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Kuhlenkampf Dreh 2 2000

Dreharbeiten für Fernsehfilm, Anfang der Achtziger Jahre mit Hans Joachim Kuhlenkampf

 

Die 70er Jahre waren für das Deutsche Kino eine besonders wichtige Phase. Während in den 60 er Jahren der Protest gegen "Opas Kino" und der Anspruch auf staatliche Förderung formuliert wurden, entstand Mitte der 70er Jahre das bis heute wichtige "Film-Fernseh-Abkommen". Kinoproduzenten, Filmförderungsanstalt sowie ARD und ZDF vereinbarten darin Eckpunkte für die Beteiligung des Deutschen Fernsehens an künftigen Kinoprojekten.

 

Wichtiger Anfang mit Schönheitsfehlern

Die finanzielle Beteiligung der Fernsehsender brachte mit sich, dass die Sender einerseits VertreterInnen in die Fördergremien entsandten und andererseits auch inhaltlich, dramaturgisch und gestalterisch durch die Mitwirkung von RedakteurInnen am Entstehen beteiligt waren. Damit wurde ein anderes Junges Deutsches Kino möglich, Regisseure wie Wim Wenders, Werner Herzog, Volker Schlöndorf, Hark Bohm oder Rainer Werner Fassbinder gehörten zu den ersten Profiteuren dieser neuen Filmallianz. Das Abkommen erhöhte schlagartig die finanziellen Möglichkeiten der Produzenten und schuf eine scheinbare Win-Win Situation.

Das Abkommen sah vor, dass Filme, die in diesem Film-Fernseh-Abkommen entstanden, eine Fernseh-Sperrfrist von 18 Monaten zugestanden bekamen, in der sie im Kino ausgewertet werden durften. Erst danach durfte das Fernsehen diese mitfinanzierten Filme senden. Durch die Kinoauswertung bekamen die Filme quasi "höhere Weihen", sie wurden veredelt, wurden wertfoller für das Fernsehen.

 

Kuhlenkampf Dreh 1 2000

Bis in die Achtziger Jahre hinein galten die Kinofilme in den Fernsehredaktionen als etwas Besonderes, etwas Schützenswertes

 

Der damalige WDR-Fernsehspielchef Günter Rohrbach nannte diese besonderen Projekte "amphibische Filme", welche sowohl im Kino als auch im Fernsehen erfolgreich verwertet werden konnten. Im Laufe der Zeit wurden auch aufwändige, teure Kino-Fernseh-Koproduktionen wie "Die Blechtrommel" (1979) oder "Das Boot" (1981) möglich, die auch international große Erfolge waren. Eine Reihe von großen Fernseh-Kinokoproduktionen folgten, doch auch weniger glamouröse, dafür aber ungewöhnlichere Filme wurden ermöglicht.

Sozialer Realismus in "Das Ende des Regenbogens" (Regie: Uwe Frießner, WDR, 1979)  oder in "Liebe Mutter, mir geht es gut", (Regie: Christian Ziewer, WDR, 1972) aber auch politische Filme wie "Lina Braake oder Die Interessen der Bank können nicht die Interessen sein, die Lina Braake hat" (Regie: Bernhard Sinkel, 1975), "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (Regie: Volker Schlöndorff 1975) oder "Deutschland im Herbst" (Regisseure: Alf Brustellin, Hans Peter Cloos, Rainer Werner Fassbinder, Alexander Kluge, Beate Mainka-Jellinghaus, Maximiliane Mainka, Edgar Reitz, Katja Rupé, Volker Schlöndorff, Peter Schubert, Bernhard Sinkel, 1979), waren Gegenentwürfe zu den opulenten Großproduktionen. Dazwischen gab es auch schräge Road Movies wie "Theo gegen den Rest der Welt" (Regie: Peter F. Bringmann, 1980) So weit, so gut, aber was ist daraus geworden?

 

Fluch und Segen

Man kann davon ausgehen, dass in den ersten zehn bis zwanzig Jahren des Film-Fernseh-Abkommens bei den Redakteuren eine Liebe, eine Neugier ein Respekt diesen jungen Kinomachern gegenüber vorhanden war. Sie waren stolz darauf, Dinge zu ermöglichen, wollten filmische Innovationen möglich machen, haben etwas riskiert. Dominik Graf sagte einmal zu mir, früher seien die Redakteure die Freunde der RegisseurInnen gewesen, davon sei nichts mehr übrig. Das deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen.

 

Kuhlenkampf Dreh 3 2000

 

Die Beteiligung der Fernsehsender vor allem in den Fördergremien führte dann in den 90er Jahren durch die neu eingerichteten Fernsehförderungen und das Hinzukommen auch der Privatsender in den Fördergremien zu einer Übermacht der Fernsehredaktionen bei der Auswahl von förderungswürdigen Projekten. Von den ursprünglichen Haltungen der Redakteure dem Kino gegenüber ist kaum etwas übrig geblieben. Längst schmeißen sie die Kinokoproduktionen hinein in den unstillbaren Quotenstrudel, versuchen möglichst stromlinienförmige, massentaugliche Projekte zu bevorzugen, die ihnen die Quoten auf ihren versinkenden linearen Fernsehschiffen retten sollen.

Ist es ein Wunder, dass viele der mit staatlichen Fördermitteln mitfinanzierten Deutschen Kinofilme aussehen wie mittelmäßige Fernsehproduktionen? Die Liste der Eingriffe von RedakteurInnen in Kinofilme ist schier endlos und haben auch preisgekrönte internationale Produktionen erwischt. Wie war das noch mal mit Michael Hanekes "Das Weiße Band", welches er zwingend in Schwarzweiß drehen wollte? Die zuständige Redakteurin zwang die Produktion angeblich dazu, in Farbe zu drehen, dass Haneke daraus im Nachhinein Schwarzweiß gemacht hat, ist nur konsequent. Oder was mit der weiblichen Hauptrolle in einem Oscar-Premierten Deutschen Spielfilm? Die sollte ursprünglich angeblich eine andere Deutsche Schauspielerin spielen, das Fernsehen hat eine Kollegin durchgesetzt, zum Glück eine gleichwertige Alternative, derartige Eingriffe können auch daneben gehen. Solche und andere Eingriffe sind Alltag geworden bei heutigen Kinoproduktionen in Deutschland.

Das Fernsehen lässt sich inzwischen immer öfter Durchschnittsware subventionieren. Die Richtlinien der Filmförderungen verlangen von den Produzenten hohe Prozentanteile an Eigenmitteln und Eigenleistungen, welche die Produzenten zumeist nicht besitzen oder nicht investieren wollen. Deshalb greifen sie auf die Möglichkeit zurück, Lizenzverkäufe und Fernsehanteile als Eigenmittel in den Finanzierungsplan einzubringen. Mit diesem Mechanismus sind die Fernsehsender praktisch bei jedem gedrehten Spielfilm in Deutschland dabei, nicht nur finanziell sondern auch inhaltlich dramaturgisch.

In den Nachbarländern Schweiz und Österreich wäre es ein Unding, wenn Fernsehredakteure bei Filmförderentscheidungen oder gestalterischen Fragen bei Kinofilmen mitreden dürften. In Deutschland aber kann ohne Zustimmung und Mitsprache des Fernsehens außer im Nachwuchsbereich so gut wie kein Film mehr entstehen. Damit wurde eine Macht zementiert, welche der Vielfalt des Deutschen Films seit Jahrzehnten nachhaltig geschadet hat. Es ist an der Zeit, dass sich das Fernsehen aus den Fördergremien zurückzieht. Danach sollten die Förderungen selbst reformiert werden.

 

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