Winterreise
Daten |
Winterreise 96 Min., D 2006 REGIE: Hans Steinbichler DARSTELLER: Josef Bierbichler, Hanna Schygulla, Sibel Kekilli |
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Regie: Hans Steinbichler
Kinostart: 23. November 06
Nach "Hierankl" und einigen Dokumentarfilmen hat Hans Steinbichler nun mit "Winterreise" einen neuen Spielfilm verwirklicht.
Erstmals als Eröffnungsfilm des Filmfest München 2006 gezeigt, reagierten die Kritiker gespalten. Dabei polarisierte nicht nur die Instrumentalisierung der Landschaft als Spiegel der Seele, sondern auch der schauspielerische Kraftakt Josef Bierbichlers- was die einen schlicht grandios fanden, stieß den anderen als unangebrachter Egotrip auf.
Auch wenn Bierbichler in der Tat manchmal wie ein Kampfhund wirkt, den Steinbichler nur schwer an der Kette halten kann, gibt erst die radikale und sichtbar kraftstrotzende Darstellung dem Film die nötige Rauhheit, damit die Geschichte einer sich auflösenden Identität nicht in Heilsversprechenden Afrikabildern ertrinkt.
Bierbichler spielt den Wasserburger Kleinunternehmer Brenninger, dessen Unternehmen kurz vor dem Bankrott steht. Brenninger lässt sich auf ein dubioses Geschäft mit einem afrikanischen "Konsul" ein. Dadurch sind auch noch 50000 Euro weg, die eigentlich für die Augenoperation seiner Frau (Hanna Schygulla) gedacht waren. Brenninger macht sich mit der jungen Dolmetscherin Laila (Sibel Kekilli) kurzentschlossen auf den Weg nach Afrika, um sein Geld zurückzuholen. Es wird Brenningers "Winterreise".
Steinbichler lässt einem zu Beginn nicht viel Zeit zur Erholung: kurze Einstellungen mit häufigen Schärfewechseln vollziehen nach, wie es Brenninger umtreibt, und verhindern, dass sich der Zuschauer an Details "festsehen" kann. Erst mit der Ankunft in Afrika kommt Ruhe in den Film, die allerdings (und dafür muss Afrika ja meistens herhalten) mythologisch verklärt wirkt. Selbst die Bilder aus den Elendsvierteln fügen sich da ein wie ein Werbespot eines gemeinnützigen Hunger-hilfs-verein.
Ganz klar: der Film polarisiert. Kein Wunder also, dass manche Kritiken mit erstaunlich unkritischer Häme über "Winterreise" herzogen. Mit seinen Brüchen und vielfältigen Bedeutungsebenen ist "Winterreise" vor allem aber eins: ein emotional berührender Film, der auch über den Kinobesuch hinaus lange Zeit nachhallt. Und das können nicht viele Filme von sich behaupten.
Gesehen von Johannes Prokop
Wintertochter
Regie: Johannes Schmid
Daten |
Wintertochter Deutschland/Polen 2010 |
Der Film Wintertochter, der Oktober dieses Jahres ins Kino kommt, ist der zweite Kinofilm für Kinder von dem Filmregisseur Johannes Schmid. Diese deutsch-polnische Produktion aus dem Jahr 2010 soll angeblich besser sein als die erste von Schmid, die "Blöde Mütze!". Mal schauen!
Dieser Film scheint am Anfang ein Road-Movie zu sein, jedoch geht es weit nicht bloß um eine bewegliche Reise. Der Zuschauer geht mit den Schauspielern auf die Suche nach dem Verlorenen.
Grundsätzlich ziehen sich zwei emotionalen Handlungssträngen durch den Film. Einerseits wird am Heiligen Abend Kattaka, das 12jährige Mädchen von einem Anruf überrascht, der ihr Inneres aufwühlt und sie von ihrem warmen zu Hause entfernt. Nachdem sich ihr nie gesehener Vater Alexej bei ihrer Mutter meldet, fühlt Kattaka, dass sie ihn kennenlernen muss. Andererseits will ihre Chauffeurin und Begleiterin auf der Reise, die 75jährige Lene, in die Stadt, wo sie ihre Mutter im zweiten Weltkrieg verloren hat, zurückgehen. Je weiter sie reisen, desto kühler werden die Gefühle von Kattaka und desto wärmer die von Lene. Beide inneren Reisen sind mit Schmerzen erfüllt, an deren Tragödie sich nichts mehr verändern lässt.
Die öde Winterlandschaft, die hier präsentiert wird, wirkt mit ihren eintönigen weißen und grauen Farben tief bedrückend und lässt bis zum Ende kaum von dieser Stimmung aufatmen.
Die Soundtechnik versucht zusammen mit der Bildtechnik die traurigen Ereignisse zu verdeutlichen. Rasche Musikeffekte und bewegliche Road-Bilder zaubern uns eine Hollywoodähnliche Filmtechnik. Ein Problem der zu schnellen und zu laut aufgedrehten, turbulenten Musik ist, dass die mit den Gefühlen der Schauspieler synchronisch nicht zusammenpasst. Das Erfreuliche daran ist, dass es jedoch mal den Anschein gibt, auf der langen monotonen Reise passiert doch etwas und man muss sich nicht in die erdrückende Stille und traurige Bilder eingraben lassen.
Das Schauspiel von Kattaka (Nina Monika) sagt nicht viel aus. Sie sitzt meist im Auto ohne eine Stimmung von Traurigkeit oder Freude mit ihrem Gesicht auszudrücken. Ihre Empörtheit kommt zum Vorschein, wenn sie frech zu ihren Eltern ist. Ihre Leistung entzieht die Aerodynamik im Film, die durch den Einsatz der turbulenten Musik und bewegender Bilder schwer zu ersetzen ist. Im Gegensatz zu ihr spielt Lene (Ursula Werner) ihre Rolle ausgezeichnet überzeugend. Ihre mit traurigen Erinnerungen geladenen tiefen Gefühle wecken in den Zuschauern das Mitgefühl. Durch die Darstellung der beiden heimsuchenden Hauptdarsteller lässt sich ein starker Kontrast zwischen der Gefühlswelt und Wertbeurteilung der alten und jungen Generation erkennen.
Jeder muss beim Film genau hinschauen und sich seine Meinung selbst bilden. Kindern kann dieser Kinderfilm (leider) allerdings mehr Langeweile als Spaßfaktor bringen.
Gesehen von Andrea Bekesi