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Animation Schärfe suchen

Bisherige Autofocussysteme haben stets gepumpt, wenn sie nach der richtigen Schärfe gesucht haben. Mit Dual Pixel Autofocus gehört das der Vergangenheit an

 

Es klingt wie ein Widerspruch in sich, darf man die Schärfe am Filmset Kameraassis aus der Hand nehmen und einer intelligenten Automatik überlassen? Canon hat dazu innovative Techniken entwickelt. Betrachtet man weit über 100 Jahre Filmgeschichte, so lautete die Antwort eindeutig "Nein", schließlich galt bis jetzt an professionellen Filmsets die Ansage, dass Autofocus etwas für Amateure sei. Doch in jüngster Zeit sind neue Systeme im Markt, Dual Pixel AF genannt, die das alte "Nein" in Frage stellen.

 

Autofokus neu gedacht

Bisher war die automatische Schärfe bei Videokameras auch grundsätzlich durch das mehr oder weniger schnelle Suchen nach der richtigen Schärfe, erkennbar am unübersehbaren Schärfepumpen sowie unerwarteten Schärfeverlagerungen, weil die Kameraautomatik unerwartet ein anderes Bildelement für Schärfewürdig erachtete, gekennzeichnet. Ein absolutes No Go für professionelle Aufnahmen.

Unser Movie-College Artikel über Kameraautomatiken weiß darüber mehr zu berichten, doch es scheint fast, dass dieser Artikel, zumindest in dem Aspekt Autofocus durch die technische Entwicklung etwas relativiert werden muss. Canon hatte mit seiner EOC C 100 erstmals sein "Dual Pixel CMOS AF" System vorgestellt, welches die bisher bekannten Probleme mit dem Autofokus in den Griff bekommt. Diese Probleme resultieren vor allem aus dem Ansatz, dass dezidierte AF Sensoren über die Auswertung des Kontrastes in einer Art Trial and Error Verfahren die richtige Schärfe ermitteln und die Suche nach der Schärfe eben auch in der Aufnahme zu sehen ist.

Doch dank der neuen Dual Pixel AF Technologie können Personen oder sich bewegende Objekte von der Automatik kontinuierlich und ohne das gefürchtete Pumpen, in der Schärfe gehalten werden, selbst wenn diese sich auf die Kamera zubewegen. Vorbei sind die Zeiten des suchenden und stotternden Autofokus, weiche, unsichbare und kontinuierliche Nachführung der Schärfe.

 

Intelligenter Parallaxenvergleich

Pixel auf Sensor

Auf der Abbildung sieht man die einzelnen, in Grau dargestellten Fotodioden, welche durch unterschiedliche Filter (Rot, Grün und Blau = RGB) für die Grundfarben sensibilisiert werden. Neben der reinen Bildaufnahme haben jeweils zwei nebeneinanderliegende Sensoren zugleich die Aufgabe, die Parallaxe zum Aufnahmemotiv, die durch den Pixelabstand entsteht, zu messen und daraus permanente Entfernungsinformationen für den Autofokus zu generieren. Hier sind nur zwei Fotodioden (Sensel) bei der Messung durch Linien symblohaft angedeutet, tatsächlich messen 80% aller auf dem Sensor befindlichen Fotodioden.
 

Möglich wird diese Genauigkeit durch die Innovation, dass für alle Bildpunkte des aufzuzeichnenden Bildes jeweils zwei Photodioden samt eigener Mikro-Linse (zum besseren Bündeln von Licht) auf dem Sensor vorhanden sind, welche beide eine Information ausgeben. Mit Hilfe dieser zusätzlichen Informationen kann der Kameraprozessor eine Phasenvergleichsmessung vornehmen. Im Gegensatz zu bisherigen AF-Sensoren, die zumeist die Bildmitte erfasst haben, kann das Dual Pixel System fast über die gesamte Bildfläche (80%) messen. Ganz nebenbei werden die Photodioden natürlich auch zur verbesserten Bilddarstellung genutzt, so kann beispielsweise Streulicht je nach Einfallswinkel reduziert werden. Statt einiger weniger Autofokus-Messpunkte besitzen die Dual Pixel AF Sensoren also Millionen von Messpunkten.

Wenn nämlich das gleiche Objekt aus zwei etwas auseinander liegenden Positionen erfasst wird, lässt sich aus der Parallaxen-Informationen der Abstand berechnen. Die mechanische Variante dieses Verfahrens war der gute alte Schnittbildentfernungsmesser in früheren Fotoapparaten, die biologische sind unsere Augen mit ihrem Abstand zueinander. Doch die Schärfe bei Schnittbildentfernungsmessern war nur so schnell manuell eingestellt, wie unsere Augen und unsere Hände am manuellen Fokusring des Objektivs zu Reagieren im Stande waren. Überlässt man diese Aufgabe in der digitalen Variante einem intelligenten Mikroprozessor, der zudem auch noch Wahrscheinlichkeiten und die voraussichtliche Geschwindigkeit von Bewegungsabläufen berücksichtigen kann, dann geht das Ganze blitzschnell und sehr zuverlässig.

 

Schnittbild

Bei alten Fotoapparaten waren es die Misch,- und Schnittbildentfernungsmesser, letzterer ist hier im Bild von der Madison Avenue dargestellt, welche mit Hilfe der Parallaxe und eines verschobenen Bildteils in der Bildmitte sehr effektiv die Scharfstellung erleichterten. Man brauchte nur so lange am Schärfering des Objektivs drehen, bis die Verschiebung aufgehoben war, dann war das Bild scharf. Beim Mischbildentfernungsmesser sah man das Sucherbild zweimal übereinander, also Doppelbilder, die man durch Drehen am Schärfering zur Deckung brachte. Derartige Einstellhilfen hatten sogar schon die alten Leicas. Die digitale Dual-Pixel Autofocus Variante von Canon misst mögliche Schärfepunkte nicht nur in der Bildmitte, sondern auf etwa 80 % der gesamten Bildfläche.

 

Kreative Möglichkeiten

Mit Hilfe des Touch Screens kann man dem System mitteilen, welches Objekt bzw. welche Person in der Schärfe gehalten werden soll und kann auch in einer laufenden Aufnahme Schärfeverlagerungen beispielsweise in den Bildhintergrund vornehmen. Hierfür kann man im Menü auch die Geschwindigkeit, mit der die Schärfe sich verändern soll, einstellen. Auch die bei klassischen Autofokus gefürchtete Situation, dass sich in dem als Bildwichtig identifizierten Bildbereich im Vordergrund ein anderes Objekt vor das eigentlich bildwichtige Objekt schiebt und darauf fokussiert wird, also der berühmte Passant, der vor unserem Protagonisten durchs Bild läuft und die Schärfe damit vom Protagonisten zieht, gehört der Vergangenheit an.

Canon unterscheidet dabei für die Schärfeverfolgung die Gesichtserkennung sowie das Objekt-Tracking. Das bedeutet beispielsweise, dass die Kamera nicht zwingend das Gesicht einer Filmfigur in der Schärfe halten muss, sondern statt dessen auch einen Gegenstand, den diese in der Hand hält, im Fokus mkitführen kann. Dabei erzielt man zumeist die besseren Ergebnisse, wenn man statt Spot-AF (Single Point AF) die Einstellung Zonen AF (Zone AF) verwendet.

Schauspieler kennen das und auch im Dokumentarfilmbereich wird man immer wieder darum gebeten, langsamer zu gehen, sich nicht so schnell zu bewegen, um mehr Zeit für das Scharfstellen zur Verfügung zu haben. Diese Rücksichtnahme ist bei Dual Pixel AF zumindest unter technischen Aspekten nicht mehr nötig. Und falls man unter ästhetischen Gesichtspunkten keine extrem schnellen Schärfeveränderungen wünscht, weil dies die Zuschauer vielleicht irritiert, kann man dies im Kameramenü einstellen.

 

Einsatzbereiche

Große Kamerasensoren, insbesondere APS-C und Vollbild haben bei offener Blende sehr geringe Schärfentiefe. Höhere Auflösungen wie 4K und 8K erfordern ebenfalls präzisere Schärfe. Gerade hier kann der Dual Pixel Autofokus helfen, schwierige Situationen zu meistern und Schärfenprobleme zu vermeiden.

Gerade in der aktuellen Berichterstattung, aber auch in anderen Bereichen wird immer mehr Personal eingespart. Oft müssen Kameraleute gleich mehrere Jobs ausüben, die früher im Team erledigt wurden. Hier verschafft der zuverlässige und unsichtbare Autofokus spürbare Entlastung.

Damit eröffnen sich vor allem für Dokumentarfilmer, Video-Journalisten oder Produktionen, die sich einfach keinen Schärfeassi leisten können, neue Möglichkeiten, bessere Aufnahmen zu erreichen. Beim klassischen Interview muss man sich nicht mehr davor fürchten, dass sich Gesprächspartner-innen vor und zurück bewegen, die Kamera hält sie einfach in der Schärfe.

Für Sport und Tieraufnahmen ermöglicht der Dual Pixel Autofokus zuverlässigere Schärfe und verhilft damit zu mehr brauchbarem Material. Auch bei sich schnell bewegenden Objekten in Zeitlupe eröffnen sich damit bessere Aufnahmebedingungen.

Anwendungen, bei denen die Schärfe per Remote gesteuert werden muss, wie Gimbal-Shots oder Drohnenaufnahmen profitieren ebenfalls von dem Dual-Pixel Autofokus. An ruhigen Drehorten machen sich einige Autofokus-Motoren in den Objektiven im Filmton unangenehm bemerkbar. Für Filmzwecke eignen sich ganz besonders die Canon AF Nano USM Objektive, weil diese besonders leise arbeiten. 

 

Canon EOS C300

Canon EOS C300 Mark II (Pressefoto Canon)

 

Wer für seine Kamera hochwertige Autofokus-Objektive besitzt, konnte bei diesen auf Grund der Konstruktionsweise zumeist keine oder ungenau manuelle Schärfe ziehen. Dank Canons Dual Pixel Autofokus kann man mit diesen Objektiven nun doch saubere Schärfenkontrolle erzielen, allerdings nicht manuell, sondern automatisch. Und damit sind geeignete Videokameras wie die EOS C 100 sowie die EOS C300 DAF, aber auch Video- fähige Fotokameras von Canon wie die EOS 70D, EOS 7D Mark II, EOS-1D X Mark II oder EOS 5D Mark IV sicherlich auch für ambitionierte Low-Budget Spielfilme interessant.

Selbstverständlich kann man mit Hilfe eines optionalen W-Lan Transmitters über eine App auch vom Handy oder Tablet aus auf die AF Einstellungen zugreifen und sogar ein Live-Bild mit leichter Verzögerung kontrollieren.

 

Und der Kinospielfilm?

Es liegt in der Natur der Sache, dass all dies nur mit den hierfür geeigneten Autofocus Objektiven von Canon bzw. für Canon Mount funktioniert. Hier gibt es am Markt eine breite Palette an Objektiven, deren Auswahl vom persönlichen Geschmack, dem Einsatzzweck und vom Budget abhängig ist.

Damit sind die hochwertigen Profi-Primes anderer Hersteller wie Zeiss, Cooke oder Leica welche bei hochwertigen Kino-Produktionen eingesetzt werden, weitgehend ausgeschlossen. Doch die kommen, wie schon erwähnt, ohnehin zumeist nur bei aufwändigen Spielfilm-Drehs zum Einsatz, wo der Beruf des Kameraassis/ der Kameraassistentin auch aus diesem Grund in näherer Zukunft unverzichtbar bleibt.

 

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