Gerade im Dokumentarbereich, aber auch im Low-Budget Film wird häufig die Schärfe direkt am Schärfering des Objektivs gezogen. Gerade wenn sich Schauspieler bewegen oder wenn man Schärfeverlagerungen benötigt, muss die Schärfe von Hand eingestellt werden. Dazu kann man sich am Objektiv etwa mit Lassoband kleine Markierungen kleben und anzeichnen, mit denen die entsprechenden Positionen der Schauspieler korrespondieren. Allerdings ist diese Verfahren recht unhandlich, der/die Kameraassistent-in behindert unter Umständen das Schwenken der Kamera, außerdem ist der Regelweg und die Skala der Schärfe unter Umständen so, dass man eigentlich auf beiden Seiten der Kamera stehen müsste.
Wegen all dieser Nachteile arbeiten Profis mit einer mechanischen Umsetzung dieser Schärfeweges, dem sogenannten Follow-Focus. Hier greifen, Zahnkränze am Objektiv vorausgesetzt, Zahnkränze des Follow-Focus, die wiederrum mit einer gewissen Untersetzung die Drehbewegung auf ein seitliches Stellrad samt runder Skala zum Anzeichnen, übertragen. Die meisten Zahnungen bei Profi-Objektiven sind mit einem Pitch von 0,8, es gibt aber auch Objektive mit 0,6 und 0,5. Hierfür kann man bei professionellen Follow-Focus die Zahnräder auswechseln, die in die Zahnkränze greifen.
Zahnkränze nachrüstbar
Objektive, die gar keinen Zahnkranz haben, können sehr einfach mit entsprechenden Kunststoffkränzen, die man auf dem Schärfering des Objektivs befestigen kann, umrüsten. Auch hier sind die Preisunterschiede für die Plastikkränze (ZipGear) oft sehr groß.
Hier lohnt es sich, nach günstigen professionellen Kränzen Ausschau zu halten. Wichtig ist hierbei auch der Innenabstand von Zahnkranz zum Objektiv, hier gibt es Ausführungen mit unterschiedlichen Abstandshaltern. Ziel sollte es seinen, einen kompletten Satz Fotoobjektive so auszurüsten, dass der Durchmesser der Zahnkränze aller Objektive gleich bleibt, damit man bei Wechseln der Brennweite nicht jedes Mal den kompletten Follow-Focus verstellen muss.
Durch den Tausch von Zahnrädern die unterschiedlichen Durchmesser haben, kann man auch unterschiedliche Untersetzungen erzielen. Hier sind Werte zwischen 1:1 und 1:2 verbreitet. Man versucht, den Regelweg des Objektivs möglichst auf eine vollständige Drehung des Drehknopf am Follow-Focus zu übertragen. Kinoobjektive (aber auch manche Fotoobjektive, wie etwa die Leica Objektive) haben einen langen Regelweg, der nah an 360 Grad heranreicht. In der Regel muss man den Schärfering eines Objektivs vom Mount aus betrachtet, nach rechts drehen, um die Entfernungseinstellung Richtung unendlich zu stellen.
Auf den in der Regel weißen Ring kann man dann Schärfepunkte aufschreiben. Wenn man mehrere Ringe besitzt, kann man diese für die unterschiedlichen Objektive präparieren und muss nicht bei jedem Wechsel wieder neu die Schärfepunkte übertragen. Allerdings lassen sich manche Hersteller diese weißen Scheiben königlich bezahlen...
Montageformen
Je nach Drehsituation kann es sinnvoll sein, den Follow-Focus statt wie standardmäßig üblich auf der linken Seite, auf der rechten Seite der Kamera zu montieren. Für die Kameraassis stellt es dann einen besonderen Luxus dar, wenn man auch die Drehrichtung beim Getriebe umkehren kann, dann bleiben die Richtungen beim Fokussieren stets gleich. Dieser Mechanismus hilft auch, wenn man es mit Fotoobjektiven einiger Hersteller zu tun hat, bei denen der Drehsinn genau umgekehrt ist. (Nikon etwa)
Cine Primes, also Festobjektive, die speziell für Filmzwecke konstruiert sind, haben idealerweise alle eine ähnliche Größe, Durchmesser und vor allem den Schärfezahnkranz stets an der gleichen Stelle. Das bedeutet, dass man das Zahnrad des Followfokus beim Objektivwechsel nur zur Seite kippen muss und beim neuen Objektiv wieder reinschwenken ohne dass man den Followfokus auf den Rods erst verschieben und anpassen muss. Umgekehrt fällt diese Arbeit allerdings bei umgerüsteten Fotoobjektiven praktisch immer an, weil die Position des Schärferings mit größter Wahrscheinlichkeit bei jeder Brennweite anders ist.
Für Objektive, die keinen Endanschlag bei der Fokussierung besitzen (typischerweise Autofocus-Objektive) sind Follow-Fokus Getriebe sinnvoll, bei denen man einen Anfangs,- und Endanschlag (Stops) festlegen kann. Hier justiert man jeweils Anfang und Ende des Einstellweges beim Follow Fokus auf den kürzesten scharfzustellenden Nahpunkt und am anderen Ende auf Unendlich. Voraussetzung für die Montage dieser Systeme sind stets Leichtstützen (Rods), die mechanisch mit der Unterseite der Kamera verbunden sind. Sie haben meistens 15mm Durchmesser, sind verstell,- und durch Zusatzstangen auch verlängerbar. An diese Stangen können als Nebeneffekt auch andere Zubehörteile der Kamera, wie beispielsweise die Matte-Box montiert werden. Große Studiokameras können auch mit 19mm Rods ausgestattet sein. Diese sind allerdings für den „Location"- Dreh überdimensioniert und bedeuten nur unnötiges Gewicht. Zumeist sind es zwei parallele Stangen, die 60, 100 oder bei 19 mm Rods 104 mm Abstand zueinander haben.
All dies sollte möglichst robust ausgeführt sein, schlechte Mechanik bringt Ungenauigkeiten und sogar winzige Erschütterungen mit sich. Das ist nicht einfach nur eine Feststellung, sondern eine Warnung: Billige, mechanisch primitive Systeme sind schlechtere Lösungen, als wenn man einfach klassisch von Hand am Objektivring die Schärfe ziehen würde!
Einige der professionellsten Systeme stammen aus Deutschland von Firmen wie Chrosziel, Denz oder Arri. Internationale hochwertige Systeme kommen etwa von Alphatron, Cavision, Cinevate, Movcam oder Tilta.
Neben zahlreichen Billigkonstruktionen (Finger weg!) gibt es aber auch durchaus funktionable preiswerte Systeme (ab ca. 600 Euro) von Genus, Lanparte, Letus, Manfrotto (auch unter dem Namen Ace Follow Focus vertrieben), Redrock, Vocas oder Zacuto auf dem Markt.
Sie werden bei der Nutzung rasch merken, welche Unterschiede hinsichtlich der Leichtgängigkeit und der Usability zwischen den einzelnen Systemen bestehen. Ähnlich wie bei Matte-Boxen trennt sich auch bei Follow-Fokus Systemen hier recht eindeutig die Spreu vom Weizen.
Alte Fotoobjektive ohne Innenfokussierung sind manchmal nicht geeignet, weil der Schärfering sich beim Verstellen vor und zurück bewegt und damit auch der Zahnkranz verschoben wird.
Typische Bestandteile sind:
Klemmbefestigung für Rods
Arm
Getriebe
Schärfering
Focussierknopf
Weiße Scheibe
Es gibt optionales Zubehör, etwa eine biegsame Welle (Focus Whip) als Verlängerung, wenn man weiter aus dem Sichtfeld des Schwenkers (Operator) arbeiten möchte.
Das komfortabelste Zubehör ist sicherlich die Funkschärfe, eine funkgesteuerte Fernsteuerung für die Scharfstellung.