Wer bei der Suche nach dem optimalen Allrounder-Zoom für Videos mit Sonys Alpha Mirrorless auf klassische Marken setzt, könnte bei manchen Exemplaren daneben liegen... Nicht wenige drehen mit Sonys Vollformat Mirrorless Kameras der Alpha 7 Reihe hochwertige Videos. Wer aber nicht szenisch sondern dokumentarisch drehen möchte, wird sehr schnell nach einem Zoom Ausschau halten, um flexibler zu sein und nicht dauernd Festbrennweiten wechseln zu müssen.
Das Wechseln von Festoptiken erhöht das Risiko, dass Staub auf den Sensor gelangt, außerdem kann man nicht sofort reagieren, wenn man erst die Objektive wechseln muss und natürlich will man beim dokumentarischen Drehen nur ungerne dieverse Objektive mitschleppen.
Wer dann das vorhandene Angebot studiert und ein Zoom sucht, welches vom Weitwinkel bis zum Telebereich die wichtigsten Brennweiten abdeckt, wird recht schnell auf das Zeiss Tessar 24-70 F4 stoßen, welches einigermaßen kompakt ausgefallen ist und immerhin eine konstante Blende 4 über alle Brennweiten liefert, was man von dem Sony- Kitobjektiv mit gleichem Brennweitenbereich nicht sagen kann. Da landet man im Telebereich auch schnell bei einer 5,6.
Daneben gibt es eigentlich nur noch zwei Sony-Eigenentwicklungen, die beide bei 24mm beginnen und bis 105mm reichen, das eine, exorbitant teuer und mit einer 2,8er Blende und das andere etwas günstiger und dafür mit einer Blende 4 lichtschwächer. Augenfälliger Nachteil der beiden Sony Zooms sind die Größe und das Gewicht, welche bei einem so kompakten Fotoapparat doch deutlich ins Gewicht fallen.
Zeiss 24-70 F4
So fiel unsere Wahl, auch weil wir von den Festbrennweiten von Zeiss durchaus begeistert waren, auf das kleinere und leichtere 24-70 F4 von Zeiss. Das Objektiv kostet etwa ein Drittel weniger als die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, etwas weniger als 700 Euro. Das klingt fair, schließlich gilt Zeiss als Hersteller hervorragender Optiken.
Zum Glück haben wir vor dem bevorstehenden Auslandsdreh noch Testaufnahmen mit dem neuen Zoom gemacht und dabei Unglaubliches festgestellt. Das Eine, dass nämlich die Auflösungsleistung des Objektivs für alle Sensoren jenseits der 24 Megapixel einfach zu schlecht ist, hätte man noch in den einschlägigen Foren und Testseiten im Web finden können. Leider stimmt es wirklich, bei 36 Megapixeln oder 42 Megapixeln wirkt das Bild undefiniert und niedrig aufgelöst. Für die avisierte finale Auslieferung des Videofilms in HD wäre dies noch kein Problem gewesen.
Verstörende Video Bildstabilisation
Das Andere aber, was die Testvideos ans Tageslicht förderten, war so verstörend, dass es zur Rückgabe des Zeiss Objektivs führte. Bei Schwenks aus der Hand, also jener Kameraführung, die bei dem geplanten Dokumentarfilm zum Einsatz kommen sollte, kam es zu eigenartigen Bewegungsartefakten. Bildteile schienen für kurze Zeit zu schwimmen, wirkten instabil. Ursache dieser Artefakte waren mit großer Sicherheit die beiden Bildstabilierungssysteme von Optik und Kamera. Sowohl in dem Zoom arbeiten bewegliche Linsen daran, Wackler der Handhaltung auszukorrigieren, als auch in der Kamera, wo der Sensor entsprechend gegen die unruhige Hand ausgleicht.
Ganz offensichtlich gibt es keinerlei Abstimmung der beiden Stabilisierungsmechanismen miteinander, woduch die Systeme im ungünstigsten Fall gegeneinander arbeiten. Sicherlich könnte man eine der Stabilisierungen abschalten, um das Problem zu beheben, doch damit nimmt man den Handgeführten Schwenks auch einen Teil ihrer Stabilität. Wir wollen ja gerade die maximale Bildstabilisierung nutzen, quasi das jeweils Beste aus den beiden eingesetzten Stabilisierungsverfahren herausholen. Abschalten wäre da keine Option. Also ging das Zeiss 24-70 F4 zurück und wurde gegen das leider größere Sony 24-105 gegen Aufpreis eingetauscht.
Sony 24-105 F4
Der direkte Bildvergleich sowohl im Fotobereich als auch bei der Videoaufnahme brachte zum Vorschein, dass die neuere Sony Zoomoptik um Lichtjahre besser ist, als das altehrwürdige Zeiss. Die Auflösung, das Kontrastverhalten, praktisch alle vergleichbaren Parameter sind um Längen besser. Selbst die Art der Unschärfe im Bildhintergrund, auch Bokeh genannt, ist dank zwei Lamellen mehr in der Blendenkonstruktion (9 beim Sony, 7 beim Zeiss) deutlich schöner. Und wie es sich für eine solche Optik gehört, kommuniziert die Bildstabilisierung des Objektivs mit jener, die den Kamerasensor stabilisiert und die Artefakte bleiben spurlos verschwunden.
Sicher, auch die Weichheit eines Objektivs kann eine Qualität sein, aber wenn sie auf zu geringer Auflösung beruht, kann das Ganze durchaus kontraproduktiv sein. Im Bildbeispiel mit dem Fahrradschloss,- eine starke Ausschnittsvergrößerung übrigens, kann man gut erkennen, dass die weichen Übergänge zur Unschärfe hin und hohe Auflösung sich nicht ausschließen müssen.
Die Verzeichnungen, die solch ein Objektiv nun mal im Weitwinkelbereich hat, werden bei H264 restlos von der Kamera herausgerechnet, nur bei RAW-Aufnahmen kann man sie sehen und muss sie dann per Software nachträglich kompensieren.
Wer also mit seiner Sony Vollformat Mirrorless hochwertige Videoaufnahmen oder auch Fotos mit einem Universalzoom machen möchte, sollte unbedingt zu der Sony Optik 24-105 F4 greifen. Ein fantastisches Objektiv welches die Möglichkeiten der Kamera nicht unnötig begrenzt und auch im Videomodus (dank logischer Kommunikation der Stabilisatoren), keine psychedelischen Artefakte hinzufügt. Bravo, für höhere Auflösungen absolut empfehlenswert.
Ob die Optik auch für Sonys neue Alpha RiV mit 62 Megapixeln genügt, ist eine ganz andere Geschichte...