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A FEW DAYS LATER

Daten

A FEW DAYS LATER

Iran 2006

REGIE: Niki Karimi
DREHBUCH: Shadmehr Rastin
KAMERA: Hossein Jafarian
SCHNITT: Sepideh Abdolvahab
TON: Parviz Abnar
DARSTELLER: Niki Karimi, Ehsan Amani, Niloufar Khoshkholgh, Hessam Nourani, Alireza Anoushfar

 



Regie: Niki Karimi

"A FEW DAYS LATER" ist Niki Karimis zweiter Spielfilm als Regisseurin und handelt von der Grafikerin Shahrzad, die in leitender Funktion Produktverpackungen und Buchumschläge in einer Agentur entwirft und von Karimi selbst gespielt wird.

Im Privatleben durchlebt die Grafikerin eine entscheidende Beziehungskrise mit ihrem Lebenspartner, der die ehemalige Frau, mit der er zusammen ein krankes Kind hat, bei sich aufgenommen und die Trennung damit provoziert hat. Seit einigen Tagen lebt sie von ihm getrennt, und wie der Titel besagt, wird sie in wenigen Tagen ihre Entscheidung treffen, ob sie an ihm festhalten oder sich endgültig von ihm trennen wird. So sind seine Nachrichten vermehrt auf dem Anrufbeantworter zu hören, den Shahrzad nach ihrer Ankunft von der Arbeit bei sich zu Hause abhört aber zu ignorieren scheint.

Der Film ist in langen Einstellungen gedreht, die Karimi dazu benutzt, den emotionalen Konflikt der Frau und seine Entwicklung durch Vermeidung und Aufschiebung äußerlicher Regung darzustellen. Karimi vermeidet das seelische Innenleben und den inneren Konflikt der Protagonistin dem Zuschauer zu offenbaren. Gleichzeitig aber lässt sie ihn immer Teil haben an der inneren Verfassung der Hauptfigur und lässt ihn durch Hinweise in Shahrzads Handlungen wissen, wie sie denkt.

Im Verlauf dieser "wenigen Tage später" nach der Trennung wird Shahrzad nicht nur mit dem Beziehungskonflikt sondern auch mit den gesellschaftlichen Regeln, die die Frauen im Iran zu respektieren haben, konfrontiert. Durch subtile Andeutungen drückt Karimi die Haltung der Shahrzad ihnen gegenüber aus. Ihr Charakter ist so angelegt, dass Shahrzad die selbstbestimmte, emanzipierte Frau verkörpert, die sich nicht mehr in die traditionelle Rolle der Frau drängen lässt. Somit kann man in ihr eine Vorreiterin für die moderne iranische Frau sehen. Karimi weist ihr ein Rolle zu, die ihr im modernen Leben zustehen sollte.

Im Beziehungskonflikt von Sharhazad kann man indirekt Karimis Protest gegen das Recht des Mannes sehen, dass es ihm gesetzlich erlaubt mit mehreren Frauen zusammenzuleben und sich die Frau damit einverstanden erklären muss. In dem stetig ansteigenden Konflikt mit ihrem Nachbarn, der seinen viel zu großen Geländewagen ständig so parkt, dass ihr kaum Platz bleibt für ihr eigenes Auto, wird subtil die Rolle der Frau angesprochen, die der Mann ihr zuweist: Er beraubt sie ihres Platzes, was aber auch bedeutet, er grenzt ihren Platz und Freiraum als freie, eigenständige Frau ein. Shahrzad ist jedoch so flexibel, dass sie trotz der Enge ihren Wagen so parken kann, dass sie ihren Platz findet. Mit kritischen Unterton rechtfertigt der Nachbar sich und sagt, dass er den Platz für seinen großen Wagen braucht, weil er viele Kinder hat und sie somit indirekt angreift: eine Frau, die allein ohne Kinder im Iran lebt, ist nun mal nicht gut gesehen.

Karimi übt mit diesem Film auf subtile Weise Kritik an der gesellschaftlichen Rolle und Position der Frau in der iranischen Gesellschaft. Dies wird anhand der Stellung der Frau auf der Arbeit und ihrer Rechte im alltäglichen Leben beleuchtet. Shahrzad ist in leitender Funktion und ihr schwerer Kampf gegen die Vorurteile ihre männlichen Auftraggeber wird aufgezeigt. Wir merken an ihrem Verhalten bei Meetings in der Agentur, wenn Ihr Entwurf Beanstandung durch den Auftraggeber erfährt, dass sie den Tisch wortlos verlässt und der Abweisung ihres Gesprächspartner keine Beachtung mehr schenkt. Auch im täglichen Leben kommt es durch ihr emanzipiertes Verhalten zu Konflikten mit ihrer Umgebung. So ist sie mit ihrer Freundin in einer Moschee zu sehen, wo religiöse Frauen dunkel verhangen zu sehen sind, und sie sich ungeniert unterhalten, was offensichtlich von den anderen Frauen als störend empfunden wird. Bei einer Panne steht sie rauchend am Straßenrand. Und schon hält auch ein Auto an und der Fahrer bietet sich an sie mitzunehmen. Was so verstanden werden kann, das eine rauchende Frau in der Öffentlichkeit als leicht angesehen wird. Der Mechaniker weist sie darauf hin sich ins Auto zu setzen, wird von ihr aber in seine Schranken gewiesen. Sie nimmt das Recht für sich in Anspruch, Dinge zu tun, die in einer westlichen Welt als normal erscheinen, aber in der iranischen Gesellschaft immer noch tabuisiert werden.

So entwickelt sich der Konflikt der Frau in ihrem Inneren über die gesamte Dauer des Films. Sie trägt ihn mit sich auf der Arbeit, auf einen Berg, wo sie nach der Arbeit hinfährt, und zu ihr nach Hause. Nur durch bestimmte Szenen wird angedeutet, dass sich ihr seelisches Innenleben in Aufruhr befindet. Der Konflikt findet seinen Ausbruch, als sie eines Abends von der Arbeit ihren Parkplatz zugeparkt vom Nachbarn vorfindet und hier eine sichtbare emotionale Reaktion zu sehen ist, die sich durch das Zerschlagen der Rückscheibe mit einem Eisenrohr äußert. In einer darauffolgenden Szene hinterlässt der Lebenspartner eine Nachricht, indem er sie bittet sich mit ihm zu treffen und über die Zukunft zu sprechen. Shahrzad fährt zu ihm, beobacht, wie er zurück kommt, fährt aber dann davon. Der Film endet, als sie aus ihrem Auto steigt. Wie gewohnt zündet sie sich eine Zigarette an und die Kamera verweilt auf ihrem Gesicht. Karimi bleibt ihrem Erzählstil bis zum Ende treu und zeigt eine Frau, die sich entschieden hat ohne den Mann weiterzumachen, aber ohne eine klare Aussage zu machen.

Die formale Herangehensweise ist sicherlich gewöhnungsbedürftig und viele Zuschauer werden dadurch verstört werden. Man kann leicht der Kritik verfallen, dass durch das ständige Anzünden einer Zigarette keine innere Entwicklung aufgezeigt wird, und wenn das die Intention sein sollte, es als zu vereinfacht gewertet werden könnte. Aber gerade durch diese Andeutung und Vermeidung versucht Karimi ohne plumpe Offscreen-Erzählung die Beschreibung der inneren Gefühlszustände zu bewältigen, was als filmischer Versuch Anerkennung verdient. Aber den Zuschauer letztendlich verwirrt zurücklässt, der auf klare Signale wartet und sich einen Ausdruck der Gefühle wünscht.

Es ist ein Film, auf den man sich einlassen muss, damit er seine dramaturgische Wirkung entfalten und sein erzählerisches Ziel erreichen kann. Den Grat zwischen einer Erzählung, die sich durch eine Form der hintergründigen Andeutung sinnbildlich auszudrücken versucht und einer, die ins Nichtssagende abrutscht, ist sehr dünn und ihn zu wahren, gelingt der iranischen Regisseurin. Das zeichnet sie aus. Ein bemerkenswerter Film, der auf subtile Weise gesellschaftliche Probleme anspricht und hinterfragt ohne mit dem plakativen Finger darauf zu zeigen, und so umso nachhaltiger das Ziel erreicht, tiefsinnig zu sein und zum Nachdenken anzuregen.

 

Gesehen von Roderik Helms

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