Die Wiege des bewegten Bildes
Praktisch alle bewegten Medien gehen auf den analogen Film zurück, wie ihn diverse Tüftler von den Skladowsky Brüdern über die Lumières oder Edison zusammen mit George Eastman erdacht haben. Jene etwa dreieinhalb Zentimeter transparenten, mit Silberhalogeniden beschichteten Filmstreifens, wie sie Edison und Eastman festlegten, sind bis in unsere Tage der weltweit in den Kinos die noch klassische Filmkopien zeigen, etablierte Standard.
Von den Entdeckungen und Verfahrensweisen des analogen Films leiten sich die meisten digitalen Nachfolgesysteme mehr oder weniger ab und die gestalterischen Aspekte finden in den digitalen Aufnahmeverfahren ihre nahezu unveränderte Fortschreibung, allerdings mit erweiterten Möglichkeiten.
Einschnitte
Die Entwicklung immer besserer digitaler Kameras hat sicher dazu beigetragen, dass die Nachfrage nach analogem Filmmaterial rasant zurückging. Doch auch die Dienstleister wie Kopierwerke haben die Leistungen für die Bearbeitung von analogem Film immer mehr durch irgendwelche Zusatzgebühren erhöht, sodass es mehr und mehr zum Luxus wurde, auf Film zu drehen. Als die Kunden dann auf digitale Cinematographie umschwenkten, haben die Kopierwerke vielleicht ansatzweise geahnt, dass sie sich mit dieser Preispolitik selbst schleichend die Existenzgrundlage genommen haben. Inzwischen gibt es immer weniger Kopierwerke, in Deutschland ist es 2017 nachdem Arri Ende 2015 die Pforten schloss. gerade noch eines.
In den USA sieht es noch etwas besser aus, aber auch dort musste das letzte New Yorker Kopierwerk Du Art 1916 schließen. Der Kameramann Ed Lachmann kaufte die Kopiermaschinen auf und hat sie eingelagert.
Wie lange noch auf analogem Film gedreht werden kann ist ungewiss, hier stellt das Jahr 2012 eine denkwürdige Zäsur dar. Ausgerechnet jene Firma, der wir zu einem beträchtlichen Teil die Entwicklung des Films als Medium verdanken, Eastman Kodak, meldete in diesem Jahr Insolvenz an und beantragte Gläubigerschutz. Eigentlich unfassbar, wie viele Brücken, Mauern und Türme zum Weltkulturerbe erklärt und geschützt werden, während ein so wichtiges Kulturgut wie der Film einfach so fallengelassen wird.
Wie lange überhaupt noch Aufnahmefilme hergestellt werden, ist fraglich, auch der zweite Filmhersteller, Fujifilm stellte 2013 die Herstellung von Kinefilm ein. Lediglich für Archivzwecke werden dann wohl noch Kinefilme hergestellt. Denkt man nämlich über Langzeitlagerung nach, bleibt der analoge Film bislang unschlagbar. Kodak Eastman stellt, obwohl man angekündigt hatte, die Herstellung ganz einzustellen, doch noch Filmmaterial her, nicht zuletzt weil Hollywood-Studios Abnahme-Verpflichtungen eingegangen sind und immerhin noch viele Kinoproduktionen analog gedreht werden.Inzwischen sind diese Abmachungen zwar abgelaufen, doch die Nachfrage nach Kodak Negativmaterial ist sogar noch gestiegen. Für Amateure hat Kodak sogar eine neue Super 8 Kamera entwickelt.
In Italien hat die uralte Filmfirma Ferrania, die lange geschlossen war, wieder damit begonnen, Filmmaterial in Super 8 und 16mm herzustellen, ein Startup von dem man hoffen kann, dass es Erfolg haben wird. Dies darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Weltverbrauch an Filmmaterial heute nur noch Fünf Prozent dessen ausmacht, was noch vor acht Jahren benötigt wurde. Aber noch laufen auf praktisch allen großen Filmfestivals in der Welt neben den rein digitalen Arbeiten auch Filme, die analog gedreht wurden.
Zugleich aber wurden in Italien ohne dass die Öffentlichkeit dies mitbekam, haufenweise funktionstüchtige analoge Panavision Kameras in Schrottpressen vernichtet, man darf nur spekulieren, weshalb Panavision Italien diese nicht in den Second-Hand Verkauf gegeben hat.
Grundlagen bleiben
Die visuellen Besonderheiten, der Charakter des analogen Films hat mehr als 120 Jahre unsere Sehgewohnheiten und unser Qualitätsverständnis geprägt, in vieler Hinsicht ist auch heute der analoge Film noch das Maß aller Dinge, wenn es um Bildqualität geht. Einige Kameraleute vertreten inzwischen die Ansicht, dass man "Film-Look" inzwischen auch digital perfekt nachahmen könne, andere schwören weiterhin auf die grundsätzlich andere Technologie kombiniert mit digitalem Grading.
In den Unterkapiteln dieses Bereichs werden zahlreiche Zusammenhänge aufgezeigt, die ihre digitalen Entsprechungen haben, sowie Eigenheiten erläutert, die die digitale Cinematogpraphie vielleicht nie wird erreichen können.
Diverse Arbeitsabläufe bis hin zur Farbkorrektur haben ihre Ursprünge im analogen Film. Die Kenntnis dieser Verfahren eröffnet das Verständnis für die digitalen Arbeitsweisen. Abgesehen davon ist der überwältigende Teil unseres kulturellen Welterbes Film analog. Und wie schon erwähnt,- keines der bekannten digitalen Speicherverfahren ist bisher in der Lage eine ähniche Beständigkeit und Sicherheit anzubieten, wie der Film, der immerhin bewiesen hat, über mehr als hundert Jahre zu überstehen.
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