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Die filmArche im Gespräch. Raoul Kevenhörster sprach mit Caspar Schleicher.

 

Dollyfahrt 

 

Raoul Kevenhörster   Die filmArche in Berlin kennt für ihre Studenten keine Trennung von Studium, Lehrtätigkeit und Ausübung von Verwaltungsaufgaben. Auch bietet die alternative FIlmschule keine staatlich anerkannten Abschlüsse. Seit der Gründung in 2001 überzeugt die filmArche mit ihrem faszinierenden Konzept aus Studium, Mitbestimmung und Austausch, Der Erfolg kann sich sehen lassen. Mehrere Filme von AbsolventInnen erhielten bereits Preise auf internationalem Parkett. Tendenz steigend.

 

Wie lautet das Motto der filmArche? Was macht Euer Bildungskonzept einmalig?

 

Caspar Schleicher   Bei uns lernst du, was du an allen Filmschulen lernst, das Besondere ist die Selbstorganisation: Alle, die hier lernen, lehren und verwalten auch. Es gibt keine Noten, keine Chefs, keine Konkurrenz. Du lernst von deinen Mitstudierenden und gibst selbst Unterricht. Andere Dozierende suchst du aus und lädst sie ein. Neben dem Studium bringst du dich für die Schule ein. Dafür machst du etwa die Website, kümmerst dich um die Technik, fährst zu Festivals oder organisierst Kooperationen mit Filmschulen weltweit. Mit einem Unterrichtstag, offenen Lehrveranstaltungen und dem Engagement für die Schule kommst du auf ca. 20 Stunden Aufwand pro Woche. Hier arbeiten alle für alle, dadurch findet man immer ein Team und erfährt viel Dankbarkeit.

 

Die wichtigsten Entscheidungen, die Schule betreffend, werden auf einer der beiden Mitgliederversammlungen pro Jahr getroffen. Die wichtigsten Gremien sind Vorstand und Studienleitung, die aus aktiven und ehemaligen Studierenden bestehen. Bei jeder MV kann man sich bewerben, um in ihnen aufgenommen zu werden. Die Hierarchien sind flach und die Strukturen durchlässig.

 

Wir haben kein Motto, aber einen Untertitel: „Die größte selbstorganisierte Filmschule Europas“, was wir mit 135 aktiven und 90 passiven Mitgliedern erreichen.

 

 

 

R.K.   Welche Schwerpunkte gibt es Allgemein, welche sind aktuell, welche sind angedacht?

 

Sch. Studieren kann man in den Fächern Produktion, Montage, Drehbuch, Kamera, Regie und Dokumentarfilmregie. Die Komitees und Gremien, in denen alle Studierenden organisiert sind, um den Verein am Laufen zu halten, sind zu viele, um sie aufzuzählen. Das jüngste Komitee ist das Diversity Komitee. Wenn du das Gefühl hast, dass ein Thema nicht bedacht wird oder etwas nicht richtig organisiert ist, dann liegt es an dir, das zu ändern. Die Arche ist, was ihre Mitglieder daraus machen.

 

Die Arche hat die Rechtsform eines Vereins. Ihr Zweck laut Satzung ist es, die Filmkultur und -bildung zu fördern. Das bedeutet, dass nicht nur Mitglieder hier lernen können. Abendveranstaltungen und Workshops sind öffentlich. Das Angebot erstreckt sich von Schauspielführung über die Arbeit mit 8mm Material bis zur Postproduktion. Andreas Dresen, Harun Farocki, Andres Veiel und viele andere waren als Dozierende da. Das aktuelle Programm befindet sich auf unserer Homepage.

 

 

R.K.   Überhaupt, welche herausragenden Entwicklungen gab es bisher für die filmArche inhaltlicher, räumlicher und strukturbedingter Art?

 

Sch. Die filmArche ist schon ein paar Mal umgezogen. Zuletzt mussten wir unsere Räume an der Spree verlassen, weil unser Vermieter aufgewertet hat. Jetzt sind wir in Neukölln in der Lahnstraße und haben an einem Ort genug Platz für alle Aktivitäten.

 

Strukturen, wie etwa die Regeln der Übungsfilme oder der Umgang mit Sprachvielfalt, werden immer wieder diskutiert. Dieses Jahr kann man sich das erste Mal auch in anderen Sprachen als Deutsch bewerben. Die Bewerbungsphase läuft bis 15.06.2017.

 

R.K.   Welche Einflüsse haben neuen Medien auf das Unterrichtsangebot?

 

Sch. Wir machen Filme und das Medium verändert sich immer wieder, aber die meisten glauben an den abendfüllenden Film im Kino. Aber es gibt natürlich Inputs zu Themen wie Web-Dokus oder 360-Grad-Filme. Kürzlich hat eine Gruppe von Studierenden eine Comedy-Serie für das Social Media Angebot der Uni Magdeburg dreht. Wichtig ist das Internet natürlich auch in der Unterrichtsvorbereitung – die Website von Movie-College und ebenso Lehrfilme unter Youtube können hilfreich sein. Störend hingegen wirken eher die Smartphones, die vom Unterricht ablenken.

 

R.K.   Gibt es Tendenzen, die für die fA aktuell angesagt und wirtschaftlich förderlich sein könnten? Oder eigentlich eher nicht zum Konzept der fA passen?

 

Sch. Die filmArche finanziert sich fast ausschließlich über die Mitgliedsbeiträge. Aktuell zahlst du 70 Euro im Monat. Letztes Jahr haben wir eine größere Förderung der Staatsministerin für Kultur und Medien bekommen, mit der wir unser technisches Equipment erweitern konnten. Eine regelmäßige Förderung des Vereins ist nicht in Aussicht, aber so bleiben wir unabhängig und das ist uns am wichtigsten. Wir haben einige Fördermitglieder, deren Gelder Studierenden zur Verfügung stehen, die sich den Mitgliedsbeitrag nicht leisten können. Einen Umgang mit den wirtschaftlichen Tendenzen der Filmbranche müssen die Mitglieder individuell mit sich ausmachen.

 

R.K.   Uns interessiert noch mehr zu erfahren über die Vereinsarbeit und einer Kooperation mit anderen Filmschulen, ob tatsächlich gegeben oder in Planung?

 

Sch. Es laufen diverse Kooperationen. Beispielsweise mit der Bamenda Film School in Kamerun. Es gab bereits einen Austausch und Workshopprogramme. Damit einher geht auch eine Kooperation mit dem Goethe-Institut in Kamerun. Im Mai war ein Regisseur aus Yaoundé bei uns zu Besuch und hat einen Film mit einem Team gedreht, das sich aus Mitgliedern der filmArche zusammen gestellt hat.

 

Oder mit dem Haus der Kulturen der Welt, bei dem wir Filmworkshops im Rahmen von Ausstellungen geben. Oder dem Bundesverband Jugend & Film mit dem wir ebenfalls Medienpädagogik anbieten. Oder der Linken Medienakademie bei der wir Inputs gegeben haben und ein Screening namens „Gendermania“.

 

R.K.   Zukunftsprognosen und Wünsche der filmArche, Welche habt Ihr im Besonderen?

 

Sch. Es ist erstaunlich, dass und wie gut das Konzept der Selbstorganisation funktioniert. Jahr für Jahr werden die Abläufe bei der filmArche etwas professioneller und die Filme besser. Das wird auch nochmal 15 Jahre so bleiben.

 

 

         Danke, Caspar, für das ausführliche Gespräch. Dir und der filmArche viel Erfolg!

 

 

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