Regie: Wayne Wang, USA 2001
In einem Nachtclub begegnet der Computer-Experte Richard (Peter Saarsgard) der Schlagzeugerin Florence (Molly Parker), die abends in einer Bar als Stripperin mit heftigen Auftritten überarbeiteten Geschäftsleuten den Feierabend versüßt. Angezogen von ihrer undurchschaubaren Art lädt er sie spontan zu einem Kurzurlaub nach Las Vegas ein. Trotz anfänglicher Bedenken lässt sie sich schließlich darauf ein – nicht ohne Bedingungen: Kein Küssen auf den Mund, keine Gefühlsduselei, keine Penetration („Was heißt das?“ – „Kein Ficken.“), ein getrenntes Zimmer und feste Arbeitszeiten.
Während Richard Flo näher kommen will, versucht diese trotz ihrer Unsicherheit, auf professionellem Abstand zu bleiben: Sie beginnt pünktlich mit der Arbeit, strippt für Richard, leistet ihm Gesellschaft und geht mit ihm aus, nur um sich nach Dienstschluss ebenso pünktlich wieder auf ihr Zimmer zurück zu ziehen. Kein Küssen, keine Gefühle, keine Penetration.
Doch wider Erwarten erwachen trotz Richards begieriger Berechnung auch in ihr Gefühle. Es dauert nicht lange, bis die beiden mit ihren Regeln brechen...
Wayne Wang („Smoke“, „Blue in the Face“) erzählt mit „The Center of the World“ eine obsessive Großstadtgeschichte über zwei einsame Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlen, aber immer wieder über eine Vereinbarung stolpern, die sie eigentlich zu ihrem Schutz getroffen hatten.
Während Richard von Anfang an handfeste Motive verfolgt, kann Flo sich ihre Gefühle selbst kaum eingestehen, geschweige denn Richard. Sie ist hin- und hergerissen zwischen der festen Absicht, Richards Experiment scheitern zu lassen, und dem heimlichen Wunsch, ihm näher zu kommen. Womöglich hofft sie auch, in der professionellen Abwicklung des Wochenendes eine Bestätigung für ihre lebensbestimmende Haltung zu finden, Gefühle und Geschäft auf unmögliche Weise voneinander zu trennen.
Wangs Film ist formal innovativ, aber dabei nie umstürzlerisch: Die digitalen Videobilder passen zu der urbanen, multimedialen Welt Richards; auch die wenigen pornografischen Elemente sind frei von jenem müßigen Ballast, der oftmals künstlerischen Präzedenzfällen anhaftet. Vielmehr bringt Wang an ausgewählter Stelle seine expliziten Bilder mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte die Pornografie schon immer zu den etablierten Stilmitteln des dramatischen Kinos gehört. Vielleicht ist das das eigentlich Schöne an dem Film: dass er Kunst ist, ohne künstlich zu sein.
Gesehen von Michael Wolf