Der norwegische Regisseur Erik Poppe zeigte auf der Berlinale 2018 erstmals einen Film, der von dem Massaker auf der Insel Utøya im Jahr 2011 handelt. Den Zuschauer erwarten 72 Minuten voller Angst und Hoffnungslosigkeit, die nur schwer zu ertragen sind.
Am 22. Juli 2011 tötete der rechtsextreme Attentäter Anders Breivik 77 Menschen, davon 69 auf Utøya, wo sich zu diesem Zeitpunkt Jugendliche der norwegischen Arbeiterpartei in einem Sommercamp befanden. Die Geschehnisse hat der renommierte Filmemacher nun als Thema für seinen 90 Minütigen Thriller genommen, der größtenteils als One-Take inszeniert wurde.
Der Film beginnt mit Original-Aufnahmen des Bombenanschlags in Oslo, bevor wir in auf Utøya die Hauptfigur Kaja kennenlernen. Kaja ist ein aufgeschlossenes und beliebtes Mädchen, das sich bei heißen Waffeln mit ihren Freunden gerne auf politische Diskussionen einlässt. Wie wir später erfahren, würde sie später gerne einmal Politikerin werden, um die Welt ein bisschen zu verbessern. Die Jugendlichen sprechen gerade über die Geschehnisse in Oslo, als sie plötzlich Schüsse hören. Von da an heftet sich die Kamera an Kaja, die im Chaos flüchtender Jugendlicher verzweifelt nach ihrer Schwester sucht. Durch die grandiose Kameraarbeit von Martin Otterbeck durchleben wir mit Kaja ihre panische Angst und die schreckliche Zeit auf Utøya als wären wir selbst dabei. Hinzu kommt die ausgezeichnete schauspielerische Leistung von Andrea Berntzen, welche Kaja spielt. Der Film hinterlässt so einem Authentizitätseindruck, dass er beinahe wie eine Dokumentation wirkt - und damit noch schwerer zu ertragen ist. Das Dröhnen der Schüsse, das nicht aufhören will, das Gefangensein auf der winzigen Insel und der Überlebenskampf der Jugendlichen prasseln schonungslos auf einen nieder. Ein möglicher Erkenntnisgewinn, den man sich vielleicht durch den Film erhofft hätte, bleibt aus. So bleiben nur Sprachlosigkeit und Schock nachdem man den Kinosaal verlässt.
Überlebende von Utøya, die bei der Vorstellung des Films dabei waren, dankten Erik Poppe für den Film. Das Medium könne ausdrücken, worüber sie nur schwer sprechen können. Der Film soll auch helfen, an das Geschehene zu erinnern, damit nicht in Vergessenheit gerät, wozu Rechtsextremismus führen kann. Auch nach diesem Film wird man sich nicht vorstellen können, was die Jugendlichen auf Utøya tatsächlich durchgemacht haben, wie es auch Kaja gleich zu Beginn mit direktem Blick in die Kamera feststellt. Ob man sich dennoch darauf einlassen will, sich ihre Geschichte auf so unmittelbare Weise erzählen zu lassen und sich dem sich dem Gräuel zu stellen, bleibt jedem selbst überlassen.
Gesehen von: Daniela Magnani Hüller