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Eine Frage der Ehre

Nicole Ansari in „Franta“

Für viele war es lange Zeit eine Gewissensfrage: Würde das klassische Weltbild weiterhin Bestand haben oder würden die analogen Werte von digitalen Datenströmen überholt? Video hat den analogen Film komplett abgelöst, sagen die einen, der analoge Film wird noch lange die Nase vorn haben, wenn es um Qualität und Ausdruck geht, sagen die anderen.

 

Die teilweise sehr hitzigen Diskussionen ranken sich einerseits um technische, andererseits um ästhetische Aspekte der beiden unterschiedlichen Verfahren analoger Film und Digital. Auch wenn wir dabei Gefahr laufen, in ein Wespennest zu stechen, so wollen wir versuchen, die wichtigsten Aspekte ein wenig zu entwirren und zu erläutern. Letztendlich wird sich das Rad der Zeit, welches die digitale Cinematographie nach Vorne brachte, nicht zurückdrehen lassen. Obwohl 2018 noch überraschend viele Kinofilme auf analogem Film gedreht wurden.

 

Grundsätzlich geht es um analoge optische und digitale magnetische Bildaufzeichnung. Es geht um unterschiedliche Verfahren, ihre Berührungen, Überschneidungen und Gegensätze. Es geht um die Aufnahmeseite und um die Abspielseite.

 

Digitale Cinematographie / 24p

Auch, wenn die Promoter es gerne anders darstellen möchten, 24p soll den einfachen internationalen Programmaustausch sicherstellen. Schon früher wurden Videos auf Film gefazt. Dabei traten beim Transfer von Video auf Film aber deutliche Artefakte auf, die vor allem mit der Halbbildaufzeichnung zusammenhingen. Bei der Vollbildaufzeichnung entfielen einige dieser Probleme.

 

Und da das amerikanische Fernsehsystem mit einer Framerate von 30 Bildern in der Sekunde arbeitet, sind 24 Bilder einfach ein günstiger Teiler um für TV auf 30 Bilder zu wandeln. Mit 25 Bildern in der Sekunde, wie beim europäischen Fernsehen, tut man sich da schwerer.

 

24p speichert, so wie der Film, 24 komplette Bilder pro Sekunde (fps, frames per second). Die Aufzeichnung erfolgt mit einer Auflösung von 1920x1080 (HD) oder entsprechend höher bei 4K oder 8K, HD liegt minimal unter der durchschnittlichen Super-16-Filmauflösung  von 2K. Auch, wenn der Name es nicht vermuten lässt: Die Bildrate lässt sich auch auf 25 und 30 Vollbilder (sowie auf Halbbildraten von 50i und 60i) einstellen, womit das System auch für Länder mit 60Hz-Stromnetz wie die USA problemlos als HDTV-Träger einsetzbar ist.

 

Technisch gesehen unterstützen die Kameras die verschiedenen Vollbild-Raten (Segmented Frame Mode) und Halbbild-Raten (Interlaced Mode). Die Standard-Belichtungszeit entspricht mit 1/48 Sekunde der von Filmkameras.

 

35 mm – der Klassiker

Momentan bietet das 35mm-Filmmaterial eine Auflösung von ca. 5 bis 6K und einen bisher von anderen Kamera-Aufzeichnungssystemen nicht erreichten Farb- und Kontrastumfang. Was den internationalen Programmaustausch angeht, so ist der Film noch immer absoluter Spitzenreiter, ebenso in den Disziplinen Haltbarkeit und Kompatibilität. Auf der ganzen Welt werden im Kino 35mm-Kopien gezeigt, und das zum Teil auf sehr alten Projektoren. Doch die Kinos sind in Europa weitgehend digitalisiert, das Handling der schweren 35mm Kopien hat Nachteile gegenüber dem Versand von Festplatten oder dem Datentransfer über IP (internet Protokoll).

 

Auch die Ausgereiftheit der analogen Kameras, die über viele Generationen durch viel Dreherfahrung immer weiter optimiert wurden, wird nur von wenigen digitalen Kameras, wie etwa der Arri Alexa oder der Sony Venice erreicht. Sie liegen einfach besser in der Hand, auf der Schulter, auf dem Stativ. Filmkameras sind Arbeitstiere, stabil und zuverlässig. Im Gegensatz zu Videokameras haben sie weniger Probleme mit Feuchtigkeit, Kälte und Wärme. High-Speed-Aufnahmen bis zu Geschwindigkeiten von 4.000 fps waren lange Zeit nur mit Film realisierbar. Inzwischen gibt es auch digitale Varianten.

 

Unterschiedliche Bilderwiedergabe

Wenn man die analoge Filmprojektion und die digitale Projektion einmal sprichwörtlich aus der Nähe betrachtet, und ganz dicht an eine 10 bis 12 Meter breite Leinwand herantritt, erkennt man rasch die Unterschiede in der Bilderzeugung. Das liegt einfach in der Natur der Sache, das Analoge Filmbild ist vielmehr der Zufälligkeit unterworfen, als das digitale Bild. Viele Plugins moderne Bildbearbeitungssysteme versuchen, diese Unvollkommenheit zu immitieren.

 

Beim Film stellen benachbarte Silberteilchen (das Filmkorn), die bei jedem Filmbild ein wenig anders aussehen und etwas anders positioniert sind, jeweils die kleinste Auflösung der Bildinformation dar. Aus der Nähe sieht es aus, als würden sie tanzen, auch wenn sich das Bild an dieser Stelle gar nicht verändert. Genau dieser Umstand, die Zufälligkeit, wo sich jeweils die Farbpigmente befinden, erzeugt diesen unverkennbaren, irgendwie dem menschlichen Auge natürlicher wirkenden Bildeindruck.

 

Beim Videobild haben wir es mit rechteckigen Farbquadraten zu tun, die jeweils stets an der gleichen Stelle sind, und sich nur dann von ihrem Farb-, und Helligkeitswert her ändern, wenn die Bildinformation sich ändert. Steht man direkt vor der riesigen Leinwand, so hat solch ein digitales Pixel etwa einen Quadratzentimeter Größe. Entfernt man sich wieder von der Leinwand, so kann das Auge das einzelne hüpfende Filmkorn oder das rechteckige Pixel nicht mehr erkennen. Was man aber spürt ist, dass das Filmbild mehr atmet, weniger starr, organischer ist.

 

Diverse Plugins für die gängigen Schnitt,- und Farbkorrekturprogramme versuchen diesen Effekt nachzuahmen und damit den digitalen Aufnahmen eine organischere Wirkung zu geben.

 

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