Coffee and Cigarettes
Schauspieler und Musiker im Kaffee- und Zigaretten-Rausch.
Kinostart: 19.08.2004
Der neue Spielfilm "Coffee and Cigarettes" vom Vorreiter der Independentwelle in Amerika - Jim Jarmusch - ist ein Episodenfilm über bizarre Menschen, die ihre Zigarettenpausen mit absurden und urkomischen Dialogen füllen und sich dabei noch mit Unmengen von Kaffee betrinken.
Die Episoden sind entstanden, als Jim Jarmusch 1986 von der amerikanischen TV Sendung "Saturday Night Live" beauftragt wurde, ein paar Sketche für sie zu machen. Der Regisseur hat die unterschiedlichsten, renommierten Schauspieler und Musiker wie Iggy Popp, Tom Waits, Steve Buscemi, Cate Blanchett, Bill Murray, Roberto Benigni, Steven Wright u.v.a. zum Kaffeebreak eingeladen. In diesen Kurzfilmen dürfen sie sich selbst darstellen, aber die Storys sind fiktiv. Einerseits kommt der Film sehr authentisch rüber, andererseits ist der Stoff so wirr, dass er weit von der Realität entfernt ist. So brilliert Cate Blanchett in einer Doppelrolle als erfolgreicher Filmstar und ihre Cousine, die im Gegensatz zu ihr von Pech verfolgt wird und nichts auf die Reihe bekommt.
Die Hauptdarsteller aber sind der schwarze Kaffe und die verfluchten Zigaretten, die als Leitfaden des Filmes dienen. Fast scheint es so, als wären "Coffee and Cigarretes" für Jarmusch eine ästhetische Vorlage. In entschlossener Konsequenz begibt sich der Regisseur auf einen durchgezogenen schwarz-weiß Kontrast, der sinnbildlich für Kaffee und Zigaretten steht. Dieses Prinzip ist das einzige beständige Element des Filmes inmitten der vielen Situationswechsel, die geprägt sind von schrägen Charakteren und ihren schlechten Angewohnheiten. Kaffee und Zigaretten sind bei Jarmusch kein bloßer Konsum, sie sind eine zelebrierte Lebensform, die selbst Mahlzeiten zu ersetzen droht.
Zur "Handlung" (wenn man dies als solche bezeichnen darf): Jarmusch setzt seine Protagonisten einfach an einen Tisch in irgendeiner Kaffebude, ohne dem Zuschauer den genauen Schauplatz zu erörtern. Das interessiert uns eigentlich auch gar nicht, wenn Bill Murray oder Steve Buscemi als Kellner verkleidet im Bild erscheinen und literweise das dunkle Zeug, das nach einem sehr starken Kaffe aussieht, aus der Kanne schlucken oder Theorien über Elvisverschwörungen aufstellen. Die anderen sind total aufgedreht nach einer zehnten Tasse und versuchen einen Smalltalk zu führen. Skurril ist auch das Duell zwischen zwei legendären Musikern wie Iggy Popp und Tom Waits, die seinen Namen in der Jukebox einer Absteige nicht wieder finden. Oder wir sehen eine geheimnisvolle Dame, die eine Marlboro Lights nach der anderen verspeist und einen Waffenkatalog durchblättert.
Absurd? Ja, wahrscheinlich. Aber das ist es doch, was uns so oft grenzenlos begeistert. Wir sehen die Realität, die Jarmusch durch die Kameralinse beobachtet, jedoch nicht verurteilt. Für einen Augenblick entblößt er die einsamen Seelen, während sie eine kurze Pause auf einem schwarz-weißen Schachbrett einlegen und sich mit Nikotin und Koffein voll dröhnen. Und mit jeder neuen Geschichte freut man sich jedes Mal neu über die erkannten Gesichter toller Persönlichkeiten.
Gesehen von Xenia Sigalova