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Der neunte Tag

Daten

Der neunte Tag

97 Min., Drama, Deutschland/Luxemburg 2004

REGIE: Völker Schlöndorff
DREHBUCH: Eberhard Görner, Andreas Pflüger

KAMERA: Tomas Erhart

SCHNITT: Peter R. Adam

MUSIK: Alfred Schnittke
DARSTELLER: Ulrich Matthes, August Diel, Hilmar Thate

 

Regie: Völker Schlöndorff

Kinostart: 11. November 2004

Es fällt einem schwer, Filme zu diesem nicht gerade einfachen Thema zu beurteilen, doch sie regen auf jeden Fall zum Nachdenken an. Wenn man die ersten Bilder des neuen Volker Schlöndorff Filmes "Der Neunte Tag" sieht, ist einem nach Weinen zu Mute. Dennoch heißt es nicht, wenn man so einen Film dreht, dass er zwanghaft ein Erfolg beim Publikum sein muss, nur weil er von dieser schrecklichen Zeit handelt und man den Mut gezeigt hat, endlich die ewigen Tabus zu brechen. Schlöndorff wagt sich, diesen schweren Stoff zu verfilmen. Er greift dabei die Geschichte eines Priesters aus zigtausend menschlichen Tragödien heraus.

Die Geschichte handelt von einem Pfarrer, der während des Zweiten Weltkrieges im "Pfarrerblock" des KZ Dachau interniert war. Der Plot ist interessant und irgendwie einzigartig, weil die Rolle der Kirche im Dritten Reich noch nicht so deutlich wie in "Der Neunte Tag" thematisiert wurde. Den Einfluss der Kirche darf man nicht unterschätzen. Die ungeheure Macht des Glaubens spielte schon immer in der Weltgeschichte die tragende und entscheidende Rolle. Wer die Kirche an seiner Seite hatte, besaß das Privileg den menschlichen Verstand zu beeinflussen, wenn gar zu manipulieren. Aus diesem Grund wird vom jungen karrieresüchtigen Gestapo-Chef Gerbhardt von Luxemburg (August Diel) ein Priester Namens Kremer (Ulrich Matthes) ausgesucht. Kremer genoss einen guten Ruf in Luxemburg und hatte nach der Meinung der Nazis womöglich einen starken Einfluss auf den Bischof. Die Aufgabe des Abbés Kremer, bei der es um seine Existenz geht, ist es den Nazis zur Kooperation mit der katholischen Kirche zu verhelfen. Er bekommt dafür neun Tage "Urlaub" vom KZ, die zu den schwierigsten neun Tagen seines Lebens werden. Er wird vor eine Entscheidung gestellt: Entweder begeht er Verrat an seinem Glauben und damit an sich selbst, sorgt dadurch aber für das Wohlergehen seiner Familie und rettet das Leben seiner Leidensgenossen im Lager oder er kehrt wieder in dieses erbarmungslose und menschenverachtungsvolle Dasein zurück, um da weiter vor sich hin zu vegetieren und vielleicht zu sterben.

Wenn Menschen in extreme Situation gedrängt werden, in denen sie um ihr Leben fürchten müssen, mutieren sie zu Tieren, die wie jedes andere Leberwesen um das eigene Überleben kämpfen. Doch genau dafür wurde uns der Verstand gegeben, damit wir uns nicht nur um unser physisches Wohlergehen kümmern, sondern auch versuchen die geistige und moralische Seite des Lebens nicht zu vergessen. Kremers Konflikt mit seinem Gewissen bereitet ihm ein größeres Leiden, als die Erniedrigungen, Hunger und Qualen im Lager. Der Mensch kann viel auf sich nehmen und aushalten, das hat die Geschichte der Menschheit schon bewiesen, doch seine inneren Dämonen sind die schlimmste Plage für ihn.

Neun Tage hat der junge Gebhardt aus seinem Gegner einen Verbündeten zu machen. Er ist wie die Schlange, die Kremer mit ihren süßen, samten Reden in Versuchung bringen will. Die starken Konversationen zwischen Gebhardt und Kremer entwickeln sich im Laufe der neun Tage zu einem Gedankenduell, bei dem Gebhard eiskalt und zielsicher versucht den Abbé mit allen Mitteln zu überzeugen und ihn zum Zweifeln zu bringen. Doch als Gerbhardt versteht, dass seine Bemühungen nicht ausreichend sind, in so einer kurzen Zeit diesen Menschen von seinem Glauben abzubringen, greift er zu effektiveren Mitteln, die die Familie von Kremer in Gefahr bringen. Die Entscheidung bleibt allein dem Priester überlassen. Wird er zum Judas und verrät alles was ihm heilig ist und rettet damit sein Leben?

Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit. Das Drehbuch ist frei nach dem autobiografischen Bericht von Jean Bernard "Pfarrerblock 25487" entstanden. Das erstaunliche ist, dass man am Ende nicht traurig ist und sogar die eine oder andere Träne vergießt, wie es bei vergleichbaren Filmen dieses Genres zu erwarten ist. Man geht im Gegenteil am Ende mit einem Funken von Hoffnung und spürt die geistige Erleichterung des Hauptprotagonisten. Schlöndorff ist natürlich ein Wagnis mit solch einem Thema eingegangen, mit dem sich bisher nur wenige deutsche Filmemacher auseinander gesetzt haben. Er schmeißt nicht mit Vorurteilen um sich, sondern führt den Zuschauer eher vorsichtig bisweilen sogar zurückhaltend durch einige Stellen in seinem Film. Diese düstere Zeit sollte als wirkungsvolle Kulisse für den moralischen Konflikt eines Menschen dienen der mit seinem Gewissen ringt. Doch schon die Entscheidung des Regisseurs diesen Stoff zu verfilmen, zeigt seinen Standpunkt und seine Einstellung zu den tragischen Geschehnissen, die während des Zweiten Weltkrieges passiert sind.

 

Gesehen von Xenia Sigalova

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