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Dem deutschen Film geht’s gut

 So schallte es mal wieder Mitte Mai in Cannes. Das letzte Jahr war doch prima, der Anteil der Zuschauer, die deutsche Filme besucht haben war recht hoch. Gewiss, der eine oder andere hat vom Start 2001 bis Mitte 2002 ansehnliche (Das Sams: 1,6 Mio. Zuschauer, Nirgendwo in Afrika: 1,1 Mio. Zuschauer, Lammbock: 930.000 Zuschauer) oder sogar überwältigende (Der Schuh des Manitu: 11 Mio. Zuschauer) Zahlen erzielt.

Doch wer dem deutschen Film pauschal im Kino Erfolge attestiert sollte nicht betriebsblind sein. Seit Jahren zeichnet es sich ab, dass jenseits der Qualitätsdiskussion nur ganz wenige, mit hohem Werbebudget gestartete (ca. 1-1,5 Millionen Euro) Filme überhaupt eine Chance haben. Auch im Jahr 2000 waren es nur ein paar wenige Titel (Anatomie, Harte Jungs, Crazy 2000), die halbwegs erfolgreich waren.

Von den zum Teil hochfinanzierten Kinoflops, die trotz ebenso hoher Werbebudgets nur wenige Zuschauer hatten, spricht man kaum. Marlene (Vilsmeier): 400.000 Zuschauer, Die Unberührbare (Roehler): 200.000 Zuschauer, Gripsholm (Koller): 130.000 Zuschauer, Liebesluder (Buck): 157.000 Zuschauer.

 

Zahlenspiele

Ein aufwändig gestarteter Film muss mindestens 400-450.000 Zuschauer haben, damit beim Produzenten überhaupt ein einziger Euro Erlös landet. Das hat unter anderem mit den Vorkosten der Verleiher zu tun. Damit ist der Verwaltungsaufwand, die Kosten für Plakate, Pressematerial, Filmkopien, Reisespesen und Anzeigen des Verleihers gemeint, inzwischen ca. 1-1,5 Millionen Euro.

 

Geht man von einem durchschnittlichen Kinoticketpreis von 6-7 Euro aus, so erhält davon der Verleih ca. 47 %  also ca. 3,2 Euro. Man kann sich ausrechnen, wann die Verleihvorkosten erst bezahlt sind und der Verleih erste Gewinne macht, die wiederum mit dem Produzenten oder Rechteinhaber aufgeteilt werden.

Selbst wenn manche deutschsprachige Filme das Potential haben, entsprechende Zuschauerzahlen in die Kinos zu locken, so werden nur ganz wenige von ihnen Gelegenheit bekommen, dieses unter Beweis zu stellen. Nicht selten müssen deutschsprachige Filme ihre Qualität erst auf internationalen Filmfestivals oder durch Verkäufe ins Ausland belegen, bevor sich ein inländischer Verleih die Finger daran verbrennen will. “Bella Martha” etwa, fand erst einen deutschen Verleih, nachdem der Film im Ausland Erfolg hatte.

 

Ursachen

Die Probleme fangen bei den Leinwänden an. Die Zahl der Filme die beworben, gestartet, und in Kinosälen gespielt werden nimmt stetig zu. Pro Jahr werden 400-500 verschiedene Filmtitel in die Säle gepumpt, wobei diverse amerikanische Blockbuster von Harry Potter bis Herr der Ringe in den Multiplexen oft in mehreren Sälen parallel gezeigt werden.

Es ist nur logisch, dass immer weniger Zeit für einzelne Filme bleibt, höhere Zuschauerzahlen zu erreichen. Die Großverleiher kompensieren die kürzeren Spielzeiten durch intensivere und aufwändigere Werbekampagnen. Dieser Weg bleibt für die meisten deutschsprachigen Filme verschlossen. Noch bevor es sich bei den Zuschauern rumgesprochen hat, dass ein kleiner Film sehenswert ist, hat dieser schon längst wieder den Projektorraum verlassen. Verleiher lehnen deshalb die meisten inländischen Produktionen von vornherein ab. Sie würden thematisch nicht in das Konzept des Verleihs passen, lautet die häufigste Standardantwort.

Tatsächlich aber ist den Verleihern das Risiko einfach zu hoch, in eine Ware zu investieren, die in den Kinos ohnehin benachteiligt ist. Die US-Ware kann wenigstens mit Weltstars und millionenschweren Werbekampagnen in sämtlichen Medien bis hin zu Burger-Kette und Getränkeflaschen aufwarten.

 

Woher nehmen?

Bleibt die bange Frage: Wie finden deutschsprachige Filme überhaupt einen Verleih? Die Antwort ist ernüchternd. Die Handvoll Verleihe, die auch deutsche Filme verleihen, zeigen vorzugsweise Eigenproduktionen, wen wundert es.

Beispiele: Schuh des Manitu (Produktion+Verleih: Constantin), Liebesluder (Produktion: BojeBuck, Verleih: Delphi, gehört BojeBuck), Was tun, wenns brennt? (Koproduktion Claussen & Wöbke mit dem Verleih Columbia Pictures), Anatomie (Claussen & Wöbke für Columbia, gleichzeitig Verleih).

Umso schwieriger ist es für Produktionsfirmen, die nicht zu Verleihfirmen gehören, bereits in der Finanzierungsphase ihrer Filme, Verleihverträge, wie die Filmförderungen sie einfordern, zu bekommen.

Kein Wunder also, dass die meisten Produzenten nur noch TV-Movies herstellen.

 

 

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