haggis, USA 2004) Mehrere der Hauptprotagonisten erleben oder verursachen Unfälle
  • "Death Proof" (Regie: Quentin Tarantino, 2007) Ein psychopathischer Stuntfahrer verwickelt Frauen in gefährliche Autounfälle
  • "Jerichow" (Regie: Christian Petzold, D 2008) Eine junge Frau wird von ihrem früheren Freund verfolgt und bei einer gemeinsamen Autofahrt kommt es zu einem Unfall
  • "Rabbit Hole" (Regie: John Cameron Mitchell, USA 2010) Ein KInd läuft beim Spielen vor ein Auto und stirbt. Die Eltern kommen mit dem Verlust nicht zurecht.
  • "Drive" (Regie: Nicolas Winding Refn, USA 2011) Ein Fluchtwagenfahrer wird in Dinge verwickelt, die er nicht absehen konnte und erlebt Autounfälle und Verfolgungsjagden. 
  • "Nocturnal Animals" (Regie: Tom Ford, 2016) Ein furchtbarer Autounfall löst eine Kette von schicksalhaften Ereignissen aus
  • "Pet Sematary" (Regie: Kevin Kölsch, Dennis Widmyer, USA 2019) Ein Kind stirbt bei einem Autounfall, was bei den Eltern ungeahnte Folgen hat.

 

Natürlich kommt es auch in allerlei anderen Filmen zu Unfällen, man denke nur an Verfolgungsjagden wie bei "French Connection" und anderen Filmen. Da gehört das krachende Autoblech quasi zum Verfolgen dazu, doch diese Unfälle haben nicht diese intensive und schicksalhafte erzählerische Tiefe wie bei den oben genannten Filmen.

All diese Beispiele belegen mehr als eindrücklich, welche emotionale, physische und erzählerische Kraft Autounfälle im Film besitzen können. Damit werden sie zu Katalysatoren für dramatische Entwicklungen. Die Folgen eines Autounfalls bis hin zum Tod eines Kindes werden in Filmen als massive emotionale und dramatische Handlungsmomente genutzt, und stoßen existenzielle Themen wie Trauer, Schuld, Rache und natürlich die Zerbrechlichkeit eines Lebens eindrücklich an.

 

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