Daten |
Argentinien/Spanien, 122 Minuten Regie: Damián Szifron DARSTELLER: Ricardo Darín, Oscars Martinez, Leonardo Sbaraglia, Érica Rivas, Rita Cortese, Julieta Zylberberg y Dario Grandinetti |
Ein ambivalenter Film über das menschliche Versagen.
Die Welt, in der wir leben, kann oft ungerecht und bitter sein, vor allem in Schwellenländern wie Argentinien. Die Menschen sind gestresst, werden depressiv und manche von ihnen rasten aus. RELATOS SALVAJES ist ein Film über die, die austicken.
Es ist der einzige südamerikanische Film, der es dieses Jahr in die "Compétition" geschafft hat. Damián Szifron, der Regisseur, ist ein Neuling in Cannes und gehört mit seinen 38 Jahren zu den jungen Kandidaten des diesjährigen Festivals. Vor allem, wenn man ihn mit seinen Konkurrenten (Jean-Luc Godard, Mike Leigh oder Ken Loach) vergleicht. Der bisher bekannteste Film des Argentiniers ist TIEMPO DE VALIENTES aus dem Jahr 2005.
RELATOS SALVAJES ist ein Episodenfilm. Die einzelnen Sequenzen haben inhaltlich nichts miteinander zu tun, weisen aber dennoch alle eine Gemeinsamkeit auf: Charaktere, welche die Kontrolle über sich selbst verlieren und dadurch zu barbarischen Akten greifen. Die Auslöser sind verschiedener Art: Ehebruch oder Strafzettel, um zwei Beispiele zu nennen. Szifron zeigt uns mit viel Ironie und schwarzem Humor, wie schnell die Grenze zwischen Zivilisation und Barbarei verschwimmen kann.
Ein Flugzeugabsturz, ein Mord in einem Restaurant und ein Streit zweier Autofahrer, der eskaliert. Die ersten drei Episoden sind sehr amüsant und im Kinosaal konnte sich kaum jemand ein Lachen verkneifen. Die nächsten Sequenzen haben weniger Würze und die Handlungen werden voraussehbar. Es wird recht offensichtlich, dass die Charaktere jedes Mal auf die "unvermeidliche Katastrophe" zusteuern. So verliert der Film zwischendurch etwas an Reiz. Mit der letzten Sequenz beschert der Regisseur den Zuschauer doch noch mit einem turbulenten Happy End. Abgesehen von dem Inhalt, ist die Kameraführung sehr auffallend.
Fazit: Ein vielschichtiger und ambitionierter Film, der eine Menge unterschiedliche Themen anspricht. Vielleicht etwas zu viele: Zusammen wirken die Episoden etwas unstimmig und man hat teilweise den Eindruck, die Top 10 eines Kurzfilmwettbewerbs vorgeführt zu bekommen. Trotzdem sind alle Teile im Einzelnen betrachtet recht gut gelungen.
Gesehen von Luis Schubert