Wenn das gute alte Nagra Netzteil den Geist aufgibt, ist guter Rat, oder gar Ersatz im wahrsten Sinne des Wortes teuer. B&H in New York verlangt für ähnliche Lösungen wie diese beinahe 170 US Dollar und auch in den einschlägigen Auktionsportalen werden alte Netzteile für mehrere hundert Euro gehandelt. Zugegeben, mit der Nagra nimmt so gut wie Niemand mehr Filmton auf, doch es bleibt eine beeindruckende Tonbandmaschine und wer sie besitzt, möchte sie auch laufen sehen.
Wir haben die ultimative DIY Lösung. Zunächst einmal muss man sagen, dass die Nagras selber und auch das Zubehör unglaublich robust sind. Dennoch kann es sein, dass beispielsweise das Netzteil, nach immerhin bis zu 60 Betriebsjahren,- davon träumen heutige Geräte nur, kaputt geht.
Das ist aus mehreren Gründen unangenehm. Zunächst einmal werden diese Netzteile schon lange nicht mehr gebaut. Der reine Batteriebetrieb einer Nagra, selbst als Liebhaberstück, ist ökologisch schlichtweg unmöglich. Zehn Mono-Batteriezellen geben der Nagra gerade mal sechs Stunden Energie. Das geht also mit gutem Gewissen gar nicht.
Plan B
Nun die dritte Lösung, ein anderes, modernes Netzgerät an die Nagra anzuschließen, klingt naheliegend, ist aber auch nicht ganz einfach. Der Ingenieur Kudelksi, der Schöpfer der Nagra, hat nämlich viele Dinge anders gemacht, als andere Techniker. Zu den kuriosesten Ideen gehört die Tatsache, dass bei den alten Nagras der Pluspol die Masse ist. Beim Rest der Welt und leider auch der Welt der Netzgeräte, ist das nämlich genau umgekehrt, da ist Minus immer die Masse.
Außerdem sind die an der Nagra verwendeten 6-Pol Tuchelstecker nur noch schwer zu bekommen, zumeist nur noch Second Hand. Einer der Händler, der sie noch neu anbietet, ist https://www.aduno-audio.de. Aber man kann sie auch ganz gut gebraucht erstehen.
Korrosion
Bei den gebrauchten Steckern sind die Kontakte häufig oxidiert, also dunkel angelaufen. Das kann den elektrischen Kontakt verschlechtern oder gar unmöglich machen. Deshalb sollte man, wenn man den Stecker zum Löten auseinander gebaut hat, die einzelnen Kontakte kurz mit feinem Sandpapier etwas anschleifen. Nur ganz wenig, dann glänzen sie wieder und die Pins haben perfekten Kontakt zur Nagra Buchse.
Wenn man also diese Hürde genommen hat,- für die Stromversorgung benötigt man einen Male-Kleintuchel Stecker, also einen mit Pins, fehlt noch die Stromversorgung.
Die Nagra kann mit einer Versorgungsspannung zwischen 14 und 30 Volt zurechtkommen, vorausgesetzt die Leistung (mindestens ca. 60 Watt) reicht und es gibt keine Probleme mit der Masse. Hier kommen Notebook-Schaltnetzteile ins Spiel. Manche liefern 19 oder 24 Volt Ausgangsspannung und durch den getakteten Aufbau machen sie in der Regel keine Probleme mit der Masse an Plus. Ein weiterer Vorteil diese Netzteile liegt darin, dass sie meist auch für 120 Volt und 60 Hz geeignet sind, also auch in den USA funktionieren. Derartige Netzteile sind Massenware und man bekommt sie neu bereits ab 15 bis 20 Euro.
Baubeginn
Hat man diese Komponenten zusammen, muss man noch wissen, wo denn welcher Pin an der Nagra belegt ist. Nun der Pin 2 ist für die Masse der Nagra, hier muss also der Pluspol des Netztgerätes angeschlossen werden. Die 5 ist der Minuspol der Nagra, hier kommt auch der Minuspol bzw. die Abschirmung des Netzgerätes dran.
Achtung! Diese Lösung ist als reines Netzgerät gedacht, man kann darüber keine Akkus, die möglicherweise in dem Batteriefach liegen, aufladen. Bei den Original Netz,- und Ladegeräten von Nagra lag dann der Minuspol auch auf dem Pin 1 zum Aufladen. Aber das wäre auch angesichts der Monozellen Größe und der Tatsache, dass es die als Akkus nur als NMH Typen gibt, ebenfalls völlig unökologisch.
Es versteht sich von selbst, dass man das Netzgerät vom Stromnetz trennt, wenn man daran lötet. Als erstes sollte man mal mit einem Messgerät nachmessen, auf welchem Pin Plus und auf welchem Minus liegt. Meistens liegt Plus innen und Minus Außen auf dem Rand des Steckers. Danach kann man den Originalstecker des Netzgerätes, der eigentlich für ein Notebook gedacht ist, abschneiden. Dann die Adern abisolieren und wieder mit dem Messgerät, diesmal im Widerstandsmessbereich nachmessen, welche Ader / Kabelfarbe innen und welche außen mit dem Stecker verbunden ist. Nun wissen wir, welche Ader Plus und welche Minus ist. Bei unserem Exemplar ist die innere Ader Plus und das Silbergeflecht außen (Abschirmung) Minus.
Zum Löten
benötigt man...
Einen ordentlichen Lötkolben
Lötzinn
Evtl Lötfett (das hilft bei bereits oxydierten, älteren Pins im Stecker, falls man einen gebrauchten gekauft hat)
Eine Elektronikzange,
Eine Abisolierzange,
Eine Helping-Hand
Schrumpfschlauch
Mit der Abilsoierzange isoliert man das Kabel am Netzteil um etwa 1 Zentimeter Länge ab, dann verdrillt man die Abschirmung zu einem einzelnen Kabel und isoliert die innere Ader auf etwa 0,5 Zentimeter ab. Über das zusammengedrillte Kabel schiebt man ein kurzes Stück Schrumpfschlauch, das ist als Sicherheitsisolierung sinnvoll. Dann verzinnt man die verdrillte Abschirmung auf dem herausschauenden Stück und führt den Lötkolben an den Schrumpfschlauch entlang, woraufhin dieser schrumpft und fest am Kabel bleibt. Außerdem verzinnt man das blanke Ende der inneren Ader.
Den Tuchelstecker öffnet man übrigens indem man durch die obere Öffnung in dem Metallring mit dem Gewinde, die innen liegende Schraube (Ring drehen, bin man sie sieht) mit einem kleinen Schlitzschrauber herausschraubt. Dann kann man die verschiedenen Bestandteile des Steckers auseinander nehmen.
Wichtig: Bevor man das Kabel anlötet, muss es erst einmal durch den Ring mit dem Gewinde, die Gummizugentlastung, das innere Gehäuse und einen Metallbügel hindurch gefädelt werden. Danach kann man das die innere Ader, welche Plus führt, auf den Pin 2 löten und die Masse auf den Pin 5.
Anschließend den Stecker wieder zusammenbauen und die winzige Schraube wieder hineindrehen. Fertig ist ein perfektes neues Netzgerät für die gute alte Tonbandmaschine.
Vielseitig
Das Netzteil funktioniert übrigens nicht nur für die Nagras III, 4.L, D, IV.L, IV.B, E, 4.2, IV-S & IV-S TC sondern auch für ältere Stellavox-Tonbandgeräte.
Und die Masse?
Noch ein Hinweis: Wird die Nagra über Tonkabel mit anderen Geräten verbunden, die auch vom gleichen Stromnetz gespeist werden, kann es evtl. zu Problemen kommen, weil die anderen Geräte natürlich ihre Masse auf Minus haben. Hier hilft es, wenn das andere Gerät dann ohne Masse oder Potentialfrei an das Stromnetz angeschlossen wird.