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Was ist eine angemessene Vergütung beim Film?

 

Geltendes Recht

Seit dem 1. Juli 2002 gilt in Deutschland ein neues Urheberrecht, welches allerdings regelmäßig mit Ergänzungen erweitert wurde und wird. Es eröffnet den Urhebern und ausübenden Künstlern eines Filmes, den Drehbuchautoren, Regisseuren, gestaltenden Kameraleuten, ggf. Cuttern aber auch den Schauspielern, Tänzern, Sängern und Musikern (zu dieser Aufzählung werden sich mit Sicherheit noch andere hinzugesellen) bessere Verdienstmöglichkeiten über die einmalige Bezahlung ihrer Tätigkeit bei der Herstellung hinaus.

Sie sollen bei wirtschaftlichem Erfolg einer Produktion auch nachträglich Anspruch auf eine angemessenere Vergütung haben, an den Erlösen beteiligt werden, falls das ursprüngliche Honorar nicht dem Erfolg angemessen war. Ausgenommen von der Regelung auf angemessenere Vergütung sind Honorare, die einem Tarifvertrag folgen, der Anspruch auf Gewinnbeteiligungen bleibt. Wichtige Nutznießer dieser Änderung werden neben den Urhebern die Anwälte sein, denn selten ließ ein Gesetzestext so viele Fragen offen.

Was eigentlich die Künstler vor Benachteiligungen schützen soll, kann neben vielen anderen Widrigkeiten, mit denen Produktionsfirmen derzeit zu kämpfen haben, deren Risikobereitschaft noch weiter reduzieren.

 

Es wird unsicher

Dies führt bei den Produzenten und Verwertern (TV-Anstalten etc.) zu großer Verunsicherung, weil noch niemand so recht absehen kann, was die Kaugummi-Formel “angemessene Vergütung” tatsächlich bedeuten kann. Den schwarzen Peter, diese angemessenen Beträge festzulegen, hat der Gesetzgeber nämlich den diversen Verbänden zugeschoben, die sich darüber einigen sollen. Die Verbände der Urheber (Regieverband, Drehbuchautorenverband etc.) sollen mit den Verbänden der Filmhersteller (Produzentenverbände) und den Verbänden der Filmnutzer (Fernsehveranstalter, Filmverleiher etc.) gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen.

Wenn sich dann das vertragliche Honorar innerhalb dieser Vergütungsregeln bewegt, gilt dieses als angemessen und schließt damit weitere Ansprüche der Urheber auf angemessene Vergütung aus. Das berührt aber nicht den Anspruch auf weitere Beteiligung im Erfolgsfall.

Als ob die Verhandlungen um das Urheberrecht nicht schon kompliziert genug waren, so wird mit dieser Vorgabe gleich ein neuer langwieriger Streit vorprogrammiert. Bereits im Vorfeld der Gesetzesnovelle hatte die Aussicht auf Gewinnbeteiligungen diverse Urheberverbände auf den Plan gerufen, die gleich rückwirkend für Filme der letzten 20 Jahre entsprechende Forderungen geltend machen wollten. Der Umstand, dass damit sämtliche bestehenden Verträge aus zwei Jahrzehnten nachträglich für rechtswidrig erklärt worden wären, schreckte die Künstlervertreter wenig. Geld ist Geld. Wie so manch andere Ungereimtheit wurde dieser Entwurf jedoch gekippt. Die rückwirkende Wirksamkeit ist auf Verträge, die nach dem 1. Juni 2001 geschlossen, die Filme aber erst nach dem 1. Juli 2002 verwertet werden, begrenzt.

In der Folge gab es diverse Rechtsstreitigkeiten, in denen Filmschaffende genau diese nachträglichen Vergütungen eingefordert haben. Etwa Kameramann Jost Vacano der gegen die Bavaria Film klagte oder auch Drehbuchautorin Anika Decker, die gegen die Constantin Film und Till Schweiger klagte.

 

Wer soll haften?

Auch der Plan, die Ansprüche der Urheber gegenüber dem Vertragspartner, also dem Filmproduzenten geltend zu machen, wurde glücklicherweise verworfen. Hätte dies doch für den Produzenten absolut unkalkulierbare Risiken bedeutet. Man stelle sich vor, der Produzent stellte im Auftrag eines Filmverleihs einen Spielfilm zum Festpreis her. Später würde der Film in den Kinos ein Erfolg. Der Verleih macht damit große Gewinne, der Produzent aber hätte nichts davon. Trotzdem hätte der Produzent dann an seine Vertragspartner (Urheber) nachträglich weitere Vergütungen (Honorare) zahlen müssen. Wegen dieser offensichtlichen Schieflage hat der Gesetzgeber richtigerweise den Anspruch der Urheber auf die Nutzer, die Verwerter des Filmes gerichtet.

Autoren, Regisseure und Schauspieler können ihren Anspruch auf angemessene Vergütung also an den Kinoverleih oder den Fernsehsender richten, wenn der Film ein finanzieller Erfolg, ein Bestseller wird. Doch das ist leider nur die Theorie. Praktisch gesehen werden sich die Nutzer (TV-Sender, Verleihe) sicherlich gegen finanzielle Risiken abzusichern versuchen. Sie werden vom Produzenten die Zahlung und den Nachweis hoher Grundgagen an Urheber verlangen, damit später niemand sagen kann, er habe keine angemessene Vergütung erhalten. Zudem lassen sie ihre Rechtsabteilungen bereits an Verträgen feilen, in denen die Produzenten die Verwerter von allen derartigen späteren Vergütungsansprüchen der Urheber freistellen werden.

Ungültig dagegen sind vertragliche Regelungen, mit denen der Urheber gegenüber dem Hersteller auf weitere Vergütungen verzichtet. Das bedeutet im Klartext: Die Verwerter (TV-Sender, Verleiher) können Wege finden, sich aus dem Risiko späterer Zahlungen herauszuwinden, der Produzent aber nicht. Dieser wird bis zu drei Jahre nach Vertragsabschluss bzw. der letzten Nutzung des Filmes in Unsicherheit leben, welche Nachforderungen noch auf ihn zukommen werden.

 

Low Budget

Und wo bleibt bei all den Vergütungsrisiken der Low Budget-Film? Dürfen überhaupt noch Filme gedreht werden, bei denen bewusst niedrige Honorare gezahlt werden? Filme, die bei „normalen“ Gagen gar nicht erst möglich wären? Glücklicherweise hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit offengelassen.

Die „Angemessenheit der Vergütung“ orientiert sich an den Umständen bei Vertragsabschluss. Wenn ein geringfinanziertes, Risiko behaftetes Projekt entsteht, dürfen auch sehr geringe Honorare vereinbart werden. Allerdings bleibt auch hier der Anspruch des Urhebers bestehen, im Fall eines nachträglichen finanziellen Erfolgs, eine Vertragsänderung mit nachträglicher angemessener Vergütung sowie Erlösbeteiligung zu verlangen.

 

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