Der Funkfrequenz Verrat
Es waren die Begehrlichkeiten verschiedener Regierungen, welche die Funkfrequenzen auf denen Tonprofis mehr als ein halbes Jahrhundert lang Funkstrecken für Film, Funk und Fernsehen betrieben haben, zur Handelsware werden ließen. Der Staat hat diese Frequenzen einfach so verschachert, hat Milliarden dafür von Handyanbietern kassiert und all die Produktionsfirmen, die teures Funkstrecken-Equipment gekauft hatten, im Regen stehen lassen. Ab Januar 2016 waren die einstigen High Tech Funkstrecken plötzlich verboten. Ausrüstungen für einige Tausend Euro wurden damit über Nacht zu Elektroschrott erklärt.
Neuer Denkansatz
Aus der Schockstarre haben sich langsam mehrere Anbieter zu alternativen Lösungen durchgerungen, welche einige der Schwächen von Funkstrecken auf kluge Weise umgehen und vor allem, die ohne Funkfrequenzen auskommen, die möglicherweise in ein paar Jahren in einer nächsten Enteignungswelle den Anwendern fortgenommen werden könnten.
Die neuen kleinen Rekorder haben ähnliche Bauformen wie die früheren Funksender, doch sie senden keine Signale mehr, sie zeichnen sie direkt auf. Sie bestehen also aus mehr oder weniger hochwertigen Mikrofonvorverstärkern, aus Analog/Digitalwandlern sowie kompakten Rekordern, die auf Speicherkarten aufzeichnen. Soweit so gut. Denn gut ist tatsächlich, dass die kleinen Rekorder die Audiosignale nicht mehr auf Funkfrequenzen auf modulieren oder digital komprimieren müssen, sondern direkt auf eine Speicherkarte speichern. Das erhöht, zumindest theoretisch, die Tonqualität. Vor allem ist das Thema Tonaussetzer durch Funkstörungen damit gänzlich vom Tisch.
Ein etwas heikles Thema haben die verschiedenen Anbieter unterschiedlich gelöst. Die Bedienung. Bei Funkstrecken landeten die Tonsignale bei den Tonmeister-inne-n. Diese haben gepegelt und die Aufnahme ein und ausgeschaltet. Doch hier werden sie beim sprechenden Menschen aufgenommen. Naturgemäß ist es ungeschickt, wenn die Schauspieler ihre Geräte, die sie am Rücken tragen, selber ein und ausschalten und ggf. sogar selbst Pegeln müssen.
Handarbeit
Tascam DR-10
Genau das aber müssen sie bei der preiswertesten Variante dieser Rekorder, dem Tascam DR-10L tun. Ob Schauspieler oder Dokumentarfilm-Protagonisten das gerne tun wollen und vor allem ob sie es richtig und zuverlässig tun, ist zweifelhaft. Als besondere Variante gibt es den DR-10L auch mit einem XLR Aufsatz, womit man außer Ansteckmikrofonen auch Richtmikros, Handmikros etc. direkt aufnehmen kann. Das Gehäuse ist aus Plastik, was aber der Qualität keinen Abbruch tut. Dafür kostet der Tascam mit ca 200,- Euro auch am wenigsten von den drei hier angesprochenen Geräten.
Zoom F2 Field Recorder
Zoom hat mit dem F2 einen Minirecorder entwickelt, der dank 32 Bit Processing praktisch nicht mehr übersteuert. Das mitgelieferte Lavaliemikrofon kann dank Gewinde am Stecker fest mit dem Recorder verbunden werden und ist dadurch vor versehentlichem Herausrutschen geschützt. Per Blutooth kann das Gerät auch mit einer App bequem feinjustiert und eingeschaltet werden. In der Version F2-BT kann es auch mit Timecode zurecht kommen. Ohne Blutooth Funktionalität kostet der Zoom F2 rund 150,- €. Mit Blutooth kostet er 240,- €.
Ferngesteuert
Einen Schritt weiter geht da der "Little DARling" von JuicedLink, ein ebenfalls kleiner und leichter Rekorder, der in der Version DAR124RX01 per Fernbedienung in den Funktion Aufnahme und Stop gesteuert werden kann. Allerdings gibt es keinerlei Rückmeldung an die Fernsbedienung, ob die Aufnahme tatsächlich erfolgt. Als Besonderheit dieses Gerätes können verschiedene Eigenschaften auf einfache Weise durch Umschreiben einer config Datei geändert werden. Das Gehäuse ist aus Aluminium gefertigt, einige User beklagen in Foren, dass sich die Antenne zum Empfang der Remote-Signale rasch und irreparabel gelöst haben soll. Hier muß JuicedLink nachbessern. Preislich liegt der Little DARling bei etwa 300,- Euro.
Lectrosonics PDR
Die Luxus,- und sicherlich professionellste Variante ist der Lectrosonics PDR, welcher mit professionelleren Anschlussbuchsen und vor allem einer in beiden Richtungen komfortabel arbeitenden Fernbedienung per Mobile Device arbeitet. Konkret bedeutet dies, ein und ausschalten, Pegel korrigieren, Rekord und Stop können ferngesteuert kontrolliert werden. Das ist für professionelle Tonleute ein entscheidendes Kriterium. Tonmeister wollen kontrollieren können, was aufgezeichnet wird, hier bietet der PDR die optimale Kontrolle an. Mikrofone werden über eine 5-Pol Mini XLR Buchse angeschlosen. Außerdem bietet der PDR echten Timecode an, auch das macht ihn professioneller als andere Geräte. Das Gerät kostet dafür aber auch doppelt so viel wie die Konkurrenten von Tascam oder JuicedLink. Der PDR kostet rund 700,- Euro.
Zaxcom ZFR400
Ein weiterer Profi Anbieter, nämlich Zaxcom geht mit seinem ZFR400 einen ähnlichen Weg. Auch hier ist der Minirekorder fernsteuerbar und sogar der Timecode kann drahtlos an das Gerät übermittelt werden. Bei Zaxcom werden die Mikrofone über eine 3-Polige Lemo Buchse angeschlossen. Für die Stromversorgung sind leider keine handelsüblichen AAA Batterien oder Akkus einsetzbar sondern lediglich Akkus vom Typ 1 NP50. Auf Wunsch gibt das Gerät auch einen Bestätigungston von sich, wenn es ordnungsgemäß rekordet. Ein Kompressor der frei einstellbar ist, soll zuverlässig das Clippen bei überraschend lauten Signalen verhindern.
Mit einem Gesamtgewicht von 62 Gramm ist das Gerät unerhört leicht. Der Preis liegt bei knapp unter 1000,- USD. Zu den genannten Preisen kommen natürlich noch die Kosten für passende Lavallier-Mikrofone dazu, falls man nicht bereits geeignete Mikrofone besitzt. Interessant ist auch das Schwestermodell, das Zaxcom ZFR200, welches zwei Kanäle aufzeichnen und ebenfalls Timecode empfangen bzw. generieren kann.
Gemeinsamkeiten
Was die vier Geräte gemeinsam haben, sind die kompakte Bauform, eine lange Batteriedauer, bei ca. 10-12 Stunden, die Möglichkeit, zwei Spuren gleichzeitig aufzunehmen, maximal 48kHz/24-Bit Aufzeichnung sowie eine niedrige Stromversorgung einem Ansteckmikrofon zuzuführen.
Insbesondere die zweite Tonspur erlaubt es, ein und dasselbe Tonsignal ein zweites Mal mit niedrigerem Pegel aufzuzeichnen, neben einem Limiter eine sehr gute Variante um bei Übersteuerungen sicher zu sein.
Manche Dinge, die recht nützlich wären im Aufnahmebetrieb sind den kleinen Geräten verwehrt, etwa dass man die MIni SD Karten im Gerät selbst formatieren kann. Das sollte man beachten, sonst kann es zu unschönen Überraschungen kommen.
In jedem Fall stellen diese kleinen Geräte erste Ansätze zu alternativen Werkzeugen an Filmsets dar. Man darf gespannt sein, wie sich das Thema entwickeln wird.