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Ein Oscar-nominierter Kurzfilm soll angeblich die Idee eines türkischen Kinofilms kopiert haben. Das Problem ist kein Einzelfall. Kreativität ist eine seltsame Sache, sie entsteht ja nicht im luftleeren Raum, sie entsteht in einer Welt, in der es unendlich viele Einflüsse, Erfahrungen und Geschichten gibt. Kann es sein, dass an verschiedenen Orten in der Welt die gleiche Idee entsteht und verfilmt wird oder sind da Ideen auf irgendwelchen Wegen gewandert?

2019 gewann der türkische Spielfilm 2019 “Passed by Censor” diverse Preise. In dem Film geht es um einen Gefängniswärter, der die Briefe von und an die Gefangenen nach unerwünschten Inhalten durchsuchen und zensieren soll. Ein Jahr später hatte ein von First Look Media finanzierter Kurzfilm Premiere, "The Letter Room" in dessen Zentrum ein Gefängniswärter, der alle Briefe die in eine Todeszelle gehen, zensiert und sich in die wunderbaren Liebesbriefe die ein Gefangener von seiner Freundin erhält, verliert.

Der türkische Spielfilm ist Jahre vorher u.a. auf Development-Foren wie Cannes entwickelt worden und der Regisseur, Serhat Karaaslan kam nach eigenen Angaben durch zensierte Briefe, die er von einem Verwandten, der als politischer Gefangener in einem Türkischen Gefängnis sitzt, erhalten hatte auf die Idee zu seinem Film.

Die Nachwunsregisseurin Elvira Lind drehte ihren Film "The Letter Room", nachdem "Passed by Censors" fertig war und gab als Inspirationsquelle ein nicht näher benannten Podcast an, den sie gehört habe. Nachdem ihr Kurzfilm bereits mehrfach verkauft und für den Oscar nominiert wurde, haben sich die Anwälte der am türkischen Spielfim beteiligten Produzenten sowie des Regisseurs an die amerikanische Produktionsfirma gewendet und finanzielle Verluste geltend gemacht.

 

Uralter Konflikt

Der Fall wirft die uralte Frage auf, wie einzigartig Ideen sein können, ob man sie wirklich schützen kann, ob nicht Ideen und Zusammenhänge unabhägig voneinander entstehen können. Was ist noch Inspiration und was ist bereits kreativer Diebstahl? Die türkische Presse spricht von einer billigen Kopie des Originals. Im oben geschilderten Fall reklamiert die amerikanische Regisseurin, dass weder sie noch irgendwer im Team den anderen Film kannten, er basiere auf einem originären eigenen Drehbuch. In unserer vernetzten Welt ist es sehr schwer geworden, nachzuweisen, dass man von bestimmten Ideen Anderer in anderen Teilen der Welt nie etwas gehört habe. Und auch in der Vergangenheit gab es zahllose Beispiele in allen Bereichen der Kunst, bei denen es mögliche und tatsächliche Vorbilder für schöpferische Leistungen gab. Das Plagiat gehört praktisch zur Kulturgeschichte dazu und nur selten ist es gelungen, die genauen Umstände der Ideenfindung rechtskräftig zu beweisen.

Wenn es ehemalige Freunde sind, welche die eigenen erzählten Ideen plötzlich in ihren Filmen verwenden, sind die Zusammenhänge ziemlich eindeutig, doch was, wenn es vordergründig keine nachweisbaren Zusammehänge gibt zwischen denen, welche eine Idee zuerst hatten und jenen, die sie später umsetzten?

 

Inspiration oder Ideenraub?

Neuschöpfungen speisen sich ja häufig aus Ideen und Zusammenhängen, die bereits existieren. Wie exakt muss eine Kopie sein, dass man von einem Plagiat sprechen kann? Im Fall von Texten lässt sich das bei vollständig identischen Formulierungen und Sätzen recht gut eingrenzen. Aber bei Filmideen? Nicht selten wird die Übernahme von Ideen Anderer gar nicht erst bemerkt.

Ein international bekannter deutscher Filmregisseur etwa hat zentrale Ideen, die ein französischer Regisseur Jahre vorher filmisch umgesetzt hat, in einem eigenen Kinofilm nahezu identisch als seine eigene Drehbuchidee präsentiert ohne dass es jemals bemerkt wurde. Ein anderer bekannter deutscher Regisseur hatte da weniger Glück und musste sich bereits an der Filmhochschule bei einem Kurzfilm mit dem Vorwurf auseinandersetzen, die Idee geklaut zu haben. Wieder ein anderer Deutscher Regisseur erhielt 1994 sogar den Kurzfilm-Oscar mit einer Pointe, die bereits 1987 schon in einem Norwegischen Werbspot für Furore sorgte. Während diese Fälle für die Macher folgenlos blieben, gibt es auch immer wieder Fälle, bei denen man sich bereits mit Rechtsanwälten verständigte. So etwa im Fall von Till Schweigers "Honig im Kopf", der dem vorher entstandenen Fernsehfilm "Liebe mich bis in den Tod" (Claude-Oliver Rudolph) nachempfunden sein soll.

 

Rechtslage schwierig

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Hierzulande ist die Rechtslage in solchen Fällen schwierig. Reine Ideen etwa, lassen sich kaum schützen. Erst wenn daraus ein Werk geworden ist, also ein Roman, eine Kurzgeschichte oder ein Film,kann man bei entsprechendem Nachweis von einem gewissen Schutz ausgehen, den man allerdings selbst vor Gericht durchsetzen muss. Und das kann schwierig und vor allem auch teuer werden, denn die Beweislast für alle sogenannten "anspruchsbegründenden Merkmale gemäß § 97 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes"  muss derjenige tragen, der der Meinung ist, seine / ihre urheberrechtlichen Ideen seien gestohlen worden.

Die Gerichte müssen dann entscheiden, ob es sich wirklich um einen Diebstahl von Ideen handelt oder ob es lediglich ein Denkanstoss, eine Inspirationsquelle für neue eigene Geschichten gehandelt hat. Die Trennlinie ist hier recht dünn und es ist die Anzahl an Details, als individuellen Ausgestaltungen, welche darüber mitentscheidet, ob es lediglich eine Inspiration war oder ein echtes Plagiat.

Wenn etwa Unternehmen wie Endemol, welche u.a. mit Konzepten für Fernsehshows viel Geld verdienen, ein Showkonzept entwickeln, dann werden extrem viele Details über die genauen Abläufe etc. schriftlich definiert. Je detaillierter so ein Konzept beschrieben ist, desto leichter ist es, im Fall von Plagiaten den Ursprung nachzuweisen.

 

Millionenklagen

In den USA kommt es wegen der vergleichsweise hohen Geldbeträge, die im Falle von Entschädigungen gezahlt werden müssen, viel häufiger zu Prozessen wegen Ideenraub. Prominente Beispiele sind beispielsweise...

"Junior" mit  Arnold Schwarzenegger (R: Ivan Reitman 1994). Die Story eines schwangeren Mannes soll von dem zeitgleich gestarten Taiwanesischen Film "Kangaroo Man" (Regie: Emily Liu) geklaut worden sein. Die dem Taiwanesischen Film zu Grunde liegende Novelle von Lily Hsueh soll 1987 bereits verschiedenen US Verlagen vorgelegen haben, darunter auch Warner Books, einer Tochterfirma von Warner Brothers, der Produktionsfirma von "Junior"..

Der Science Fiction 3 D Erfolg "Avatar" (James Cameron), soll ein Filmkonzept von Eric Ryder kopiert haben, welches dieser Camerons Firma Lightstorm Entertainment 1999 angeboten hatte und welches die Firma 2002 endgültig abgelehnt hatte.

Quentin Tarantino und die Produktionsfirma Miramax wurden beschuldigt, Grundideen von "Kill Bill" (2003) von dem Autor Dannez Hunter gestolen zu haben, der ein ähnliches Projekt bereits1999 just Miramax vorgeschlagen hatte.

"The Cabin in the Woods" (Lions Gate, 2011) soll zentrale Ideen des Films von dem Roman "The Little White Trip: A Night in the Pines" (Peter Gallagher) übernommen haben.

2011 musste sich Angelina Jolie in Zusammenhang mit ihrem Regie-Debüt "In The Land of Blood and Honey" mit dem Vorwurf des kroatischen Autors James Braddock vor einem Gericht auseinandersetzen, sie habe aus seinem Roman "The Soul Shattering" grundlegende Ideen gestohlen.

Dies sind nur ein paar wenige Beispiele, bei fast jedem größeren Hollywood-Erfolg melden sich anschließend AutorInnen zu Wort, die für sich reklamieren, die Idee vorher gehabt zu haben. Was wirklich dahinter steckt müssen dann die Gerichte klären.

 

Diffuse Welt

Das Thema lässt sich offenbar nicht so einfach klären. Es ist durchaus möglich, dass bestimmte Themen und Ideen zeitgleich oder auch versetzt irgendwo in der Gedankenmatrix von Menschen an unterschiedlichen Orten in der Welt entstehen, manches liegt einfach in der Luft. Manchmal erdenkt man Dinge, von denen man gar nicht weiß, dass es sie woanders bereits gibt. Genauso ist es möglich, dass Menschen aus zahllosen Eindrücken, Gesehenem und Gelesenem etwas erschaffen, bei dem sie die genauen Ursprünge nicht mehr benennen können. Und, das ist die vierte Variante, es kann sein, dass schlichtweg dreist geklaut wurde.

Dem Autor dieses Artikels ist es mehrfach passiert, dass konkrete Ideen ungefragt übernommen wurden. Wie man damit umgeht, ist höchst individuell, vielleicht ärgert man sich darüber, vielleicht tröstet man sich auch, falls ein eigener Film kopiert wird damit, dass es ein Stückweit eine Ehre ist. Das hängt vom Einzelfall ab.

Der amerikanische Autor Vince Gilligan entwarf in den USA eine Serie in der ein unbescholtener Mann zum Drogenboss aufsteigt. Zeitgleich wurde in England von der Autorin Jenji Kohan ein ähnliches Konzept entwickelt, in dessen Mittelpunkt eine Frau stand, die den Weg in die Drogenbranche einschlägt. Aus beiden Konzepten wurden erfolgreiche Serien,- "Breaking Bad" und "Weeds".

In den meisten Fällen im künstlerischen Bereich lässt sich das nicht abschließend aufklären. Auf jeden Fall ist es sinnvoll, eigene Stoffe bzw. sehr weit ausgearbeitete Ideen, die nicht veröffentlicht sind, in geeigneter Form zu schützen. Dafür braucht man keine Notare, Anwälte oder Verbände, im Drehbuchseminar erläutern wir, was zu beachten ist.

 

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