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Kino Zukunft 4000

Werden wir irgendwann ins Museum gehen müssen, um zu sehen, was Kino einmal war?

 

Die Herstellung von eigenständigen Filmen hat sich verändert, die weltweiten Krisen sind spürbar. Es war nie einfach, Filme zu finanzieren oder zu vermarkten. Doch die letzten Jahre haben die Filmlandschaft verändert, sodass bisherige eingefahrene Wege holpriger geworden sind. Ein Stimmungsbild.

Zunächst einmal hat sich die Kinolandschaft verändert. War es schon in der Vergangenheit nicht leicht, kleinere Filme überhaupt in die Kinos zu bekommen, so haben Corona, die Inflation und der furchtbare Krieg in der Ukraine mit den resultierenden Kostensteigerungen die Kinosituation drastisch verändert. Um zu Überleben setzen die Kinos fast ausschließlich auf intensiv beworbene Filme, die meisten davon natürlich große Mainstream Titel. Dadurch werden kleinere Filme weniger sichtbar, wenn überhaupt dann auf Filmfestivals oder im Fernsehen.

Man muss es realistisch sehen,- so schön die Erfahrung auch ist, Filme einem Kinopublikum zeigen zu können, der Aufwand, damit es auch wirklich geschieht, ist gewaltig. Ein Filmverleih müsste sehr viel Geld investieren, um viele Leute überhaupt über die Existenz dieses Filmes zu informieren und sie dazu zu bringen, in ein Kino zu gehen, um den Film anzuschauen. Der Marketingaufwand, um Kinosäle zu füllen, ist immens und für kleine Filme einfach nicht zu stemmen.

 

Ohne Kino kein Erfolg?

Damit fallen fast alle Kategorien nach denen man bisher Erfolg für kleine Independent Filme definiert hatte, weg. Es gibt viel weniger Kinostarts, weniger Filmkritiken, weniger Zuschauer. Und die Filmförderungen setzen noch mehr auf Wirtschaftlichkeit als ohnehin schon. Kulturstaatsministerin Claudia Roth lässt sich bei der Planung eines neuen Filmförderungsgesetzes ausschließlich von Produzentenverbänden beraten, damit haben Independent-Produktionen keine Stimme in diesem Prozess. Die Beratungen hierzu werden nicht öffentlich gemacht, man darf davon ausgehen, dass der "Produzentenverband" und die "Allianz Deutscher Produzenten" massive Lobbyarbeit in eigener Sache leisten. Im Ergebnis werden noch mehr Ausschlusskriterien für kleine unabhängige Filme im Filmförderungsgesetz landen als es ohnehin bisher schon der Fall war. Das Prinzip ist klar- Erfolg hat auf Dauer nur der Erfolgreiche. Produktionsfirmen, die wirtschaftliche Erfolge nachweisen können, bekommen fast automatisch die Förderung für die nächsten Filme.

Auf den Filmfestivals sind immer weniger Einkäufer unterwegs, also die Hoffnung, dass der eigene Independent Film dort von TV Redakteuren gesehen und gekauft wird, ist verschwindend klein geworden. Waren vor Corona noch Vertreter*Innen etwa von Netflix, Amazon oder Sky gemeinsam mit Redakteur*Innen  der öffentlich rechtlichen Fernsehsender in größerer Zahl auf Festivals vertreten, sind sie aktuell kaum noch anzutreffen oder haben gar kein Budget für Einkäufe. Trotzdem sind Filmfestivals enorm wichtig geworden, weil sie die nicht mehr stattfindenden Kinostarts zumindest ein wenig kompensieren. Gar nicht selten, werden hier sogar erstaunlich hohe Zuschauerzahlen erzielt.

Tatsächlich hat es die Politik noch immer nicht begriffen, dass Film als Kulturgut auch im Abspiel, also in den Kinos massiv gefördert werden muss, so wie Konzert, Oper, Ballett oder Schauspiel, wenn man ein gewisse kulturelle Vielfalt sicherstellen möchte. So könnten auch feste Kino-Slots, also Zeiträume in denen ein Film in einer gewissen Anzahl von Sälen laufen kann, von Filmförderungen bezahlt werden. Diese Zeitfenster könnten dann von diesen Förderungen als Fördermaßnahme an Independent Filme vergeben werden.

 

Serielles Denken

Wenn man heute Produzent*Innen eine Geschichte pitcht oder wenn man Drehbücher bekommt oder über Ideen nachdenkt, fragt man sich unwillkürlich, ob sich das vielleicht für eine Serie eignen würde. Denn Serien sind das Format der Zeit, die bekommt man schneller und leichter beim Fernsehen oder Streamern untergebracht.

Natürlich wäre es perfekt, den erhofften Independent Spielfilm umsetzen zu können, doch das kann einen auch lähmen. Man sollte offen sein für diese Erzählformen, es kann einen über viele Jahre blockieren, wenn man nur an dem einen Wunschfilm arbeitet und versucht, ihn finanziert zu bekommen. Es kann sehr bitter sein, nach vielen Jahren Arbeit an einem Drehbuch und den Einreichungen eine Finanzierung nicht schließen zu können. Manche Projekte hatten sogar schon 70% der benötigten Gelder durch Förderungen zusammen und es fand sich keine weitere Förderung, die restlichen 30% zu übernehmen. Nach mehreren Förderrunden wird so manches ambitionierte Projekt dann eingestampft.

Der Hunger nach starken Serien ist nach wie vor vorhanden. Er ist etwas kleiner geworden, weil die Streamer vor sich hin kriseln und Sky keine Eigenproduktionen mehr macht. Es gab verschiedene Entlassungswellen und diverse bereits zugesagte Projekte wurden gekappt. Doch der Serienappetit ist konstant und man sollte sich diesen Formaten nicht verschließen. Es ist toll, wenn man arbeiten kann und man kann durchaus auch in einer Horror-, Krimi, Sci-Fi oder Komödienserie spannende Arbeit leisten.

 

Streaming neu gedacht

Die Hoffnung, dass die großen Streaming Anbieter wie Netflix, Amazon & Co auch eine neue Heimat für Independent-Filme sein werden, hat sich weitgehend pulverisiert. Einmal mehr wird Marktmacht dafür genutzt, vorwiegend wirtschaftlich erfolgreiche Formate zu vertreiben. Auch hier wäre es an der Zeit, staatlich gefördert, eine Streaming-Plattform für künstlerisch ambitionierte Indie-Filme hochzuziehen. Diese sollte eng verknüpft sein mit den Filmfestivals, auf denen diese Filme zu sehen sind und jeden neuen Start auf der Plattform auch als Zugewinn bewerben. Interviews mit den am Film Beteiligten, Kritiken, Panels von den Filmfestivals etc. könnten das Angebot sinnvoll abrunden. So wären auch die Filmfestivals rund ums Jahr präsenter sichtbar und die Filme würden nicht nach ihrer erfolgreichen Festival-Tournee im Nirwana verschwinden. Und nicht zuletzt könnte solch eine Plattform auch mit unabhängigen, vielleicht kommunalen bzw. Programm-Kinos, die diesen Namen noch verdienen, zusammenarbeiten. Denn Kinos bleiben die Königsklasse für den intensiven Filmgenuss und Gedankenaustausch. Man könnte die Präsenz eines Filmes in Programmkinos als Event hervorheben und den Film anschließend auf der Streaming-Plattform weiter präsent halten. Es gibt einige Filmfestivals, die so etwas tun, spannend wäre es, von den Insellösungen weg zu kommen und eine gemeinsame Plattform dafür zu entwerfen.

Es ist die Vielfalt an Formaten, an kreativen Ideen, welche ein Filmland braucht, um zu gedeihen. Wer nur noch fördert und finanziert, was ohnehin gut läuft, wer also der heiligen Kuh "Wirtschaftlichkeit" hinterherläuft, braucht sich nicht wundern, wenn die Filmlandschaft verarmt. Die Großverleihe und Großproduktionen werden weiter von den staatlichen Förderungen profitieren, den Independent-Produktionen wird der Boden unter den Füßen weggezogen.

 

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