Aller Anfang...
Erster Drehtag der Filmstudenten in einem Drehworkshop unter Leitung von Prof. Mathias Allary. So Vieles ist noch nicht hundertprozentig sicher, nicht einmal der Strom am Motiv, die wichtigste Voraussetzung zur Lichtsetzung in einem leerstehenden Haus, ist für jeden Drehtag zugesagt.
Eigentlich haben die Filmstudenten bereits vor dem ersten Drehtag so viel geleistet und geschafft, dass so mancher sich denkt, es wäre Zeit, sich von all den Mühen zu erholen. Weit gefehlt, mit dem ersten Drehtag geht der Stress erst richtig los. Das beginnt schon mit dem ungewohnt frühen Aufstehen. Um 7:30 müssen die Ersten bereits am Drehort sein.
Erste Dispo
Die ersten Grundsatzprobleme stellen sich schon bei der Dispo ein. Morgens ist zu wenig Zeit eingeplant, das Licht aufzubauen und das Bild einzurichten. Wenn die Darsteller zu früh ans Set und in die Maske kommen, sitzen sie unnötig an einem wenig beheizten Set herum. Gerade die Planung der Zeiten, wann wer am Drehort zu sein hat, ist extrem wichtig um einen produktiven Ablauf sicherzustellen. Wird man das noch am Vorabend korrigieren können?
Drehbeginn
Man kann. Die Schauspieler werden zwei Stunden später erst abgeholt und wurden dadurch keinen unnötigen Wartezeiten ausgesetzt. Zu Beginn des ersten Drehtages sind nicht alle Teammitglieder pünktlich, mahnende Worte des Kamera-Professors,- auf einem Profi-Set bedeutet Zuspätkommen im Zweifel, dass ein ganzes Team warten muss und letztendlich für den Verursacher im Wiederholungsfall die Beendigung der Mitarbeit.
Alle im Team sind motiviert, aber die genaue Steuerung der Aktivitäten will gelernt sein. Die Verteilung der Aufgabengebiete ist wichtige Voraussetzung effektiven Arbeitens. Es zeigt sich schnell, dass "Allrounder", die jederzeit alles erledigen wollen letztendlich sich selbst und dem reibungslosen Ablauf wenig nützen.
Auch wenn es schwer fällt- der Kameramann räumt keine Scheinwerfer herum, der Tonmann keine Requisiten. Die Konzentration auf das eigene Arbeitsgebiet muss auch die Regie lernen. Zu gerne hält man sich an technischen Dingen fest, zu wenig reflektiert man emotionale Bögen einer Szene. Doch alle lernen mit Riesenschritten und das Beiwohnen an allen kreativen Besprechungen und Fragestellungen bringt enorm viel.
Schauspielführung
Die Besetzung scheint ein Glücksgriff, die Schauspieler sind voller Fantasie, bieten interessante Interpretationen an und lassen sich zugleich auf die Ideen der Studierenden ein. Dabei fällt es den Regie-Studenten viel leichter, technische Hinweise zu geben und über Bildaufbau und Positionen zu sprechen, als die Emotionen, die innere Wahrhaftigkeit der Filmfiguren zu überprüfen und zu steuern.
Eigentlich ernste, aber vom Drehbuch doch zugleich heiter angelegte Situationen, die umgesetzt werden sollen,- ein trauriger, von den Frauen und dem Leben enttäuschter Vermieter, der sich in der zweiten Szene des Tages sogar umbringen will. Aber nicht wirklich, sondern nur um von einer Nachbarin im Treppenhaus bemerkt zuwerden.
Die beiden Regiestudenten des Tages wachsen langsam in ihre Rolle hinein, haben sich gründlich vorbereitet und merken zugleich, dass am Set dann doch noch Vieles ganz anders ist. Während sie zunächst eher technisch arbeiten, bekommen sie im Verlauf des Tages Appetit auf mehr und arbeiten stärker an emotionalen Bögen.
Doch die Lernkurve steigt an und insbesondere bei den abendlichen Besprechungen ist man sich einig- jeder lernt ungemein viel in der praktischen Umsetzung der Szenen. Und es entwickelt sich eine zunehmende Sensibilität für die feinen, die besonderen Momente im Spiel der Schauspieler, für die Magie, die Blicke, die alles sagen, für die Körperhaltungen und Stimmungswechsel.
Licht und Bild
Beeindruckend auch die Arbeit des Licht- und Kameradepartments. Da werden auf engstem Raum Lösungen gesucht, adäquate und visuell beeindruckende Stimmungen zu erzeugen, werden die Widrigkeiten des wandernden Sonnenstands völlig ausgeblendet, dass man selbst abends spät dank 2,5 KW Arri Daylights sich noch von allen Seiten des Hauses von Sonne umgeben wähnt, während es in der realen Welt längst dunkel ist.
Verflucht- wer kam nur auf die Idee, noch zu Beginn des neuen Drehtages rote Streifen an die Wände des engen Ganges zu malen? - Praktisch niemand im Team rennt ohne rote Farbe am Ärmel herum!