Obwohl sie streng bewacht und kontrolliert sind, werden die Ausstellungsräume des legendären "Museum of Modern Art" in New York neuerdings von jungen unabhängigen Künstlern zweckentfremdet. Sie decken Millionenschwere Gemälde einfach ab und stellen ihre eigenen Werke in Räumen renommierter Künstler aus.
Allerdings findet all das nicht real in dem riesigen Museumsbau statt, sondern rein virtuell mit Hilfe der offiziellen MoMA Augmented Reality-App namens MoMAR-Galerie und jeder Menge Umprogrammierung.
Die jungen Kunst-Hijacker benutzen die in der offiziellen App vorhandenen Positions,- und Größeninformationen zu den real ausgestellten Gemälden, um diese durch ihre eigenen Arbeiten zu ersetzen.
Nicht die ersten Aktionen
Es ist in der Vergangenheit sehr selten, aber dennoch vorgekommen, dass Künstler in verschiedensten Museen der Welt als Aktionen eigene Arbeiten den Exponaten hinzugefügt bzw. aufgehängt haben. Diese spektakulären Aktionen waren natürlich höchst riskant und strafbar. Dieser neue digitale Ansatz stellt Museen wie das MoMA vor neue Herausforderungen, schließlich stellt diese virtuelle Aktion indirekt auch die elitäre Auswahl der Kuratoren derartiger Einrichtungen in Frage.
Augmented Reality Anwendungen sind dank leicht zugänglicher Programme wie Apples "AR-Kit", HPs "Reveal", iStagings "LiveTour", der "HoloBuilder" oder Googles "ARCore" auch gänzlich ohne eine vorgegebene offizielle Museumsanwendung in der Lage, Museumsräume mit anderen Kunstwerken zu bestücken. Sind die Räumlichkeiten der Museen fest an die dort hängenden Kunstwerke gekoppelt, oder dürfen die Räume theoretisch auch losgelöst als virtuelle Projektionsfläche neuer Kunstwerke genutzt werden?
Rechtsfreier Raum & Freiheit der Kunst?
Während die tatsächlichen, physischen Veränderungen in Museen durch Kunstaktivisten verschiedenste Gesetze brechen, bzw. gebrochen haben, wird es bei AR und VR schwierig für die Museen, sich gegen diese Machtübernahmen zu wehren. Der virtuelle Hausfriedensbruch ist noch nirgendwo in der Welt als Straftatbestand definiert. Insbesondere bei AR findet ja keine Aufnahme der Räume statt, der Betrachter besucht diese nur und sieht real die besuchten Räume, also wird auch keine illegale Aufnahme gemacht, die unter Copyright fallen könnte. Und die überlagernden Kunstwerke der Aktivisten werden ja mit deren ausdrücklicher Erlaubnis in die AR App integriert.
All dies sind natürlich klare Statements insbesondere zu der Bevormundung eines offiziellen Kunstbewertungssystems, eines Marktes, der mehr oder weniger willkürlich Geschmack prägt und Kunstmärkte befeuert.
Interessanterweise nutzen verschiedene Museen entsprechende Apps bereits, um beispielsweise zerstörte, gestohlene oder zur Restaurierung aus der Ausstellung genommene Werke virtuell weiterhin sichtbar zu machen.
Die Kunstwelt mit ihren allmächtigen Kuratoren scheint mehrheitlich eher humorfrei zu sein, die bisherigen Reaktionen auf die neuen Möglichkeiten sind sehr gemischt, von Abwartend bis Empört.
Man darf gespannt sein, wann die ersten AR-Brillen,- und Handyverbote an den Eingängen großer Museen auftauchen werden...